Host-Info
Reinhold Wagnleitner
Institut für Geschichte, Universität Salzburg
 
ORF ON Science :  Reinhold Wagnleitner :  Gesellschaft .  Wissen und Bildung 
 
Der Kalte Krieg
Eine Bilanz des Sommersemesters 2001
 
  Die Rede ist hier nicht vom Kalten Krieg gegen das österreichische Universitätssystem, das sich gerade im Übergang von der Disziplinar- zur Kontrollgesellschaft befindet.  
Diese hochschulpolitische Geisterbahnfahrt, immer nur hauteng vorbei an Lachfigurenkabinett und Watschenmann, dauert nun zwar mittlerweile schon ein gutes Dutzend Jahre und darf deshalb keinesfalls nur der gegenwärtigen Regierung angelastet werden.
Speed Kills
Allerdings wurde sie noch nie derart rasend beschleunigt, wie in den letzten Monaten. Immerhin besteht aber noch die Möglichkeit, dass den dafür Verantwortlichen das Umfeld, aus dem der Begriff "Speed kills" ursprünglich stammt (er kommt nämlich aus dem US-Drogenmilieu) zumindest langfristig doch nicht ganz geheuer sein wird.

Dann könnte es allerdings, gerade auch für einige tatsächlich nötige Reformen, zu spät sein. Selbstverständlich wird eine mittelfristige Bilanz dieser schweren Eingriffe erst in einigen Jahren gezogen werden können. Immerhin soll hier auf der positiven Seite jedenfalls die nun endlich verpflichtende Evaluierung der Lehre durch die Studierenden verbucht werden.
Bilanz einer Vorlesung
Die Rede ist hier von der Bilanz einer Vorlesung am Institut für Geschichte der Universität Salzburg, die sich als Teil einer Serie von Lehrveranstaltungen zur wissenschaftlichen Annäherung an die Geschichte des Kalten Krieges verstand.

Hat sich dieser weltweite Konflikt doch wie keine andere globale Entwicklung der Zeitgeschichte nicht nur über die Politik und das Kriegswesen, sondern auch über die Wirtschaft, die Technik, das Erziehungswesen und die Kultur(en) der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gestülpt.

Dementsprechend groß war das Interesse der Studierenden, denen neben meinen eigenen Vorträgen zusätzlich noch die Expertise von vier weiteren Kolleginnen und Kollegen geboten werden konnte.
Geschlechter-Unterschiede
So widmete Susan E. Hirsch (Loyola University Chicago und Universität München) ihren Vortrag "Women, Men; Hot War, Cold War" den tiefgreifenden Veränderungen in der Beziehung der Geschlechter in den USA, wobei sich eine Grundtendenz als Resultat des Kalten Kriegs als besonders bemerkenswert herausstellte.

Während in zahlreichen gesellschaftlichen Bereichen (West-)Europa vielen Beobachtern häufig als (schlechte) Kopie der Vereinigten Staaten erschien, so ergab sich in einem Bereich ein tiefgehender gegenläufiger Trend: kam es in zahlreichen Ländern Europas doch zu einer bemerkenswerten "Zivilisierung"der Männlichkeit, so stand dem als Gegentrend die "Militarisierung"der Männlichkeit in den USA entgegen.
Geheimdienste, Frankreich, Vietnam
Der Experte zur Geschichte der Nachrichtendienste in Österreich Siegfried Beer (Universität Graz) nahm sich die bisher weitgehend unterbelichtete wichtige Rolle der Geheimdienste im Kalten Krieg vor.

Der Frankreich-Fachmann Thomas Angerer (Universität Wien) analysierte die in der internationalen Geschichtsschreibung sträflich vernachlässigte bedeutende Rolle der Grand Nation im Kalten Krieg.

Und Alexandra Friedrich (Temple University, Philadelphia) widmete ihren Vortrag schließlich jener Region, in welcher der Kalte Krieg über drei Dekaden besonders heiß war (und seine Namensgeber ganz besonders Lügen strafte): dem Vietnamkrieg als Fallstudie des internationalen Kalten Krieges.
Die Kalten Kriege?
Der Kalte Krieg, der alles in allem genommen, wohl ähnlich viele Opfer wie die beiden Weltkriege zusammen genommen kostete, ist daher nicht nur ein Beispiel für den besonderen Zynismus mancher historischer Kategorien (außer man meint, dass nur "Weiße"als Kriegsopfer den Begriff "heißer Krieg"rechtfertigen).

Er ist auch als Überbegriff für die gesamte Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg denkbar ungenau und lässt sich, je nach Schema, überdies in mehrere Perioden (von Kalten Kriegen) unterteilen.
Konversatorium Sommersemester 2002
Zur tiefer gehenden und intensiveren Auseinandersetzung mit Einzelphänomenen dieser Epoche wird deshalb bereits ein Konversatorium "Der Kalte Krieg: Fallbeispiele" für das Sommersemester 2002 geplant.
Die Homepage zur Lehrveranstaltung
Ein detailliertes Programm der abgelaufenen Vorlesung und eine Vielzahl an thematischen Informationen (auch zu den Beiträgen von Hirsch, Beer, Angerer und Friedrich), Literaturhinweisen, Links, Suchportalen und Onlinehilfen finden sich auf der Homepage der Lehrveranstaltung, deren Design von Martin Mader stammt.
->   Homepage der Vorlesung "Der Kalte Krieg I - eine Annäherung"
 
 
 
ORF ON Science :  Reinhold Wagnleitner :  Gesellschaft .  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick