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Lernen im Schlaf  
  Wer Gelerntes auf Dauer im Gehirn "speichern" will, der sollte sich vor allem auf eines konzentrieren: ungestörten Schlaf im Anschluss. Zumindest für Katzen konnten Forscher dies nun belegen - und entdeckten zudem, dass offenbar die Tiefschlafphase dafür am wichtigsten ist.  
Ob menschlicher oder tierischer Nachwuchs, die Kleinen brauchen bis zu drei mal mehr Schlaf als ihre schon "ausgewachsenen" Eltern.

Wissenschaftler der University of California (San Francisco) untersuchten nun, was im Gehirn junger Katzen während solcher Schlafphasen vor sich geht - und gelangten zu überraschenden Ergebnissen, die sie in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Neuron veröffentlichten.
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Frank, M. G., Issa, N. P. & Stryker, M. P.
"Sleep enhances plasticity in the developing visual cortex."
Neuron 30, 1-20 (2001).
->   Neuron
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Katzen lernen von der Umwelt
Katzen lernen von ihrer Umwelt. Sie nehmen beständig neue Eindrücke auf und das Gehirn von jungen Katzen entwickelt sich besonders schnell.

Die Wissenschaftler aus dem Sunshine-State untersuchten also die neuronalen Veränderungen im Gehirn von jungen Katzen mittels eines Vergleichstests, bei dem junge Katzen starken optischen Reizen ausgesetzt wurden.

Dabei stellte sich heraus, dass bei Katzen, die im Anschluss an eine Reizphase schliefen, die Veränderungen des Nervengewebes doppelt so stark waren, wie bei Katzen, die wach blieben. Ihr Gehirn hatte sich im Schlaf sehr viel stärker neustrukturiert.
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Anschließende Ruhephase bewirkt hohe Nervenaktivität
Die Forscher verschlossen jeweils ein Auge der Kätzchen (wodurch das offene Auge besonders empfindlich auf visuelle Eindrücke reagierte) und setzten sie optischen Reizen aus. Danach hielten sie alle Tiere über sechs Stunden wach. Die Hälfte der Tiere durfte im Anschluss daran schlafen. Ein Viertel der Katzen wurden im Dunkeln wach gehalten, der verbleibende Rest im Hellen. Anschließend untersuchten die Wissenschaftler, ob und wie sich das Nervengefüge im Gehirn verändert hatte: Bei den Kätzchen, die nach der Reizphase ruhen durften, stellten sie eine besonders hohe Nervenaktivität der Hirnrinde fest. Die Veränderungen des neuronalen Gewebes waren doppelt so stark, wie bei der Vergleichsgruppe.
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Überraschend: Tiefschlafphase ist Lernphase
Überraschend war auch ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Neustrukturierung der Nerven passierte offenbar genau in der Phase, in der das Gehirn am wenigsten aktiv ist - der Tiefschlafphase. Ältere Studien hatten zumeist die so genannte REM-Phase als wahrscheinlichste Zeit des nächtlichen "Lernens" angenommen.
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REM-Phase: rapid eye movement
REM bedeutet rapid eye movement. Dieses Schlafstadium kennzeichnet die Phase der intensivsten Träume. Es kommt hier zu schnellen unkontrollierten Augenbewegungen. Alle anderen Muskelgruppen aber sind blockiert. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass man in Träumen während der REM-Phase häufig das beängstigende Gefühl verspürt, sich nicht bewegen zu können.
->   Society for Neuroscience: REM Sleep
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Noch letztes Jahr wurde - ebenfalls von Forschern der University of California (San Diego) - eine Studie veröffentlicht, die die REM-Phase als die Lernphase während des Schlafes zu bestimmen glaubte.
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Die Gehirnströme von Probanden waren während eines Tests und während einer darauf folgenden Schlafphase mit Hilfe eines Positron-Emissions-Tomographen (PET) beobachtet worden. Dabei zeigten sich die gleichen Muster an Gehirnströmen in der Lern- und in der REM-Phase. Die Wissenschaftler nahmen daher an, dass das Memorieren des gerade Gelernten auch in dieser Phase stattfindet. Die damaligen Ergebnisse waren als Studie im Magazin "Nature Neuroscience" erschienen.
->   Nature Neuroscience
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Chemische Signale als Auslöser
Möglicherweise seien es bestimmte chemische Stoffe, die nachts das Gehirn durch Stimulation von Nerven verändern, sagt Michael Stryker, ein Autor der neuen Studie. Er glaubt, dass solche nächtlichen chemischen Signale eine entscheidende Rolle spielen beim festigen und vertiefen der Eindrücke des Tages.

Ob und wie weit solche Erkenntnisse auf den Menschen und auf andere Formen des Lernens umgelegt werden können, ist noch nicht erforscht. Die Wissenschaftler glauben jedoch, dass auch hier die Ergebnisse eines Lernprozesses erst durch den anschließenden Schlaf gefestigt werden.

(red)
->   University of California (San Francisco)
->   University of California (San Diego)
 
 
 
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01.01.2010