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Xenotransplantation in der Diskussion  
  Unzählige Patienten warten auf Organspenden. Warum also nicht Organe aus Schweinen verwenden? Doch Xenotransplantation, die Übertragung von Tierorganen auf Menschen, ist schwierig und ethisch heftig umstritten. Drei Diskussionsbeiträge.  
Problem Nr. 1: Abstoßungsreaktionen
Die körpereigene Immunabwehr stößt alle Fremdkörper ¿ also auch tierische Organe - ab. Mittels gentechnischer Methoden sollen tierische Organe für den Menschen verträglich gemacht werden.

Problem Nr. 2: Retroviren
In den Schweineorganen lauern tierische Viren, die bei einer Transplantation mitübertragen werden können. Wie gefährlich diese für den Menschen sind, ist nicht absehbar.

Neue Viruskrankheiten stellen allerdings nicht nur ein Risiko für den Einzelnen dar, sondern für die ganze Gesellschaft. Denn sie könnten Epidemien wie AIDS auslösen. Schottische Wissenschaftler haben wegen dieser Gefahr jedenfalls ihre Forschungen eingestellt.

Problem Nr. 3: Die ethische Vertretbarkeit
Es werden bereits erfolgreich Schweine geklont - eine Voraussetzung für die Massenproduktion gentechnisch veränderter Organe.
Doch ist es überhaupt ethisch vertretbar, Tiere als Organfabriken zu benutzen? Rechtfertigt die lebensverlängernde Maßnahme für einen Menschen das Risiko für die ganze Gesellschaft? Rechnet sich der enorme Forschungsaufwand für Xenotransplantation? Und wie steht es um die Alternativen?
Die Plattform "Gentechnik & Wir", eine Ansprechstelle für Fragen zum Thema Gentechnik, hat wissenschaftliche Stellungnahmen zu diesem Thema eingeholt, die im folgenden nachzulesen sind.

->   Plattform Gentechnik & Wir
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Diskussionsbeitrag von Prof. Dr. F. Mühlbacher, Universitätsklinik für Chirurgie, Abt. für Transplantation (Wien)

Abstoßungsreaktionen



Die erste große Hürde der Xenotransplantation, nämlich die peracute Abstoßung innerhalb von 10 - 15 Minuten wurde durch die erfolgreiche gentechnische Veränderung der inneren Gefäßoberfläche von Schweineherzen (und natürlich auch anderen Organen) genommen. In den entsprechenden Versuchen von Schweineherzen auf Primaten hat sich die nächste Hürde gezeigt, eine akute humorale (antikörperbedingte) "Abstoßung" nach etwa 40 - 60 Stunden. Es ist wiederum gelungen, ein Tierprotein an der Gefäßoberfläche dafür verantwortlich zu machen und auch dieses durch Genmanipulation zu humanisieren. Wenngleich diese letzten Versuche noch nicht restlos abgeschlossen sind, kann man nach diesen beiden erfolgreichen Genmanipulationen die "Vorbereitung" des Spenderorgans als so weit abgeschlossen betrachten, dass in der Folge nur noch mit zellulären Abwehrreaktionen zu rechnen ist, die wir derzeit auch in der klinischen Transplantation zu beachten haben und großteils durch Medikamente erfolgreich behandeln können.



Das Problem der Viren




Das "PERV" (porksine endogenous retro viruses) -Problem wurde schon lange bearbeitet und kann weitgehend als sicher betrachtet werden. Allerdings wird man eine absolute Gefahrlosigkeit aus methodischen Überlegungen niemals attestieren können. Nun erhebt sich die Frage, wie die Gesellschaft mit dem "Restrisiko" umgeht.



Die ethischen Probleme




Die ethischen Probleme im Zusammenhang mit der Xenotransplantation wurden schon mehrmals sehr ausführlich diskutiert, ich verweise auf den "Kennedy-Report" aus dem Jahr 1996 (Großbritannien) in dem vom ethischen Gesichtspunkt die Verwendung von Tierorganen für den Menschen mit dem Hinweis auf das Nahrungsmittelargument akzeptabel erscheint, und die Verwendung von Primaten als Organspendern ausgeschlossen wird.
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Diskussionsbeitrag von Dr. Georg Weitzer, Institut f. Medizinische Biochemie, Universität Wien
Xenotransplantate: Alternative Klonen?



Das größte Problem bei Xenotransplantaten, die aus Tieren wie dem Schwein entnommen werden können, sowie bei menschlichen Spenderorganen, ist das durch die Immunabwehr bedingte Abstoßen des Organs durch den Empfänger. Diese Abstoßreaktion kann möglicherweise verhindert werden, indem man körpereigene Stammzellen, die bereits aus Knochenmark, Fettzellen und Hirnzellen gewonnen werden können, zur Herstellung von Organen verwendet.



Eine voraussichtlich universal einsetzbare Quelle für Transplantate vieler Art wären embryonale Stammzellen, deren Herstellung und Verwendung auf Grund von ungelösten und schwerwiegenden ethischen Problemen jedoch derzeit in der Europäischen Union unter Strafandrohung verboten ist. Im Gegensatz zu Spenderorganen und Xenotransplantaten könnten eine sehr große Anzahl an genetisch, und damit verbunden immunologisch unterschiedlichen Zelllinien gelagert und zur Herstellung von Organen verwendet werden. Eine optimale genetische Ähnlichkeit von Spender und Empfänger würde die Gefahr der Organabstoßung bedeutend verringern.
Diskussionsbeitrag von o. Univ. Prof. Dr. Ulrich Körtner, Institut für Ethik und Recht in der Medizin, Universität Wien, und Institut für Systematische Theologie, Universität Wien.
->   Diskussionsbeitrag von Ulrich Körtner
 
 
 
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