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15 Jahre Tschernobyl - die Folgen  
  Am 26. April 1986 explodierte im Atomkraftwerk Tschernobyl der Reaktor "Block 4", die radioaktive Strahlenwolke verseuchte ganz Europa. Trotz messbarer Umweltbelastungen blieben bis jetzt gesundheitliche Folgen für Österreichs Bevölkerung aus. Weder Essen noch Belastungen aus der Luft machten die Österreicher nachweisbar krank.  
Folgen für Österreich überschätzt?
Der atomare Super-GAU ereignete sich als Folge eines elektrotechnischen Experiments. Dabei wurde eine radioaktive Wolke ungeahnten Ausmaßes freigesetzt. Heute noch sind die Folgen auch in Österreichs Natur zu spüren.

Pilze und Wild sind noch immer belastet. Denn Rehe und Hirsche fressen Farne, die die radioaktiven Substanzen besonders gut speichern. Heimische Pilze werden noch regelmäßig untersucht.

Aber auch an den Grenzen werden die importierten Pilze, die aus Osteuropa in die EU kommen, überwacht. "Man kann aber weder von dem einen noch von dem anderen so viel essen, dass die Belastung gefährlich werden könnte", meint Josef Zechner vom Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen.
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Anfangs stark betroffen
Österreich zählt nach Einschätzung des Umweltbundesamtes (UBA) im internationalen Vergleich zu den am stärksten vom Tschernobyl-Fallout betroffenen Ländern. Höhere Strahlenwerte finden sich demnach nur in der Ukraine, in Weißrussland, in Russland und in Teilen Skandinaviens. Obwohl die Halbwertszeit von Cäsium 137 bei 30 Jahren liegt, konnten Fachleute bereits vor fünf Jahren "Entwarnung" für die Alpenrepublik geben.

Die höchsten Belastungswerte fanden sich vor allem in eher entlegenen Gegenden, das Cäsium wandert schön langsam in tiefere Bodenregionen. Auch die Nahrungsmittelbelastungen sind nicht mehr hoch, weder bei Milch und -produkten noch etwa bei Wild, so das Österreichische Ökologie-Institut.
->   Österreichisches Umweltbundesamt
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Immer tiefer in den Boden
Grundsätzlich verlagern sich die Cäsium-Belastungen im Lauf der Jahre immer tiefer in den Boden. Das Maximum der Konzentrationen lag laut UBA 1987 noch knapp unter der Oberfläche. Elf Jahre später befand es sich bereits rund vier Zentimeter tief. Im Mittel kann den Experten zufolge mit einer "Verlagerungsgeschwindigkeit" von drei Millimetern im Jahr gerechnet werden, allerdings mit großen Schwankungen auf Grund der unterschiedlichen Bodentypen.

Experten sehen ein endgültiges Verschwinden von
Strahlenbelastungen jeweils erst nach Ablauf von zehn
Halbwertszeiten, dann beträgt das Niveau nur ein Tausendstel der ursprünglichen Intensität. Bei Caesium 137 mit der Halbwertszeit von 30 Jahren bedeutet das: Ein Ende der Belastungen ist erst im Jahre 2286 gegeben.
Krebsrate nicht gestiegen
Interessanterweise machten aber weder Essen noch Belastungen aus der Luft die Österreicher krank. Die Krebsrate ist seit Tschernobyl nicht gestiegen. Das zeigen weltweite Zahlen genauso wie nationale Statistiken.

"Das ist merkwürdig", meint David Kyd von der Internationalen Atomenergiebehörde. "Wir hatten Leukämiefälle erwartet. Schilddrüsenkrebs ist aber die einzige Ausnahme." 1.800 Kinder in den Gebieten rund um Tschernobyl erkrankten, viele starben.
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200.000 direkt betroffen
Viel Leid wurde durch den Super-GAU bei 200.000 Ukrainern, Weißrussen und Russen verursacht. Sie mussten ihre Häuser verlassen und ein völlig neues Leben beginnen. Auch die Landwirtschaft musste umgestellt werden - heute wird in den betroffenen Regionen Raps als Biotreibstoff angebaut.
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Radioaktive Schafe und Rentiere in Schottland
Im schottischen Hochland werden die Grenzwerte für Cäsium und Strontium noch heute regelmäßig überprüft und manchmal überschritten. Der radioaktive Regen hatte die Böden dort besonders verseucht.

"Rund ein Dutzend Schafe muss jedes Jahr wegen zu hoher radioaktiver Belastung aus dem Verkehr gezogen werden", meint Atomenergie-Experte Kyd. In Skandinavien sind die "strahlenden" Rentiere mittlerweile selten geworden, neuere Fälle sind nicht bekannt.
Gefahr überschätzt?
Die Radioaktivität nahm schon im ersten Jahr deutlich ab. Insgesamt hatten die Experten die Gefahr überschätzt. Kein Wunder, konnte doch nur auf Daten zurückgegriffen werden, die aus Kernwaffenversuchen stammten. Die Natur hat sich schneller regeneriert als erwartet.

(red/Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft)
->   Internationale Atomenergiebehörde
 
 
 
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01.01.2010