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BSE-Therapie noch in weiter Ferne  
  BSE-Tests werde es wohl bald genügend zuverlässige geben, meint der Prionenforscher Adriano Aguzzi. Das Problem sieht er eher in der Entwicklung von entsprechenden Therapien.  
Bei einem Vortrag am Freitag in Wien sprach der Wissenschaftler von der Universität Zürich über den aktuellen Stand der Prionenforschung.
Tests marktwirtschaftlich interessant
Für die Entwicklung von BSE-Tests gibt es inzwischen so viel Geld in der Privatwirtschaft, dass Adriano Aguzzi zuversichtlich auf baldige Durchbrüche hofft. Auch er selbst ist Inhaber von Patenten für solche Tests. Siehe dazu auch den Beitrag auf science.orf.at:
->   Früherkennung von BSE bald möglich?
Mehr Sorge bereitet ihm allerdings die Frage, was man infizierten Menschen in Zukunft anbieten wird können.
Therapie kaum lukrativ
¿Wir müssen davon ausgehen, dass Menschen erkranken werden¿, sagte er gegenüber dem ORF-Radio, ¿die Frage ist aber, ob sich mit einer Therapie je etwas wird verdienen lassen¿.

Er rechnet nicht damit, daher sei es Aufgabe der öffentlichen und akademischen Wissenschaft, vor allem in diesen Bereich zu investieren.
Ausbruch der Krankheit verhindern
Die Infektion mit Prionen wird sich nachträglich nicht mehr rückgängig machen lassen, aber eine sogenannte Postexpositionsprophylaxe könnte helfen:
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Postexpositionsprophylaxe
Entscheidend für den Ausbruch der Krankheit ist, dass die Prionen aus dem Körper ins Gehirn gelangen und dort ihr zerstörerisches Werk beginnen können. Diesen Übertritt ins Hirn mithilfe von Medikamenten zu verhindern, sei Ziel der Forschung. Ein erster Kandidat für ein solches Medikament, Lymphotoxin Beta, hat sich in Mausversuchen bereits bewährt. Es wirkt als löslicher Rezeptor, der die krankmachenden Prionen an sich bindet, bevor sie das Gehirn erreichen.
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Die Voraussetzung für die Anwendung eines solchen Medikaments ist aber gleichzeitig eine der größten derzeit ungelösten Fragen, nämlich zu erkennen, wer überhaupt infiziert ist.
Zahl der Infizierten unklar
¿Wir haben keine Ahnung, wie viele Personen überhaupt mit dem Erreger infiziert sind¿, meint Adriano Aguzzi. Damit in Kontakt gekommen sind im Lauf der letzten Jahre wahrscheinlich viele Millionen, nicht alle müssen sich aber tatsächlich infiziert haben.
Nachweis an Mandelgewebe
An entferntem Mandelgewebe lässt sich die Prionen-Infektion gut nachweisen. Das soll jetzt vermehrt für epidemiologische Untersuchungen genutzt werden.

In der Schweiz beispielsweise planen Aguzzi und Kollegen gerade eine 5-jährige Studie, in deren Rahmen mehrere tausend Proben entfernten Mandelgewebes untersucht werden sollen. Da man Menschen, bei denen sich so eine Infektion nachweisen ließe, aber vorläufig keinerlei Therapie anbieten könnte, werden die Untersuchungen anonymisiert durchgeführt.

Birgit Dalheimer, Ö1-Wissenschaft
->   Institut für Neuropathologie, Universität Zürich
 
 
 
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01.01.2010