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"Super-Stammzelle" entdeckt  
  US-Forscher haben im Knochenmark von ausgewachsenen Mäusen Stammzellen entdeckt, die ähnliche Eigenschaften aufweisen wie die vieldiskutierten embryonalen Stammzellen: Sie könnten sich als "Reparaturmaterial" für Organe eignen.  
Wissenschaftler der Universität von New York, der Yale
University (New Haven/US-Bundesstaat Connecticut) und der Johns Hopkins Universität (Baltimore) haben im Knochenmark von Mäusen Stammzellen entdeckt, die offenbar zu jeglichen im Organismus vorkommenden Zellen ausreifen können.
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Das teilen die Fachleute in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Cell" mit, die am 4. Mai erschienen ist.
->   Cell
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Die neu entdeckten Stammzellen könnten der Durchbruch sein bei der Suche nach universell verwendbaren Zellen zum Nachzüchten von menschlichem Gewebe oder von Organen. Ein Vorteil: Aus Embryonen gewonnene Stammzellen könnten unnötig werden.
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Stammzellen
Stammzellen gelten derzeit als eines der viel versprechendsten Forschungsfelder der Biomedizin. Beim so genannten therapeutischen Klonen wird im Reagenzglas (in vitro) aus einer menschlichen Eizelle der Zellkern entfernt und durch den Zellkern eines fremden Menschen ersetzt. Anschließend wird die Eizelle elektrisch stimuliert und beginnt sich zu teilen. Aus dem so entstehenden Zellhaufen lassen sich embryonale Stammzellen gewinnen. Bisher glaubte man, dass dies die einzigen Zellen seien, aus denen sich möglicherweise neue Organe züchten ließen: Die Wissenschaftler hoffen, aus den Stammzellen Gewebe und Organe etwa für Nieren- und Leberkranke sowie Herz- und Alzheimerpatienten züchten zu können. So ließe sich nach Bedarf Zell- oder Organersatz erzeugen, ohne auf Transplantationen zurückgreifen zu müssen. Stammzellen könnten jedoch auch als Basis für die Schaffung menschlicher Klone dienen und sind daher heftig umstritten.
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Flexible Stammzellen auch bei Erwachsenen
"Man hat gedacht, dass nur Stammzellen aus Embryonen ein derart großes Potenzial haben. Doch unsere Untersuchung bedeutet den bisher stärksten Hinweis, dass auch der Erwachsene in seinem Körper Zellen in sich birgt, die genau so flexibel wie Stammzellen aus Embryonen sind", erklärte Neil Theise, Pathologe an der Universität New York.
Heilungschance für viele Krankheiten
Der Traum der modernen Stammzell-Technologie: Das Nachzüchten beliebiger Zellen. Damit könnte beispielsweise bei Parkinson-Kranken der Verlust an Dopamin-produzierenden Zellen im Gehirn ausgeglichen werden. Bei Diabetikern könnte der Mangel an Insulin-bildenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse kompensiert werden.
Untersuchung von Mäuse-Knochenmark
Die US-Wissenschaftler durchsuchten das Knochenmark von erwachsenen männlichen Labormäusen nach möglichst wenig ausgereiften Stammzellen.

Nach einer Filterung per Zentrifuge schieden sie alle reiferen Zellen durch die Anwendung von bestimmten Antikörpern aus. Dann färbten die Fachleute auch noch die übrig gebliebenen Zellen mit fluoreszierender Farbe.

Jene, die am besten leuchteten - offenbar solche, die sich noch nie geteilt hatten -, wurden für das nächste Experiment verwendet.
Überraschendes Ergebnis
Bei weiblichen Labormäusen zerstörten die Wissenschaftler daraufhin das Knochenmark durch Bestrahlung. Dann erhielten die Tiere jeweils eine der "männlichen" Stammzellen injiziert.

Nach elf Monaten ließ das Resultat die Wissenschaftler stutzig werden: Die Nachkommenschaft der männlichen Stammzellen wurde im Blut und im Knochenmark der weiblichen Mäuse gefunden.

Doch die Charakteristika der männlichen Stammzellen fanden sich auch in der Lunge, in der Speiseröhre, im Magen, im Dünn- und im Dickdarm sowie in der Leber und in der Haut.
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Zellen in diesen Gewebearten der weiblichen Mäuse trugen alle das männliche Y-Chromosom, das eindeutige Merkmal ihrer Herkunft aus der ursprünglichen männlichen "Super-Stammzelle".
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"Es ist wirklich erstaunlich, dass es in unserem Knochenmark noch Zellen gibt, die zu so unterschiedlichen(spezialisierten, Anm.) Bestandteilen von Organen wie das Blut, die Lunge, der Darmtrakt oder die Haut werden können", so Dr. Diane Krause von der Yale-Universität.
Der (kleine) Haken...
Allerdings müssen die Stammzell-Forscher jetzt erst einmal jene Reize entdecken, die jeweils spezifisch Stammzellen zur Entwicklung in die einzelnen Gewebetypen veranlassen. Nur mit solchen "Kochrezepten" ließe sich die Nachzüchtung von Zellen und Organen verwirklichen.

(APA/red)
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01.01.2010