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Die Größe macht's  
  Große Männer haben offenbar im Durchschnitt mehr Kinder als ihre kleineren Geschlechtsgenossen. Der Grund: Sie haben mehr Ehefrauen.  
Große Männer haben mehr Kinder als kleine Männer. Das sei eine Folge davon, dass sie mehr Ehefrauen hätten, so meldete der New Scientist am Donnerstag.
West Point-Absolventen als Studienobjekte
Das Wissenschaftsmagazin beruft sich dabei auf eine neue deutsch-amerikanische Studie, die ehemalige Absolventen der Militärakademie West Point als Probanden hat.

Ulrich Müller von der Universität Marburg und sein Kollege Allan Mazur von der Syracuse University, New York, untersuchten eine Gruppe von Männern, die 1950 an der Akademie graduiert hatten.
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Evidence of Unconstrained Directional Selection for Male Tallness
So der Originaltitel der Studie. Teilnehmer waren etwa 330 ehemalige West Point-Absolventen, die nach ihrem Abschluss 1950 alle im Militär verblieben. Zur damaligen Zeit lagen die Minimal- bzw. die Maximalgröße der Absolventen bei 1,57 und 1,98 Metern. Die Soldaten waren in West Point gemäß ihrer Größe 12 verschiedenen Kompanien zugeordnet worden, da man in der Akademie ein einheitliches Bild bei Paraden bevorzugte. Somit verglichen die Wissenschaftler nicht auf Grund von tatsächlicher Größe, sondern gemäß der Einteilung der Akademie: unterteilt wurde also in 12 Einheiten, sozusagen von "am kleinsten" bis hin zu "am größten".
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Mehr Nachkommenschaft bei den Großen
Sie fanden heraus, dass die großen Männer aus dieser Gruppe mehr Nachkommenschaft gezeugt hatten - ganz egal, welchen militärischen Rang sie innehatten.

Auch seien ihre (ersten) Ehen häufiger geschieden worden, und sie hätten sich zudem häufiger wiederverheiratet. Im Durchschnitt seien ihre zweiten Frauen zudem jünger gewesen, als die erste. Was vermutlich auch wesentlich zu der Tatsache beigetragen hat, dass sie mehr Kinder zeugten.
Evolutionärer Trend?
Das, so die beiden Wissenschaftler, könnte zu einem evolutionären Trend führen: in Richtung immer größerer Männer. Denn Größe sei zu 90 Prozent eine Sache der Gene.

Tatsächlich gibt es bereits eine ganze Reihe anderer Studien, die sich mit dem Thema "Größe" beschäftigen. In aller Regel wird dabei die Relation zwischen männlicher Größe und Einkommen oder eben auch Kinderzahl untersucht.
Was genau ist ausschlaggebend?
Diese Studien kommen fast alle zum gleichen Ergebnis: Größe bedeutet höheres Einkommen, mehr Ehen und mehr Kinder.

Bislang war jedoch ein Punkt dieser Argumentation strittig: Wenn große Männer im Durchschnitt ein höheres Einkommen haben, dann können auch sozio-ökonomische Gründe bei den Mehrfach-Ehen bzw. bei der höheren Kinderzahl eine Rolle spielen.

In anderen Worten: hat ein Mann mehr Geld, dann kann er sich eine Scheidung und Wiederverheiratung eher leisten, als ein schlechter Verdienender. Und auch Kinder lassen sich in größerer Zahl "finanzieren".
Geld ausgeklammert
Solche Faktoren, so Mazur, könne man jedoch bei der neuen Studie ausklammern. Denn die Unterschiede in Rang und Einkommen seien bei den 330 Probanden nicht signifikant genug, um beachtet zu werden.
Größe ist universell attraktiv
Mazur zieht aus den statistischen Ergebnissen vor allem eine Schlussfolgerung: "Je attraktiver ein Mann ist, desto mehr Chancen werden ihm geboten, seine (erste Anm.) Ehe zu 'zerstören'", meint er. Und Größe sei wohl sozusagen universell attraktiv. Warum dies so ist, darauf weiß er jedoch auch keine Antwort.
Die Evolution ist am Werk
John Lazarus, Mitglied der Evolution and Behaviour Research Group der Universität von Newcastle upon Tyne, sieht diese Frage im "evolutionsbiologischen Licht": Dass Frauen eine Vorliebe für große Männer hätten, sei vermutlich ein Überbleibsel unserer Vorfahren, zitiert ihn der New Scientist.
Der Club für die Großen
Es gibt übrigens auch einen eigenen Club für große Menschen, den Tall Club bzw. die Vereinigung der Tall Clubs International mit diversen Sub-Organisationen.
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Tall Clubs
Der erste Tall Club entstand schon 1938 als Folge eines Zeitungsartikels in Los Angeles. Ziel des Vereins war es zunächst, eine Art Sozial-Netzwerk für große Menschen zu bieten. Doch auch Kampagnen für Bekleidung, Schuhe und Möbel speziell für große Leute wurden in Folge geführt. Weitere Clubs entstanden und schlossen sich 1967 zu den Tall Clubs International zusammen. Diese Organisation umfasst allerdings nur Vereinigungen in den USA und Canada. Doch für Interessierte hierzulande: es gibt auch in Europa mittlerweile einige Clubs für große Leute. Jedoch noch keinen - soweit der Redaktion bekannt ist - in Österreich.
->   Tall Clubs International (mit Links auch zu europäischen Tall Clubs!)
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Kritik aus dem Tall Club
Ein Mitglied solch eines Vereins, Dan Terp vom Tall Club of New York City, sieht die Studie jedenfalls relativ kritisch: Er sei sehr skeptisch, ob große Männer tatsächlich häufiger "mehrfach-heirateten".

Laut Terp gäbe es nämlich nicht so viele Scheidungen bei den Leuten seines Tall Clubs. Aber möglicherweise fehlt Mr. Terp ja auch einfach der Vergleich.

Ulrich Müller und Allan Mazur wollen die Ergebnisse ihrer Studie jedenfalls veröffentlichen: in einer der kommenden Ausgaben des Magazins Behavioural Ecology and Sociobiology.

(red)
->   Behavioural Ecology and Sociobiology (kostenpflichtig)
 
 
 
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01.01.2010