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Przewalski-Pferde: Doch nicht unmittelbare Vorfahren unserer Pferde  
  Die so genannten Przewalski-Pferde - vielfach auch als Wildpferde bezeichnet - sind weit weniger nah mit den heutigen gezüchteten Pferderassen verwandt, als man bislang geglaubt hat. Das beweisen nun genetische Untersuchungen eines Wiener Forscherteams.  
Laut den Studienergebnissen des Instituts für Tierzucht und Genetik der Veterinärmedizinischen Universität Wien (VUW) sind die Przewalski-Pferde damit doch nicht die unmittelbaren Vorfahren der Zuchtpferde.

"Przewalski-Pferde und unsere domestizierten Hauspferde sind weniger nahe verwandt, als bisher angenommen", erklärte dazu Institutsleiter Mathias Müller gegenüber der APA. Die Studie wurde in der wissenschaftlichen Zeitschrift "Animal Genetics" veröffentlicht.
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Der Artikel "Fixed nucleotide differences on the Y chromosome indicate clear divergence between Equus przewalskii and Equus caballus" der VUW-Wissenschaftler erscheint in "Animal Genetics", Bd. 34, Nr. 6, Seiten 453-456 (Ausgabe vom 6.12.03).
->   Abstract des Artikels in "Animal Genetics"
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Annahme bisher: Urform der Hauspferde
Bisher nahmen die Wissenschafter an, dass die Przewalski-Pferde als unmittelbare Vorfahren die Ur- oder Wildform aller unserer heutigen Hauspferde repräsentieren. Und das, obwohl Equus przewalskii mit 66 zwei Chromosomen mehr besitzt als Equus caballus mit 64.
Grund: Kaum Unterschiede in mitochondrialer DNA
Bild: dpa
Ein Przewalskifohlen mit seiner Mutter in einem Freigehege des Münchner Tierparks Hellabrunn (Jänner 2002).
"Als ausschlaggebend galten bisher Untersuchungen der mitochondrialen DNA, dabei fanden sich praktisch keine Unterschiede zwischen den Wild- und Hauspferden", so Müller. Bei der so genannte mitochondriale DNA (mDNA) handelt es sich um Erbsubstanz, die nicht im Zellkern, sondern in den Kraftwerken der Zelle, in den Mitochondrien, lokalisiert ist.

Jene mDNA wird von den Genetikern gerne verwendet, da sie in einer Zelle in wesentlich mehr Kopien vorliegt, als die echte Kern-DNA, die meist nur in zweifacher Ausfertigung vorhanden ist. Eine Spezialität der mDNA ist zudem, dass sie - mit der Eizelle - immer nur über die Mutter weitervererbt wird.
Y-Chromosom zeigt deutliche Abweichungen
Nicht zuletzt deswegen konzentrierten sich die Wiener Genetiker auf das männliche y-Chromosom. Dabei zeigte sich in Vergleichen zwischen Equus przewalski und caballus, dass sich die beiden Gruppen - ob es verschiedene Arten sind, ist umstritten - deutlicher unterscheiden, als bisher angenommen.
Przewalski-Pferde beinahe ausgestorben
Przewalski-Pferde wären im vorigen Jahrhundert beinahe ausgestorben. Nach der Ausrottung in ihrer natürlichen Heimat Mongolei blieben lediglich rund 150 Exemplare von in Gefangenschaft lebenden Tieren übrig. Seither laufen Artenschutzprogramme zur Erhaltung der vermeintlichen Ur-Pferde, teils wurden sie auch wieder ausgewildert.
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Przewalski-Pferde in der Mongolei wieder angesiedelt
In freier Wildbahn starben die auch Takhi genannten Pferde bereits in den 60er Jahren aus. Restexemplare überlebten nur in Tiergärten. Seit den 90er Jahren und einem intensiven Nachzucht-Programm haben die Przewalski-Pferde nun aber wieder die Chance, tatsächlich wild zu leben. Neunundsechzig Pferde aus Europa und acht aus Australien wurden sei Beginn der Aktion in der Mongolei ausgesetzt, vierzehn allein im Frühjahr 2002. Der wissenschaftliche Leiter des Wiederansiedelungsprogramms ist der Salzburger Zootierarzt Christian Walzer.
->   Mehr dazu: Artikel vom 13. September 2002
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Trennung vor 120.000 bis 240.000 Jahren

Müller geht davon aus, dass sich die genetischen Linien vor 120.000 bis 240.000 Jahren von einander trennten, also lange bevor der Mensch vor rund 6.000 Jahren Pferde domestiziert hat. Das Przewalski-Pferd kann somit auch nicht der unmittelbare Vorfahre oder die Wildform der heutigen Hauspferde sein.
->   Institut für Tierzucht und Genetik der VUW
->   www.innovatives-oesterreich.at
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01.01.2010