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Betrug mit Studie über Brustkrebs  
  Das "Journal of Clinical Oncology" hat erstmals in seiner 18-jährigen Geschichte eine bereits veröffentlichte Studie zurückgezogen: Die Daten haben sich als gefälscht herausgestellt.  
Vor sechs Jahren hatte das Wissenschaftsmagazin über eine erfolgversprechende Behandlungsmethode im Kampf gegen Brustkrebs berichtet: Demnach hat der südafrikanische Arzt Werner Bezwoda an Brustkrebs erkrankte Frauen zunächst mit der "hochdosierten Chemotherapie" (HDCT) behandelt und anschließend die zerstörten blutbildenden Zellen mittels Knochenmarktransplantation ersetzt.
95-prozentiger Erfolg
Laut seiner Untersuchung hätten 95 Prozent der Patientinnen auf diese Behandlungsmethode gut angesprochen. Bei der herkömmlichen Therapie sollen es hingegen nur 53 Prozent gewesen sein.
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Die hochdosierte Chemotherapie
ist in den 80er Jahren zur Behandlungen von Brustkrebs in unterschiedlich weit fortgeschrittenen Stadien entwickelt worden. Erste Untersuchungen ließen darauf schließen, dass diese Methode der herkömmlichen Therapie überlegen sei. In den 90er Jahren wurden deshalb in verschiedenen Ländern Versuchsreihen zu diesem Thema gestartet.
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Wirkung nicht belegt
Allerdings ist Bezwodas Studie bislang die einzige, die den Nutzen einer hochdosierten Chemotherapie eindeutig belegt haben will.

Andere Untersuchungen lassen vermuten, dass man damit keine besseren Ergebnisse erzielen kann, als mit der herkömmlichen Chemotherapie.

Vielmehr sei mit starken Nebenwirkungen zu rechnen, hieß es: mit Erbrechen, Infektionen, Blutungen, Organversagen und entzündete Mundschleimhäute, die es unmöglich machen etwas zu essen.
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Bezwoda bereits einmal überführt
Bereits 1999 war Bezwoda eine wissenschaftliche Fälschung nachgewiesen worden. Damals wurde jedoch noch rechtzeitig verhindert, dass seine "Studie" zu einem ähnlichen Thema veröffentlicht wird. Der Arzt wurde darauf hin von der University of the Witwatersrand in Johannesburg entlassen.
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Neue Untersuchungen gegen den Arzt
Im Mai vergangenen Jahres hat die American Society of Clinical Oncology (ASCO), die auch das Journal herausgibt, eine eigene "task force" eingerichtet, die die klinische Forschung überprüfen soll. Und dieser Einrichtung ist es schließlich auch gelungen, Bezwoda erneut der Lüge zu überführen.

Der Mediziner hatte angegeben, nach dem Zufallsprinzip 90 Patienten für seinen Versuch ausgesucht und behandelt zu haben. Im Krankenhaus von Johannesburg hat die "task force" mehr als 15.000 Krankengeschichten überprüft, um möglichst viele dieser Patienten ausfindig zu machen.
Ernüchterndes Ergebnis
Das Ergebnis war ernüchternd: Nur 61 der 90 Patientinnen konnten aufgespürt werden und in nur 27 dieser Fälle waren die Krankengeschichten ausreichend dokumentiert. Viele der Frauen haben darüber hinaus nicht die in der Studie beschriebene Behandlung erhalten.
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Auch Todesfälle?
In dem von Bezwoda veröffentlichten Bericht wird behauptet, dass keine der Patientinnen in Folge der hochdosierten Chemotherapie gestorben sei. Die Prüfer halten jedoch fest, dass sie zumindest auf drei Krankengeschichten gestoßen seien, wo dies doch der Fall sein könnte.
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Schlussfolgerung
Der Untersuchungsausschuss kam zu dem Ergebnis, dass sich die mehrfach veröffentlichte Studie auf nicht verifizierbare Daten stütze. Darüber hinaus enthielten neun Publikationen Bezwodas zu weiterführenden klinischen Tests zumindest eine grobe Unwahrheit.
Tiefe Betroffenheit
"Bezwoda hat uns alle hinters Licht geführt", zeigte sich Larry Norton, Präsident der American Society of Clinical Oncology, betroffen. Viele Ärzte hätten die veröffentlichten Daten zum Anlass genommen, bei krebskranke Frauen die Chemotherapie höher zu dosieren.

Mit dem Zurückziehen des Artikels wolle man jetzt sicherstellen, dass man sich nicht länger auf diese Daten beziehen könne.
->   Journal of Clinical Oncology
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->   Fälschungen in der Wissenschaft
 
 
 
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01.01.2010