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Die ersten Gentech-Babys wurden geboren  
  Die weltweit ersten Babys mit künstlich veränderten Genen sind in den USA auf die Welt gekommen. Mindestens zwei von ihnen haben biologisch betrachtet zwei Mütter und einen Vater.  
Mix von Eizellen-Materialien
Bis zu 30 Babys seien mit Erbgut geboren worden, das zum Teil nicht von ihren Eltern stamme, 15 davon nach einer neuen Behandlungsmethode am Institut für Reproduktiv-Medizin und Forschung in St. Barnabas im US-Bundesstaat New Jersey.

Ihre Mütter seien wegen Unfruchtbarkeit mit dieser besonderen Therapie behandelt worden, bei der ihren Eizellen Material aus Eizellen von Spenderinnen eingesetzt wurde. Die 15 Kinder seien allesamt gesund. Dies berichteten das "Journal of Human Reproduction" und der britische Rundfunksender BBC.
->   Die Original-Meldung im Journal of Human Reproduction
Mitochondrien transplantiert
Die amerikanischen Forscher glauben, dass die Unfruchtbarkeit einiger Frauen auf Defekte ihrer Mitochondrien, den "Kraftwerken" der Zellen, zurückzuführen ist.

Bei der "Ooplasmatischer Transfer" genannten Behandlungsmethode wurden daher Mitochondrien von Spenderinnen transplantiert.
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Mitochondrien
Mitochondrien sind Zellorganellen, deren wichtigste Funktion die Energiegewinnung bei der Zellatmung ist. Da sie sich in der Zelle bewegen und so zu Orten des Energiebedarfs gelangen, bezeichnet man sie als "fahrende Kraftwerke der Zelle". Mitochondrien enthalten ihre eigene DNA, in der Erbgut gespeichert ist. Die mitochondriale DNA (mtDNA) wird ausschließlich vom Mutter zum Kind vererbt und entgeht dem üblichen Chromosomen-Austausch. Das im Zellkern gespeicherte Erbgut kommt mit den Mitochondrien nicht in Kontakt.
->   Mehr über Mitochondrien
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Ooplasmatischer Transfer
Der Ooplasmatische Transfer ähnelt der weltweit praktizierten künstlichen Befruchtung, hat aber einen großen Unterschied. Die Wissenschaftler verwenden dabei Eizellen von unfruchtbaren Frauen, schleusen aber dann Genmaterial von weiblichen Spendern in diese Zellen ein - und zwar nicht in den Zellkern, sondern in die Mitochondrien.

Dann kommt die Samenzelle des Vaters dazu - in etwa 50 Prozent der Fälle war das Ergebnis des Versuchs eine erfolgreich verlaufende Schwangerschaft. Von den Kindern, die auf diese Art und Weise künstlich gezeugt wurden, tragen zwei jetzt Mitochondrien ihrer Mutter und der Eispenderin in den Zellen, stammen also biologisch gesehen von zwei Müttern ab.
Expertenstreit
Die Behandlungsmethode wurde in ersten Reaktionen von einer Reihe von Wissenschaftlern heftig kritisiert. Sie könne den Anfang darstellen für das Schreckgespenst gentechnisch modellierter "Design-Babys". Die Methode ist in zahlreichen Ländern, darunter auch Österreich, verboten.

Der Wiener Experte Johannes Huber von der Universitäts-Frauenklinik hingegen warnte, die Entwicklung der Medizin auf diesem Sektor zu ignorieren. "Wir können und dürfen nicht mehr die Augen vor den Leistungen und vielen Möglichkeiten der Medizin verschließen, wir müssen Vorwarnsysteme entwickeln", sagte der Forscher im Mittagsjournal des ORF-Radio.

Huber ist Vorsitzender der Bioethik-Kommission, die von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel als "Frühwarnsystem" für neue wissenschaftliche Entwicklungen eingerichtet wurde. Der Gynäkologe betonte, dass man vorbereitet sein müsse auf die "großen und nicht mehr überschaubaren Dinge, die auf uns zukommen".
Kein Einfluss auf Erbgut der Babys?
Ein Sprecher des Instituts in St. Barnabas bezeichnete die veröffentlichten Berichte der BBC mittlerweile als "verwirrend". Bestimmte Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden und nicht exakt.

Die angewandte Technik habe mit der Schaffung von Babys mit künstlich veränderten Genen nichts zu tun. Der Teil der veränderten (mitochondrialen) DNS habe keine bekannte Funktion.

Es seien letztlich keine Gene oder Genome verändert worden, die auf die Entwicklung der Kinder Einfluss hätten. Die implantierten Gene seien vielmehr Mitochondrien von Spenderinnen entnommen. Sie hätten ihre eigene DNS, die mit dem im Zellkern gespeicherten Erbgut nicht in Kontakt trete.

(APA/Reuters/afp/red)
->   Instituts für Reproduktiv-Medizin und Forschung in St. Barnabas
->   Journal of Human Reproduction
 
 
 
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01.01.2010