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Astronomen hören "Weltentstehungsmusik"  
  Forscher haben akustische Wellen vom Urknall eingefangen, der vor rund 14 Milliarden Jahren die Geburt des Universums auslöste. Mit Geräten, die erst im vergangenen Jahr am Südpol installiert wurden, untersuchten sie die kosmische Hintergrundstrahlung.  
Die Wissenschaftler suchten nach mikroskopischen Schwankungen in der Temperatur der Mikrowellenstrahlung, die auf den Beginn des Universums hindeuten. Die Beobachtungen sind auch deshalb von Bedeutung, weil zuletzt Zweifel aufgekommen waren, ob die bisherigen Berechnungen zum Ursprung des Universums richtig waren.
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Theorie vom Aufblähen des Kosmos untermauert
Die Aufnahmen untermauern laut Michael Turner von der Universität Chicago klarer als alles andere bisher die Theorie vom Aufblähen des Kosmos. Ihr zufolge bildete sich das Universum innerhalb kürzester Zeit in einem unvorstellbaren Tempo. Mit der schnellen Ausdehnung unmittelbar nach dem Urknall erklären sich die Wissenschaftler auch die Strukturen des gegenwärtigen Universums. Ihrer Interpretation nach wäre der Kosmos ohne diesen Vorgang weitaus weniger organisiert und würde wahrscheinlich auch kein Leben auf der Erde erlauben.
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Die neuen Ergebnisse stammen von einer neuen und detaillierteren Analyse von Bildern des Boomerang-Experiments (Balloon Observations of Millimetric Extragalactic Radiation and Geophysics).
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Boomerang
1998 ließ die Gruppe um Paolo de Bernadis von der Universität Rom das italienisch-britisch-amerikanische Ballonsystem "Boomerang" rund zehn Tage lang knapp 40 Kilometer über der Antarktis fliegen. Das Mikrowellen-Teleskop kartierte dabei mit hoher Auflösung die kosmische Hintergrundstrahlung, die an jedem Ort gleichförmig aus allen Richtungen kommt. In diesem Urknall-Echo fanden die kosmischen Kartografen winzige Unregelmäßigkeiten, die sich in früheren Messungen anderer Gruppen bereits angedeutet hatten.
->   Boomerang
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Materie und Licht verdichten
Vor einem Jahr wurden die ersten Bilder publiziert. Doch seither hatten Astronomen Gelegenheit zu einer eingehenderen Analyse.

"Das frühe Universum ist voller Schallwellen, die Materie und Licht komprimieren und verdichten, ähnlich wie in einer Flöte oder Trompete", erklärte der Italienische Leiter des Forschungsteams, Paolo deBernardis. "Zum ersten Mal zeigen die neuen Daten die Harmonie dieser Schallwellen."

Die Astronomie geht derzeit davon aus, dass das Universum vor rund 14 Milliarden Jahren bei einer Explosion entstand, die gemeinhin als Urknall bekannt ist.
Harmonische Gipfel: Variationen der Hintergrundstrahlung
Die Forscher sind der Meinung, dass diejenigen Strukturen, die zur Zeit des Urknalls vorhanden waren, heute noch schwache Spuren hinterlassen würden. Diese können als sehr schwache Variationen in der Hintergrundstrahlung wahrgenommen werden.

Boomerangs Bilder weisen Hunderte komplexe Regionen auf, die als winzige Variationen der Intensität der Hintergrundstrahlung sichtbar sind. Die neuen Analysen enthalten erstmals Hinweise auf eine Regelmäßigkeit der intensiveren Stellen - so genannte harmonische Gipfel.

Diese harmonischen Gipfel untermauern die Theorie, dass das Universum aus einer winzigen subatomaren Region während einer Periode heftiger Expansion ein Sekundenbruchteil nach dem Großen Knall entstand.
Nicht nur den Ton, auch das Instrument bestimmen
"Auf dieselbe Weise, wie der Unterschied des harmonischen Inhalts es uns ermöglicht, zwischen dem Laut einer Trompete und dem einer Flöte zu unterscheiden, die den selben Ton spielen, ermöglichen uns die Details der harmonischen Zusammensetzung in der Hintergrundstrahlung, die detaillierte Natur des Universums zu verstehen", meint Barth Netterfield von der kanadischen University of Toronto.

In der ersten Datenveröffentlichung im April letzten Jahres konnte das Boomerang-Team lediglich einen harmonischen Gipfel ausmachen. Jetzt haben sie drei. Und, um bei der musikalischen Analogie zu bleiben, inzwischen können sie nicht nur unterscheiden, welcher Ton gespielt wird, sondern auch welches Instrument ihn spielt: "Wir beginnen die Musik der Entstehung des Alls zu hören", meint Andrew Lange vom California Institute of Technology in Pasadena.

Die bisherigen Bilder decken etwa drei Prozent des Himmels ab. Die Wissenschaftler planen eine weitere Aktion in der Antarktis in naher Zukunft. Diesmal wollen sie noch zartere Strahlungen aufzeichnen, die in der Polarisation der kosmischen Hintergrundstrahlung verschlüsselt vorliegen.

(AP/dpa/BBC/red)
 
 
 
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01.01.2010