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ORF ON Science :  Events :  Leben .  Medizin und Gesundheit 
 
Neue Techniken - neue Lebensmittel - neue Ernährungsformen: Gentechnik im Lebensmittelbereich
Klaus-Dieter Jany
 
  Gegenwärtig vollzieht sich in einer bisher nicht da gewesenen Geschwindigkeit ein technischer Wandel in allen Lebensbereichen und die Menschen können kaum noch nachvollziehen, was geschieht. Sie stehen den neuen Techniken zunehmend skeptisch bis ablehnend gegenüber, ohne grundsätzlich technikfeindlich zu sein.  
Die Notwendigkeit neuer Techniken wird immer häufiger in Frage gestellt sowie deren Nutzen und Risiken werden intensiver unter Beteiligung der Öffentlichkeit diskutiert. Gerade die Einführung der Gentechnik in den Lebensmittelbereich stellt ein besonders deutliches Beispiel dar.
Die Gentechnik als Querschnittstechnologie
Weite Bereiche der Medizin, Chemie, Landwirtschaft, der Lebensmittelsverarbeitung und des Umweltschutzes hat die Gentechnik bereits jetzt nachhaltig beeinflusst.

Nach BSE und MKS wird kaum ein Thema im Ernährungsbereich so kontrovers und emotional diskutiert wie gentechnische Verfahren in der Züchtung von Pflanzen, der Stammweiterentwicklung von Mikroorganismen und der Verwendung von isolierten Zutaten und Zusatzstoffen aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO).
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Essen und Trinken dienen in unserer modernen westlichen Gesellschaft nicht nur der Nahrungsaufnahme; sie sollen auch gesundheitliches und körperliches Wohlbefinden und sinnlichen Lustgewinn vermitteln. Lebensmittel verkörpern immer mehr auch Lebensstil und Prestige. Wie in allen Wirtschaftzweigen werden auch in der Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung neue technische Entwicklung umgesetzt, einerseits um ein vielfältiges und ausreichende Lebensmittelangebot zu gewährleisten und anderseits den veränderten sozio-ökonomischen Veränderung und Ansprüchen an Lebensmitteln gerecht zu werden.
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Neue Lebensmittel
Neue Lebensmittel werden ständig entwickelt und neue Bezeichnungen für sie erdacht. Beispiele sind: "Convenience Foods", Erzeugnisse, die die Essenzubereitung erleichtern und Arbeitszeit einsparen sollen, "Fast Foods", das schnelle Essen an der Ecke, "Designer Food", die Mikrowellen gerechte Mahlzeit oder "Functional Foods", Lebensmittel mit besonderen gesundheitsfördernden Eigenschaften.
Änderungen der Rezepturen
In der Regel sind es jedoch keine völlig neuen Lebensmittel; meist handelt es sich um Produkte, bei denen lediglich Rezepturänderungen vorgenommen, Inhaltsstoffe durch chemische oder physikalische Verfahren optimiert oder nur in ihrer Aufmachung verändert wurden. Klassische Beispiele für neue Lebensmittel sind probiotische Joghurts, luftgeschäumte Schokoriegel oder Fruchtsäfte angereichet mit Mineralstoffen oder Vitaminen.
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Durch die Gentechnik ist es möglich, genau definierte Gene gezielt und unabhängig von Kreuzungsbarrieren über Art- und Gattungsgrenzen hinweg in Organismen zu transferieren. Diese Technik ermöglicht nun die Nutzung des gesamten genetischen Potentials zur Züchtung von Nutzorganismen mit neuen oder besonderen vorteilhaften Eigenschaften für die Landwirtschaft, die Lebensmittelverarbeitung und Gewinnung von Lebensmitteln
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Züchtung und Gentechnik: Neue Kombinationen
Heute werden nahezu alle Nutzorganismen in einer Kombination von Züchtung und Gentechnik in ihren Eigenschaften verändert und mehr als 50 transgene Pflanzen haben weltweit eine Zulassung erhalten, wobei 22 in einer kommerziellen Nutzung stehen. Die Anbauflächen betrugen im Jahr 2001 weltweit 50 Mill. ha, wobei die USA, Kanada, Argentinien und China mehr als 90% der Anbauflächen aufweisen.
EU: Kein kommerzieller Anbau
Im EU-Raum dürfen bislang transgene Pflanzen nicht kommerziell angebaut werden. Zahlreiche Mikroorganismen, seien es filamentöse Pilze, Hefen oder Bakterien, sind als Starterkulturen entwickelt worden und haben die Marktreife erhalten.

In Großbritannien ist jeweils eine GV-Brauhefe und GV-Backhefe zwar zugelassen, aber sie wird nicht eingesetzt. GV-Mikroorganismen werden in vielfältiger weise zur umweltschonenden und kostengünstigen Produkten von Enzymen und Zusatzstoffen eingesetzt. Mehr als 35 solcher Enzyme aus GVO finden in den unterschiedlichsten Branchen der Lebensmittelverarbeitung Anwendungen.
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Transgene Pflanzen
Die transgenen Pflanzen sowie die Erzeugnisse der 1. Generation wurden erst nach langjähriger und umfassender Prüfung auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit zugelassen. Als Konzept für die Bewertung dient der Vergleich des traditionellen Organismus mit dem gentechnisch modifizierten, das Konzept der substantiellen Äquivalenz (wesentliche Gleichwertigkeit). Entsprechend der eingeführten neuen Eigenschaften erfolgen die sicherheitsrelevanten Untersuchungen, wie z.B. toxikologisches und allergologisches Verhalten, Genexpression, -stabilität und -transfer, ernährungsphysiologische Wertigkeit.
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Auswirkungen auf die Gesundheit
Die Untersuchungen zu allen bislang zugelassenen transgenen Pflanzen (Erzeugnissen) lassen keine Schlüsse auf eine mögliche gesundheitliche Gefährdung zu. Insbesondere ergeben sich durch gentechnische Modifizierungen prinzipiell keine neuen Lebensmittelallergien.

Ausschließlich bei den neuartigen Produkten kann das allergene Potential abgeschätzt werden, da hier das neueingeführte Protein bekannt ist.
Antibiotika-Resistenz
Die Verwendung von Antibiotika-Resistenzgene (Kanamycin und Ampicillin) erbringt ebenfalls eine zusätzliche Gefährdung. Aufgrund der physiologischen Gegebenheiten im Magen-Darm-Trakt und der Genkonstrukte ist eine Inaktivierung von oral aufgenommenen Antibiotika nicht möglich und ein Gentransfer aus der Pflanze auf die Darmflora ist sehr unwahrscheinlich, aber nicht aus zuschließen.

Dennoch erbringt ein vereinzelter Transfer keine neue Gefährdung, geschweige eine neue Resistenz gegenüber diesen Antibiotika, da bereits 2-30% der menschlichen Darmflora diese Antibiotika-Resistenzen aufweisen. Gentechnisch modifizierte Lebensmittel weisen keine höheren oder andersartige Risiken für die menschliche Gesundheit auf als die entsprechenden vergleichbaren konventionellen Erzeugnisse.
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Beeinflussung der Stoffwechselwege
Mit der Gentechnik lassen sich gezielt Stoffwechselwege verändern oder bestimmte Proteine / Enzyme selektiv in ihrer Synthese inhibieren / aktivieren oder organspezifisch zur Expression bringen. Dies eröffnet die Möglichkeit Allergene aus Lebensmitteln zu entfernen, die Synthese von Antioxidantien, Flavonen und Vitaminen in bestimmten Pflanzenteilen zu erhöhen oder in Ölsaaten das Fettsäuremuster positiv zu verändern. Bei den transgenen Pflanzen der 2. und 3. Generation richtet sich das Augenmerk auf die
- Verbesserung der sensorischen und ernährungsphysiologischen Qualität von Rohstoffen und von Lebensmitteln,
- Erhöhung hygienischen Sicherheit von Rohstoffen/Lebensmitteln und bei Verfahrensschritten,
- Reduzierung von Verarbeitungsschritten oder Prozeßtiefe, sowie zur Qualitätserhaltung
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Qualität und Sicherheit
Gentechnisch modifizierte Lebensmittel gehören zu den am besten untersuchten Erzeugnissen. Diese Lebensmittel weisen keine andersartigen und höhere Risiken auf als die konventionellen Erzeugnisse.

Die Möglichkeiten der Gentechnik zur Entwicklung noch besserer und sicherer Lebensmittel sollte vermehrt genutzt werden. Geprüfte Qualität und wissenschaftlich nachgewiesene Sicherheit wird in Zukunft zum Markenzeichen gentechnisch modifizierter Lebensmittel werden.
 
 
 
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