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Heinz Slupetzky
Fachbereich für Geographie und Geologie der Universität Salzburg
 
ORF ON Science :  Heinz Slupetzky :  Umwelt und Klima 
 
Gletscherbilanz heuer deutlich besser  
  Fast jeder Sommer, der dem heißen vom Vorjahr gefolgt wäre, konnte nur günstiger sein, so stark war die Abweichung vom langjährigen Mittel im Sommer 2003. Subjektiv war heuer ein "schlechter" Sommer, objektiv aber (wie die Daten der ZAMG belegen) nur relativ zu den letzen zwei Jahrzehnten, aber nicht in Bezug auf die langen Messreihen.  
Jedenfalls ist es den Alpengletschern heuer besser ergangen, wenn auch je nach Größe und Höhenlage sowie regionalen Faktoren die Bandbreite der Änderung von Massenverlust zu Massengewinn reicht.
Das Beispiel Stubacher Sonnblick Kees
Der doch zu warme August hat die "Zwischen"-Massenbilanz zu dieser Zeit von ca. zwei Millionen Kubikmetern stark verringert. Schneefälle im Gebirge ab der vierten Augustwoche und im September stoppten aber dann die Schneeschmelze der Altschneedecke im Nährgebiet und reduzierten die Eisabschmelzung im Zehrgebiet.

 
Bild: Heinz Slupetzky

Das Stubacher Sonnblickkees (mit der Granatspitze) am 10. September 2004.

Damit endete das Haushaltsjahr mit einem nur leichten Massenzuwachs von ca. 0,3 +/- 0,2 Millionen Kubikmetern. Damit gab es nach sechs Jahren mit negativen Bilanzen wieder einen leichten Zuwachs beim Sonnblickkees.
Insgesamt aber keine Trendwende
In den vergangenen 23 Jahren seit 1981 kamen beim Sonnblick Kees alle zwei bis sechs Jahre leicht positive Jahresbilanzen vor, oder anders gesagt, kurze Unterbrechungen der starken Massenverlust-Periode sind nichts Außergewöhnliches.

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer - die Nährgebiete der Gletscher sind leer.

Kleine Gletscher, die über 2.700 Meter enden, haben an Masse zugenommen, mittelgroße sind mehr oder weniger gleich geblieben und größere Talgletscher mit tiefer herabreichenden Gletscherzungen haben an Masse verloren, wenn auch deutlich weniger als im Vorjahr.
Echter Massenzuwachs braucht Jahrzehnte
Ein Massenzuwachs in den Nährgebieten der Gletscher muss über viele Jahre vor sich gehen, bis er sich an der Gletscherstirn bemerkbar macht; dies geschieht mit jahre- bis jahrzehntelanger Verzögerung.

Ein einzelnes günstiges Jahr wirkt sich nur so aus, dass ein spätes Abschmelzen der Winterschneedecke an den Gletscherstirn das Schmelzen des Eises verringert. Bleibt das Blankeis an der Gletscherstirn den ganzen Sommer über schneebedeckt, so ist der Betrag des talwärts Fließens gleich der "Verlängerung" des Gletschers.

Das ist derzeit aber nur ein geringer Betrag, Dezimeter oder wenige Meter, da die Gletscher zu inaktiv geworden sind.
Talgletscher büßen weiter an Länge ein
Große, tiefer herabreichende Talgletscher, wie die Pasterze, das Obersulzbachkees oder der Gepatschferner, schmelzen weiterhin beträchtlich ab und brechen überdies zusammen. Sie werden auch heuer mehr oder weniger stark an Länge eingebüßt haben.

In einigen Wochen werden die Ergebnisse der Längenmessungen des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) von über 100 Gletschern vorliegen. Dann ist ein genauer Überblick über das Gletscherverhalten im Sommer 2004 möglich.
->   Das Gletschertagebuch von Heinz Slupetzky 2003 und 2004
 
 
 
ORF ON Science :  Heinz Slupetzky :  Umwelt und Klima 
 

 
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