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Diane Marie Amann:
In the Eye of the Beholder: Law's new Look at Genocide
 
  Die Durchsetzung des internationalen Rechts gegen Völkermord stand von Beginn an im Zeichen der Diskrepanz zwischen Bestimmung und Auslegung des Begriffs "Genozid". Diane Marie Amann, Professorin für Rechtswissenschaften (University of California) geht den unterschiedlichen Bedeutungen des Begriffs nach und analysiert deren Auswirkungen auf die internationale Rechtssprechung.  
Zum Begriff des Genozid
Im Zuge der Enthüllungen über die in Nazi-Deutschland begangenen Gräueltaten suchte die Völkergemeinschaft nach einem Begriff, der Verbrechen dieses Ausmaßes einen Namen geben und gleichzeitig Abscheu und Entrüstung zum Ausdruck bringen sollte. Der polnisch-amerikanische Völkerrechtler Raphael Lemkin prägte in den 1940er Jahren erstmals den Begriff "genocide"; gebildet aus dem griechischen Genos (Volk/Stamm) und dem lateinischen ceadere (töten).

Genozid ist inzwischen ein fest umrissener Terminus des internationalen Strafrechts und ist definiert als eine Handlung, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu vernichten, sei es durch direkte Tötung, Schaffung tödlicher Lebensbedingungen, Verschleppung oder zwangsweise Unterdrückung von Geburten.
Definitorische Fallen des Begriffs
Obwohl es 1948 zum Beschluss der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords kam, so wurden dennoch zahlreiche Massenverbrechen der letzten Jahrzehnte nicht als Völkermord anerkannt. Gründe dafür liegen in der definitorischen Falle des Begriffs Genozid.

Auf Druck der Sowjetunion wurde die ursprüngliche Version eingeschränkt: Die vorsätzliche Tötung politischer, ökonomischer, weltanschaulicher oder auch ethisch-moralischer Gegner findet keine Erwähnung. Die Konvention schützt somit ausschließlich Gruppen. Die bis heute nicht als Völkermord anerkannte Schreckensherrschaft der Roten Khmer in Kambodscha ist eines von vielen Beispielen für die Problematik des Begriffs.
Rückbesinnung auf die ursprüngliche Bedeutung
Anhand der vom Kriegsverbechertribunal für Ruanda gefällten Entscheidungen weist Amann jedoch Tendenzen nach, Genozid wieder im Sinne der ursprünglichen Bedeutung auszulegen. So wurden ethnische Gruppen über gemeinsame Kultur und Sprache definiert. In der Annahme, dass Ethnizität und Nationalität nicht gegeben, sondern sozial konstruiert werden, rückt nun die Frage nach der Sicht der Opfergruppe aus der Perspektive der Täter zunehmend in den Vordergrund.
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Diane Marie AMANN
Professorin der Rechtswissenschaften an der University of California, Redaktionsmitglied des International Criminal Law Review, Expertin für Strafrecht, Strafverfahren und Internationales Strafrecht. Forschungsthemen: Auslieferungsverfahren, Normen der internationalen Strafverfahren und Genozid.
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Abstract
Reeling from revelations of Nazi atrocities, the international community groped in the 1940s for a word that would describe those atrocities in a manner that fully expressed the community's horror and outrage. "Barbarity", among other terms, was rejected.
Then Raphael Lemkin, a member of the U.S. prosecution team at Nürnberg, combined the Latin -cide, killing, and the Greek genos, race, tribe, or nation, to produce "genocide", the killing of a people. Lemkin envisioned that the word would encompass crimes committed against many identifiable human groups, and it was so used in post-World War II trials. Thus the worst criminals were to bear an indelible stain of infamy.
Subsequently, the term "genocide" was contracted. Accordingly, for the last several decades some of the world's worst tragedies have eluded that label. A harbinger of change has arrived, however, in the form of a recent interpretation by the International Criminal Tribunal for Rwanda that may prompt expansion of the term "genocide" to include, once again, a variety of human groups.

This paper will retrace the path by which international law against genocide developed. It will examine not only the history of the definition, but also the purposes that proscription of genocide may serve. It then will analyze the judgment of the Rwanda tribunal, placing it in the context of other legal and social science developments. The paper will conclude that the tribunal made a proper step toward restoring "genocide" to its original meaning - a meaning that may aid prevention or containment of genocidal acts.
 
 
 
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