Host-Info
Peter Weinberger
Institut für Technische Elektrochemie und Festkörperchemie, Technische Universität Wien
 
ORF ON Science :  Peter Weinberger :  Wissen und Bildung .  Technologie 
 
Fragen an die Forschungspolitik  
  Zur Zeit scheinen von der österreichischen Forschungspolitik nur mehr verbale Bruchstücke übriggeblieben zu sein. Aktuelle Beispiele werfen die Frage auf, welche Zukunft die Forschung, speziell an den österreichischen Universitäten, zu erwarten hat.  
Das Zeitalter der österreichischen Weltraumforschung wird runderneuert (100 Millionen), die Fachhochschulen sind als neuer Ort der Forschung ausersehen, ein Megapackage von "Subventionen" für die fragmentierten österreichischen außeruniversitären Kleinstinstitutionen wird vorbereitet, die Universitäten haben dagegen lediglich für die Ausbildung von ohnedies ungeliebten Akademikern weiterhin in unzureichender Anzahl zu sorgen - mit möglichst spärlichen Mitteln, wohlverstanden.

Viel Kritik zu diesen Entwicklungen hat es bisher nicht in den Medien gegeben: die Fakten wurden lediglich leidenschaftslos weitergegeben, gerade so, als ob es sich um eine bezahlte Anzeige handeln würde. Dabei gäbe es einiges anzumerken.
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Die österreichische Weltraumforschung bleibt ganz offensichtlich vorzugsweise eine steirische Angelegenheit und - selbst auf die Gefahr hin, zum Bösewicht aller südlich des Semmering ansässigen Wissenschaftler zu werden - bezieht seine Bedeutung vor allem aus dem Adjektiv steirisch, sprich Regionalförderung.
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Illusion von Spitzenforschung?
Es ist schon möglich, dass zu "Weltraumforschung" gelegentlich nützliche Nebeneffekte zu registrieren sind, davon allerdings wissenschaftliche Relevanz ableiten zu wollen, ist mit Sicherheit (sehr) weit hergeholt. Aber bitte: diese Art von Forschung vermittelt zumindest die Illusion von Spitzenforschung, von Statuswissenschaft, und Illusionen sind mitunter wichtiger als die Wirklichkeit.
Forschungsqualität von Fachhochschulen?
Selbst alle Phantasie, gesammelt in tausend und einen Nächten, reicht dagegen nicht aus, eine ähnliche Hoffung für die Forschungsqualität von Fachhochschulen zu rechtfertigen.

Gemessen am mitteleuropäischen Niveau, ist bestenfalls eine satte Null als Forschungskompetenz für diese Institutionen zu vergeben, gemessen am internationalen Niveau reicht selbst eine einfache Null nicht aus.
"Wissenschaftliche Greisslerei"
Die Absicht einer monetären Umleitung jedoch erweist sich in jeder Hinsicht als bauernschlau: weg von den städtischen Zentren, weg von den ewig unzufriedenen Universitäten, weg von jener polyglotten Schickeria, die noch immer nicht schulterschlussbereit ist, hin in die, durch Sperrung von Postämtern und Schließung von Gendarmerieposten ohnedies nicht verwöhnte Provinz.

"Forschung" auf dem allseits geliebten kleinen Format zeichnet sich ab, so eine Art von wissenschaftlichen Greisslereien in einer Welt von Supermarktketten.
Österreichischer Nobelpreis?
Dafür wird das allherbstliche Wehgeschrei nach -endlich - einem "österreichischen" Nobelpreis auf höchst rationale Weise verstummen: für in Hotelfachschulen und EDV-Schmieden gewonnene Erkenntnisse wird sich die schwedische Akademie kaum erwärmen, ganz egal, wie weit der Apfelstrudel gezogen ist.
Die Wirklichkeit erobert die Bühne
Wie hieß es noch vor kurzem: Spitzenplatz für österreichische Universitäten? Selbst in Nestroys Träumen von Schale und Kern erobert zum Schluss die Wirklichkeit die Bühne.

Für die österreichische Forschung muss nicht unbedingt auf vormärzliche Intrigen im dritten Akt gewartet werden, um das ernüchternde Schlussbild zu erahnen. Die bösen Geister, Provinzialismus und Marginalisierung, sind längst keine Allegorien mehr: das berühmte "klein ist schön" hat sich als "kleinlich ist noch schöner" allumfassend durchgesetzt.
Bedeutung außeruniversitärer Forschung
Es wäre in der Tat unvernünftig, die Bedeutung von außeruniversitären Institutionen gering zu schätzen. Wer schließlich hat noch nicht von der Max-Planck-Gesellschaft gehört, der Frauenhofer Gesellschaft, der Vielzahl von CNRS-Instituten in Frankreich, den Consejo Superior Institutionen in Spanien, den SERC Laboratories in England, etc.?
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Sie alle haben weltweit klingende Namen und erfüllen unterschiedlichste Niveaus der Verwertbarkeit von Wissenschaften. Sie alle verfügen aber auch über Strukturen, die neue Wissensgebiete zu etablieren gestatten, Strukturen, von deren Existenz hierzulande relativ wenig bekannt zu sein scheint.
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Und hierzulande?
Hierzulande verlieren sich mögliche Intensionen in halb- oder ganz privatwirtschaftliche Gesellschaften oder bleiben von essentiellen Finanzierungen ausgespart.
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Neue Gebiete? Biologie, Biogenetik, Biochemie? Nur wenn sich ein unmittelbarer finanzieller Erfolg abzeichnet! Gebiete in Richtung von zukünftiger Hochtechnologie? Nanostrukturen? Spintronics? Das können ja die Universitäten ein bisserl machen, damit ihnen nicht langweilig wird und eventuell etwas von EU-Forschungsgeldern zurückkommt.
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Investitionen in die Zukunft
Fragmentierte außeruniversitäre Institutionen mögen unmittelbare Interessen so mancher Industrie abdecken, als Investitionen in die Zukunft sind sie bedeutungslos. So bedeutungslos halt, wie der Rest der österreichischen Forschung, sobald sie vorzugsweise auf letztlich irrelevanten Fachhochschulen angesiedelt sein wird.
Absehbare Kommentare
Das "lähali" als erschöpfende Antwort auf die vorangegangenen Anmerkungen ist vorauszusehen.
->   Peter Weinberger in "science.orf.at"
 
 
 
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