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Best Paper Award 2003: Wechselkurse unter der Lupe  
  Beim heuer zum vierten Mal stattfindenden "Best Paper Award" der WU-Wien wurden gleich drei Publikationen ausgezeichnet. Ein Preisträgerteam stellt den Inhalt seines prämierten Artikels in Form eines Gastbeitrages für science.ORF.at vor. Darin geht es um die Frage, welche Regelmäßigkeiten in den scheinbar zufälligen Schwankungen von Wechselkursen zu entdecken sind.  
Währungen als Zufallspfade?
Am 19. November 2003 waren im ORF Teletext um 16:00 folgende Wechselkurse angegeben: ein Euro entspricht 1.191 US Dollar, ein US Dollar entspricht 108.95 Japanischen Yen und ein Euro entspricht 129.82 Yen. Diese drei Wechselkurse bilden ein so genanntes Währungsdreieck.

Wenn man 100 Euro zunächst in US Dollar umrechnet, erhält man 119.1 Dollar. Wird dieser Wert in Yen umgerechnet, erhält man 12975.95 Yen. Rechnet man Euro direkt in Yen um, erhält man 12982 Yen.

Offenbar stehen die drei Währungen zu einander in einer engen Beziehung. Wäre das nicht so, könnte man durch geschickte Transaktionen (Kauf und Verkauf von Währungen) beliebig hohe Gewinne (so genannte Arbitrage-Gewinne) erzielen.
->   Wechselkurse auf ORF Teletext
Wer koordiniert die Wechselkurse?
Es gibt keine Institution, die von außen festlegt, wie sich Währungen zu einander verhalten müssen. Wenn man bedenkt, dass jede einzelne Währung einer Vielzahl von Einflüssen ausgesetzt ist (Wirtschaftspolitik, Handelsbeziehungen, Zinsen, etc.), dann erscheint die Koordination des Zusammenspiels zwischen den Währungen als eine fast unlösbare Aufgabe.

Gelöst wird diese Aufgabe jedoch beinahe perfekt durch den Markt (Angebot und Nachfrage). Währungen werden ununterbrochen, 24 Stunden pro Tag und auch über das Wochenende weltweit gehandelt.

Tausende Transaktionen je Stunde stellen sicher, dass es keine lang andauernden Ungleichgewichte gibt, die die Basis für Arbitrage-Gewinne sein könnten. Dabei sind auch Transaktionskosten und Unterschiede zwischen Kauf- und Verkaufskursen zu bedenken.
->   Kursänderungen live beobachten (rabobank.nl)
Bei Wechselkursen regiert der Zufall
Betrachtet man historische Daten von Wechselkursen, verhalten sich diese wie Zufallspfade (so genannte Random Walks). Sie wandern über längere Zeiträume wie zufällig auf und ab, wobei die Kursänderungen nicht oder nur sehr schwer vorhergesagt werden können.

Dennoch müssen die Wechselkurse eines Währungsdreiecks irgendwie miteinander verknüpft sein. Will man die Anpassungsmechanismen genauer verstehen, die die Währungen zusammen halten, muss man Kursbewegungen innerhalb eines Tages betrachten.
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Analyse durch Kointegration
Den Wirtschaftsnobelpreis 2003 hat Clive Granger für seine Arbeiten zur Kointegration erhalten. Was kann man sich unter Kointegration vorstellen? Ein Beispiel sind die Kurse eines Währungsdreiecks. Während sich jeder einzelne Wechselkurs wie ein Random Walk verhält, darf sich eine bestimmte Kombination der Kurse nur sehr kurz von einem Gleichgewichtswert weg bewegen. Der Gleichgewichtswert selbst, ändert sich jedoch im Zeitablauf.
->   Mehr dazu in science.ORF.at: Wirtschafts-Nobelpreise 2003 (18.10.03)
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Wiener Forscher nehmen Wechselkurse unter die Lupe
Adrian Trapletti, Alois Geyer (beide WU-Wien, Institut für Operations Research) und Friedrich Leisch (TU-Wien, Institut für Statistik und Wahrscheinlichkeitstheorie) haben mit Hilfe der Kointegration die Kurse des Währungsdreiecks in Minuten- und Stundenintervallen analysiert.

Sie stellten dabei fest, dass die anfangs beschriebene Parität zwischen den Währungen nicht ständig vorliegt. Es liegen immer wieder Ungleichgewichte vor, die aber durch entsprechende Transaktionen auf den Märkten relativ rasch wieder verschwinden.
Modell ermöglicht Kurzzeitprognosen

Die Wissenschaftler haben auch untersucht, wie die Kurse jeder einzelnen Währung auf die Abweichungen von der Parität reagieren. Ist die Abweichung zu groß, werden Kursbewegungen ausgelöst, die das Gleichgewicht wieder herstellen.

Auf den Märkten wird das durch entsprechende Handelsaktivitäten erreicht. Mit Hilfe ihres mathematischen Modells gelang es den drei Wissenschaftlern, unter bestimmten Bedingungen brauchbare Kurzzeitprognosen für die drei Währungen abzugeben.
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Dieser Beitrag beruht auf dem Artikel "Forecasting Exchange Rates using Cointegration Models and Intra-day Data" von Trapletti, Geyer und Leisch, der in der Fachzeitschrift "Journal of Forecasting¿" publiziert und mit dem von der Stadt Wien gestifteten WU-Best Paper Award 2003 ausgezeichnet wurde.
->   Journal of Forecasting
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->   WU Wien
->   TU Wien
->   www.innovatives-oesterreich.at
Mehr dazu in science.ORF.at
->   Best-Paper-Award: Preis für drei WU-Publikationen
 
 
 
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01.01.2010