Events
Hinweise auf Veranstaltungen, Symposien, Vorträge
 
ORF ON Science :  Events :  Wissen und Bildung .  Gesellschaft 
 
Folgen des Nationalsozialismus für die Wissenschaft  
  Dem Thema "Österreich und der Nationalsozialismus. Die Folgen für die wissenschaftliche und humanistische Bildung" widmet sich vom 5. bis 6. Juni ein internationales Symposium in Wien. Mit der Tagung wird ein Wunsch des aus Wien stammenden und an der Columbia University (New York) lehrenden Neurobiologen Eric Kandel erfüllt, der anlässlich der Verleihung des Medizin-Nobelpreises 2000 an ihn gebeten hatte, auf Ehrungen und Feierlichkeiten in Österreich zu verzichten und sich stattdessen mit den Folgen des NS-Regimes für den Forschungs- und Bildungsbereich zu beschäftigen.  
Kandel, Kohn, Holton, Stern und Klüger
Kandel selbst wird an dem Symposium ebenso teilnehmen wie u.a. sein Nobelpreis-Kollege Walter Kohn (Nobelpreis für Chemie 1998), der renommierte Wissenschaftshistoriker Gerald Holton, die Historiker Fritz Stern und Peter Pulzer, der Physiker Harry Lustig oder die Germanistin Ruth Klüger. In ihrem gemeinsamen Schicksal spiegelt sich das Tagungsthema wider: sie alle wurden in Wien geboren (Stern in Breslau), mit ihren Familien von den Nationalsozialisten vertrieben und machten in den USA Karriere.
...
Das Symposium
"Österreich und der Nationalsozialismus. Die Folgen für die wissenschaftliche und humanistische Bildung"; 5.-6. Juni 2003; Universität Wien, Kleiner Festsaal
->   Mehr über das Programm
...
Doppelperspektive: Aktuelle Forschung und Autobiografien
Nach Ansicht von Tagungs-Organisator Friedrich Stadler, Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte der Uni Wien und Leiter des Instituts Wiener Kreis, ist der spezielle Blick auf die Folgen der NS-Herrschaft sowie auf den Umgang mit der Geschichte in der Zweiten Republik bis zur Gegenwart nur mittels einer Doppelperspektive angemessen zu behandeln: einerseits durch die Präsentation der aktuellen zeitgeschichtlichen Forschung im In- und Ausland, andererseits durch die exemplarischen autobiografischen Berichte von Wissenschaftlern, die durch das von Rassismus und Antisemitismus geprägte Klima vertrieben wurden.
Letzte Chance für derartige Bestandsaufnahme
Das Symposium wird sich mit beiden Perspektiven befassen: den biografischen Teil decken die prominenten Vortragenden selbst ab, indem sie in ihrer Eigenschaft als Vertriebene und als Forscher über ihre Erfahrungen reflektieren.

Es werde wohl das letzte Mal sein, dass eine Bestandsaufnahme in einer derartigen Zusammensetzung möglich sei, betonte Stadler im Gespräch mit der APA.
...
Die Vorträge der Vertriebenen
So berichtet Kandel über den Einfluss Wiens auf seine wissenschaftliche Karriere in den USA. Kohn erinnert sich an seinen Wiener Lehrer Emil Nohel, "ohne den er fast sicher nie Wissenschaftler geworden wäre". Holton präsentiert Ergebnisse eines Forschungsprojekts über die "Zweite Welle", in dem untersucht wurde, was aus den Kindern österreichischer Flüchtlinge in den USA geworden ist. Und Klüger vergleicht den Holocaust-Unterricht in Österreich und den USA.
...
Aktuelle Forschungsberichte
Die aktuelle Forschung wird einerseits durch einen Vergleich Österreichs, der Schweiz und Deutschlands beim Umgang mit der Vergangenheit beleuchtet. Andererseits werden laufende bzw. kürzlich abgeschlossene österreichische Forschungsprojekte zum Thema "Nationalsozialismus und Wissenschaft" präsentiert.

Dazu zählen u.a. die Projekte "Aus Österreich emigrierte PhysikerInnen und TechnikerInnen" von Christian Fleck von der Uni Graz und Anton Zeilinger von der Uni Wien, "'Arisierung', Berufsverbote und 'Säuberungen' an der Universität Wien" von Friedrich Stadler und "Hochschulen und Wissenschaften im Nationalsozialismus und danach" von Mitchell Ash von der Uni Wien.
"Katastrophale Folgen der NS-Herrschaft" ...
Ziel des Symposiums ist es, der Öffentlichkeit und der Wissenschaftergemeinschaft, speziell der jüngeren Generation von Forschern und Studenten, "die katastrophalen Folgen der NS-Herrschaft in Österreich wie Enteignung, Vertreibung und Holocaust, im besonderen für den gesamten Forschungs- und Bildungsbereich zu vermitteln", betont Stadler, der sich bereits 1988 mit dem großen Projekt "Vertriebene Vernunft" mit der österreichischen Wissenschafts-Emigration auseinander gesetzt hat.
... die bis heute spürbar sind
Für Stadler hat das Thema aber auch sehr aktuelle Bezüge. Wenn man heute die Frage stelle, warum Österreich keine Nobelpreisträger mehr hervorbringe, müsse man bis in die Zeit der Ersten Republik zurückgehen. Denn der "Cultural Exodus" habe eine Langzeitwirkung und präge noch immer den heutigen Zustand der österreichischen Universitäten und Wissenschaft, betonte Stadler.

Die angemessene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sei Voraussetzung dafür, dass wieder eine blühende Wissenschaftskultur entsteht.
...
Kandel wird bereits am Dienstag (3.6., 19.30 Uhr) Abend im Jüdischen Museum Wien mit Kurator Werner Hanak über seine Forschungen, seine Beziehungen zu Wien, sein Interesse an der Psychoanalyse und seine Sicht auf das Judentum sprechen.
->   Jüdisches Museum Wien
...
 
 
 
ORF ON Science :  Events :  Wissen und Bildung .  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick