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Biofilme: Wertvoller Schleim in unseren Gewässern  
  Für viele ist es bloß glitschiger Schleim, der Steine und Pflanzen in unseren Gewässern überzieht. Für Wissenschaftler aber sind so genannte Biofilme mächtige Reaktoren, in denen sich wichtige Stoffaustauschvorgänge abspielen. Österreichische Limnologen haben nun untersucht, was die für den Schleim verantwortlichen Mikroben genau machen - und welche ökologische Auswirkung sie auf die Gewässer haben.  
"Biofilme sind gleichsam die Garküche von Fließgewässern", sagte dazu Tom Battin, ein am Institut für Ökologie und Naturschutz der Universität Wien arbeitender Gewässerökologe, im Gespräch mit der APA.

Battin, der auch Schrödinger-Stipendiat war, hat seine Untersuchungen gemeinsam mit Innsbrucker und amerikanischen Kollegen in "Nature" veröffentlicht.
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Die Studie ist unter dem Titel "Contributions of microbial biofilms to ecosystem processes in stream mesocosms" in "Nature" (Bd. 426, S. 439, Ausgabe vom 27. November 2003) erschienen.
->   Original-Abstract in "Nature"
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Zucker-Netzwerke zum Schutz der Mikroben
Vereinfacht gesagt, bestehen die Filme in erster Linie aus Bakterien, Algen und Pilzen, die sich ihre Umgebung durch die Ausscheidung von Zuckermoleküle sozusagen möglichst angenehm gestalten.

Die Zucker verbinden sich zu porösen Netzwerken, die den Bakterien Unterschlupf bieten und sogar als Vorratskammern dienen. Selbst in schnell fließenden Flüssen und Bächen werden die Mikroben somit nicht so leicht weggespült.
Interdisziplinäre Annäherung
Biofilme sind in Gewässern praktisch allgegenwärtig. Um sich davon zu überzeugen, muss man kein Gewässerökologe sein: Alles, was sich im Wasser schlitzig anfühlt, ist von derartigen Filmen überzogen. Dennoch wurde ihre Bedeutung bis heute vielfach unterschätzt, erklärte Battin.

Mittels verschiedener Methoden aus den Wissenschaftszweigen Ökologie, Mikrobiologie und Hydrologie gelang es dem Wissenschaftler, in einem interdisziplinären Team nun erstmals aufzuzeigen, wie die Organismen in ihren selbst gebauten Mikro-Städten das Funktionieren von Fließgewässern beeinflussen.
Mikroströme beeinflussen gesamtes Gewässer
Innerhalb der Biofilme, in den Poren, herrscht ein gegenüber der Umgebung deutlich verlangsamter Wasserstrom. In Summe können die Mikroströme dennoch die ganze Hydrologie des Gewässers beeinflussen. Die Ströme gewährleisten aber auch den ständigen Nachschub an Sauerstoff und organischen Molekülen in den mikrobiellen Städten.
Eine evolutionäre "Erfolgsgeschichte"

Weiters kämmen feine Oberflächenstrukturen an den Biofilmen beständig Schwebstoffe aus dem Wasser, die anschließend von den Mikroben verzehrt und zersetzt werden können. Nach Ansicht von Battin hat diese Organisationsstruktur entscheidend zum evolutionären Erfolg der mikrobiellen Lebensgemeinschaften in Bächen und Flüssen beigetragen.

Die von Battin aufgezeigte Bedeutung von mikrobiellen Biofilmen für Bachökosysteme bezieht sich nicht nur auf Selbstreinigungsprozesse. "Vielmehr kann darüber hinaus auch die Ökologie von großen Flüssen bis hin zu den Ozeanen beeinflusst werden", so der Biologe.
->   Insititut für Limnologie, Uni Wien
->   Mehr über Biofilme (Penn State University)
->   www.innovatives-oesterreich.at
 
 
 
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01.01.2010