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Laserprober gegen Überhitzung  
  Der "Backside Laserprober", eine neue Entwicklung des Mikrostrukturzentrums (MISZ) an der TU Wien, soll in Zukunft verhindern, dass winzige elektronische Bauteile überhitzen oder gar kaputtgehen.  
Einblick von hinten
Der Laserprober scannt die Temperaturentwicklung beim Betrieb der Chips mit allerhöchster Präzision und soll so mögliche Schwachstellen erkennbar machen, berichtet der TU-Newsletter.

Da die Vorderseite der Chips mit Leiterbahnen zugepflastert ist, bleibt den Forschern für ihre Untersuchungen nur der Blick durch die Rückseite. Daher auch die Bezeichnung "Backside Laserprober", erklärt Projektleiter Erich Gornik, der Leiter des MISZ.

Für Licht mit einer Wellenlänge von 1,3 Mikrometer ist Silizium durchsichtig, daher bedienen sich die Wiener Wissenschaftler eines Lasers mit dieser Wellenlänge.
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Silizium
Silizium ist nach dem Sauerstoff das am häufigsten vorkommende Element auf der Erde, etwa 26 Prozent der Erdrinde besteht aus Silizium. Es tritt nur in gebundenem Zustand in der Natur auf, und zwar in Form von Silikaten und als Siliziumdioxid (z. B. Quarz). Für die Elekrotechnik ist das Halbmetall besonders interessant, da es zur Gruppe der so genannten Halbleiter gehört: Das sind feste Stoffe, die bei Erwärmung eine mit der Temperatur anwachsende elektrische Leitfähigkeit zeigen. Als Halbleiter dient Silizium unter anderem zur Herstellung von Dioden und Transistoren.
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Messung mit zwei Strahlen
Genauer gesagt sind es zwei Strahlen, wobei der erste für die eigentliche Messung verantwortlich ist, der zweite dient als Referenz, er wird beispielsweise an eine kalte Stelle des Chips gesetzt, an der kein Strom fließt. Die beiden Werte werden dann verglichen.
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Schematische Darstellung des Verfahrens
Beschreibung der Wärmemessung
Für die Messung wird das zurückgeworfene Licht der beiden Laser von Detektoren aufgefangen und verglichen. Fällt der Messstrahl etwa auf eine ebenfalls kalte, weil derzeit unbenutzte Leitung, gibt es keinen Unterschied. Fließt jedoch Strom, erwärmt sich das Silizium und ändert dadurch seinen Brechungsindex, was letztendlich zu einer Phasenverschiebung des Messstrahles gegenüber dem Referenzstrahl führt. Je wärmer es wird, desto größer wird auch der Phasenunterschied.

Eine Gif-Animation zeigt den Temperaturverlauf bei den Messungen (Erwärmung einer Diode mit einer Fläche von 100x35 µm während eines Strompulses).
->   Gif-Animation
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Detaillierte 'Wärmekarten'
So können die Wissenschaftler nicht nur feststellen, ob ein bestimmter Transistor in einem Chip funktioniert oder wann er aktiv ist. Durch zeilenweises Abrastern eines gewünschten Areals auf dem Bauteil mittels des Lasers lassen sich auch detaillierte Karten zeichnen, wo welche Temperaturen auftreten.
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Räumliche Auflösung
Die Auflösung wird dabei von der Wellenlänge begrenzt und liegt für Silizium-Bauteile bei 0,7 Mikrometer. Für neuere Materialien, etwa Silizium-Carbid, ist die Auflösung noch genauer.
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Blitze im Nanosekundentakt
Besonders stolz sind die TU-Forscher auf die zeitliche Auflösung ihrer Methode, durch den Einsatz sehr kurzer Laserblitze liegt sie im Bereich von Nanosekunden.

Um Schwachstellen eines bestimmten Bauteils bei hoher Beanspruchung herauszufinden, muss dieses deshalb auch gar nicht zerstört werden, wie dies bei alternativen Infrarot-Methoden unvermeidlich ist.
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Durchbrennen bei Überhitzung
Beim "Backside-Laserprober" machen sich bereits vor dem Durchbrennen eines Bauelementes bei Überhitzung auf den Scannerbildern so genannte Hot Spots bemerkbar. Dabei treten Temperaturen von über 1.000 Grad auf, der Schmelzpunkt von Silizium liegt bei 1.180 Grad.
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Messanlage
Prototypenprüfung für Leistungsbauelemente
So können Hersteller ihre Prototypen neuer Bauteile vor der Serienproduktion überprüfen lassen und durch die Informationen nötigenfalls das Design so ändern, dass die Haltbarkeit des Teils wesentlich erhöht wird.

Besonders wichtig ist dies bei Leistungsbauelementen, etwa Tyristoren, die hohe Ströme verkraften müssen. Vor allem auch bei elektronischen Bauteilen in Autos können durch statische Aufladungen einzelne Komponenten extrem belastet werden.
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Tyristor
Ein Halbleitergleichrichter besonderer Bauart, der zunächst den Strom in beiden Richtungen sperrt; die Durchlassrichtung wird nur nach einem Steuerimpuls auf die Zusatzelektrode freigegeben und bleibt so lange frei, wie noch Strom durch den Tyristor fließt.
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Einsatzgebiet Computer-Modelle
Ein weiteres Einsatzgebiet der Methode ist die Entwicklung beziehungsweise die Überprüfung von Computer-Modellen zum Bauteil-Design.

Solche Modelle werden lange vor der Prototyp-Erzeugung eingesetzt und verkürzen die Entwicklungszeit von neuen Transistoren, Dioden und ähnlichem entscheidend.
Laserprober schon im praktischen Einsatz
Der "Backside-Laserprober" wurde mit Unterstützung des Forschungsförderungsfonds der gewerblichen Wirtschaft (FFF) und im Auftrag der Villacher Firma Infineon in den vergangenen drei Jahren entwickelt und ist bereits im praktischen Einsatz.

Über mangelnde Nachfrage seitens Hersteller können die Wissenschafter nach eigenen Angaben nicht klagen. Laut MISZ-Chef Erich Gornik haben etwa Chiphersteller großes Interesse an der Wiener Innovation.

(APA/red)
->   MISZ
->   TU Wien
 
 
 
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01.01.2010