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Zukunft Europas  
  Die bevorstehende EU-Erweiterung, aber auch aktuelle Fragen wie Lebensmittelsicherheit, Migration, Standortpolitik und Arbeitsplätze machen das "Projekt Europa" wieder zu einem spannenden Diskussionsthema.  
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Illusionen, Chancen, Realitäten
Bei dem 14. Internationalen Ö1-Zukunftssymposion, das heute um 16.30 Uhr im RadioKulturhaus eröffnet wird, geht es um die Frage, wie Probleme nachhaltig zu lösen sind, die Europas Bürger unmittelbar betreffen.

Symposion "Zukunft Europas"
9. und 10. 5.
RadioKulturhaus, Argentinierstraße 30 A, 1040 Wien
Beginn: jeweils 16.30 Uhr
Eintritt frei

In Kooperation mit der Vertretung der Europäischen Kommission in Wien, Industriellenvereinigung Wien, ÖGB/AK, "Kurier", Institut für den Donauraum und Mitteleuropa.

Auskünfte: Ö1-Servicenummer 01 501 70 371
->   Programm des Symposions
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Europäische Hoffnungsgebiete
Die Länder Mittel- und Osteuropas sind als EU-Beitrittskandidaten nicht Bittsteller, sondern stellen ein wirtschaftliches Hoffnungsgebiet dar. Die neuen Etappen der europäischen Integration sind aber auch eine Chance für das politische, gesellschaftliche und kulturelle Selbstverständnis Europas.

Die geplante Erweiterung der Europäischen Union wirft deshalb grundsätzliche Fragen auf: Wie wird es um die Verfassung, aber auch um das Selbstverständnis und die Vielfalt Europas, um seine Identität und seine Identitäten in Zukunft bestellt sein?
Ein europäisches Volk?
Europa ist nicht nur eine wirtschaftliche und politische Realität, sondern auch ein kollektiver imaginärer Entwurf. Deshalb könnte auch die Entwicklung eines europäischen ¿Wir-Gefühls¿ zu einer Schlüsselfrage der Zukunft Europas werden.

Europa hat sich historisch leichter gegen etwas als für etwas zusammenschließen können. Die Frage des europäischen Zusammenhaltes ist deshalb auch eine Frage der Solidarität. Nach innen wie nach außen. Die Öffnung der Grenzen und die Etappen der Erweiterung stellen diese solidarische Form der Integration vor eine neue Prüfung.
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Einheit und Vielfalt
Die Geschichte der europäischen Kultur hat sich immer in der Spannung von Einheit und Vielfalt entwickelt. Das wird auch für die künftigen "Geschichten¿ und Entwürfe Europas zutreffen, wie der Historiker Hagen Schulze meint: ¿Europäische Identität wird sich im Hinblick auf die Zukunft leichter denken lassen, wenn das Prinzip der Vielfalt und Vielheit positiv-konstruktiv akzeptiert wird, als förderlich und nicht als hinderlich angesehen wird.¿
->   Jens Reich: Europa - aber welches?
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Wiederkehr des Nationalstaates?
Wirtschaftliche und politische Integrationserfolge können nicht verdecken, dass das Prinzip des Nationalstaates weiterhin seine Rechte behauptet. Nationalismus und separatistische Bewegungen stellen nicht nur an den Rändern Europas Konfliktpotenziale dar.

Wobei auch in Westeuropa neue nationale und regionale Ambitionen den Prozess der europäischen Einigung verlangsamen. Dadurch wird es nicht gerade einfacher, ein gemeinsames politisches Konzept gegenüber den Beitrittsländern zu entwickeln.
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Geistiges Europäertum
¿Immer ist über dem geographischen Europa, seit seine Völker zur Kultur erwacht sind, ein geistiges sichtbar, immer erhebt eine andere Art der Kunst, der Wissenschaft das vielfarbige Banner der Einheit¿, schrieb Stefan Zweig in seinem 1932 erschienen Essay ¿Der Europäische Gedanke in seiner historischen Entwicklung¿.

Der hier beschworenen Form des geistigen Europäertums stand in der Geschichte der Europa-Diskurse auch ein Reden über Europa gegenüber, das nicht selten zum Gerede verkam, wie Hans Magnus Enzensberger bissig bemerkte: ¿Auf dem ideologischen Drogenmarkt wird ein Präparat namens Europa herumgereicht, als wäre es das Amphetamin der neunziger Jahre."
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Innere Widersprüche
Die erwünschte Wirkung der rhetorischen ¿Europa-Droge¿ stellte sich aber nicht automatisch ein. Die inneren Widersprüche Europas bleiben deutlicher denn je bestehen:

Ein Europa zwischen Illusionen, Chancen und Realitäten. Ein Kontinent der Vielfalt, der sich nicht ¿wie ein Großkonzern von einer Zentrale steuern lässt¿, sondern auch im globalen Wettbewerb seine Chance ¿in der reichen Artikulation seiner Gesellschaftsformen, in seiner Komplexität und in seinem Reichtum an Überlieferungen, Haltungen und Qualifikationen¿ (H.M. Enzensberger) suchen müsse.
Europa - ein globales Dorf?
Unterschiedliche Kultur- und Wissenschaftstraditionen bleiben auch dort erhalten, wo die europäischen Gesellschaften in wesentlichen Bereichen einander immer ähnlicher werden.

Zu dieser überwiegend positiv wahrgenommenen Vereinheitlichung haben viele Faktoren beigetragen: eine Angleichung der Beschäftigungsstrukturen ebenso wie ein Ausgleich des Bildungsgefälle zwischen Nord und Süd, Reich und Arm sowie die Entstehung europäischer Stadtkulturen, der Ausbau des Wohlfahrtsstaates, die Informations-Revolution in globalen Netzwerken und nicht zuletzt auch der Massentourismus.
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Europa der Sprachen
Europa musste sich aber auch ein ¿Jahr der Sprachen¿ verordnen, um das Bewusstsein zu fördern, dass (sprachliche) Vielfalt nicht nur ein Übersetzungs- und Verwaltungsproblem darstellt, sondern eine Chance: für die Entfaltung des Einzelnen, für den Bau von Brücken zwischen europäischen Gesellschaften, für Wirtschaftsstandorte und Wissensbezirke.

Für den europäischen Dialog und die europäischen Dialoge mit den bekannten und den neuen Nachbarn ist allerdings auch an den Satz des spanischen Schriftstellers und KZ-Häftlings Jorge Semprun zu erinnern: ¿Nicht Sprache ist meine Heimat, sondern das, was gesprochen wird.¿
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Vergangenheitsbewältigung
Das größte Hindernis für ein starkes europäisches Identitätsgefühl liegt immer noch bei den Europäern selbst. Diese erkennen sich, wie der Soziologe Edgar Morin betont hat, immer noch in erster Linie in ihren nationalen Geschichten wieder:

¿Die Gemeinschaft einer Nation schöpft aus einer langen Vergangenheit, die reich ist an Erfahrungen und Prüfungen, Leid und Freude, Niederlagen, Siegen und Ruhm, die in jeder Generation, jedem Individuum durch Elternhaus und Schule weitervermittelt und von ihm tief verinnerlicht werden.¿
Europa - mehr als die Summe seiner Teile
So bleibt es wahrscheinlich nach wie vor eine Schlüsselfrage für die ¿Zukunft Europas¿, dass die Europäer, wie der Historiker Schulze meint, ihren Kontinent vor lauter Nationen nicht wahrnehmen.

Und vielleicht ist es nach wie vor so, dass Europa, wenn man es als Ganzes und nicht als Summe seiner Teile begreift, immer noch ein unentdeckter Kontinent ist. Und könnte man dann nicht auch behaupten, dass die Europäer erst lernen müssen, Europa zu denken und anzuerkennen, damit es Wirklichkeit werden kann?


Martin Bernhofer, science-Redaktion

Planung und Koordination Ö1-Zukunftssymposien:
E-Mail: symposien@orf.at
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Berichte über das Symposion
science.orf.at wird in den kommenden Tagen ausführlich über das Zukunftssymposion berichten.

Im Programm Österreich 1:
Berichte in "Wissen aktuell", Ö1-Journalen,
"Dimensionen" , 10. 5.,
"Europajournal", 11.5.

In Alpha Österreich (ORF-Programmfenster von BR-alpha), am 25. 5., 22.00 Uhr
->   Radio Österreich 1
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Die Ö1- Zukunftssymposien werden in Kooperation mit der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, der Industriellenvereinigung Wien, ÖGB/AK und dem KURIER veranstaltet.

Veranstaltungspartner von "Zukunft Europas" ist das
Institut für den Donauraum und Mitteleuropa
->   Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich
->   Industriellenvereinigung Wien
->   Arbeiterkammer
->   ÖGB
->   KURIER
->   Institut für den Donauraum und Mitteleuropa
->   Homepage von ALPHA Österreich (BR alpha)
Im Rückblick. Programme und Dokumentation der Ö1-Zukunftssymposien des Jahres 2000.
->   Ö1-Zukunftssymposien
 
 
 
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01.01.2010