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Europa wird erwachsen  
  Zum ersten Mal wird die Gestaltung des sicherheitspolitischen Umfelds zu einer dauerhaften Aufgabe der Europäischen Union, meinte Wolfgang Hager zum Abschluss des Ö1-Symposiums "Zukunft Europas". Denn mit der Erweiterung nach Osten werde Russland zum nächsten Nachbarn.  
Bislang war der außenpolitische Handlungsbedarf begrenzt und bestand vornehmlich in einer wirtschaftlichen Funktion: die Schnittstelle zwischen gemeinsamem Markt und den Drittländern zu gestalten. Wichtige sicherheitspolitische Fragen hingegen wurden in der Allianz gelöst.
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Wolfgang Hager
ist Mitglied am Centre for European Policy Studies in Brüssel. Er lehrte in den USA, Italien und der Schweiz. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die ökonomischen Bedingungen des Übergangs zur Marktwirtschaft, die Politik der EU und die EU-Erweiterung. Er ist Gründungsmitglied und Direktor des 1992 gegründeten European Centre for Infrastructure Studies in Rotterdam.
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Die Folgen der Erweiterung
Zwar sei die Erweiterung nach Osten ein an sich schon politischer Akt. Doch von Interesse sind die Folgen, die sich daraus ergeben.

Achtzig Prozent der europäischen Außenpolitik drehen sich um den Angelpunkt der neuen Nachbarschaft zu Russland, meinte Hager. Darin seien schon die Beziehungen zu den USA mitbedacht wie auch das Verhältnis zum Islam.

Es komme nun darauf an, Russland aus einer neuen Axis mit China herauszuhalten -, aus dem sich abzeichnenden neuen Kalten Krieg zwischen China und den USA. Und zu verhindern, dass es zu einer russisch-chinesischen Achse komme, die sich wie früher auf eine autoritäre Regierungsform stütze, auf den Widerstand gegen den Westen und auf eine militärisch-technische Zusammenarbeit.
Zukunftsbewältigung als Ziel Europas
Drei Phasen machte Hager in der EU aus, die alle nicht abgeschlossen seien, sondern sich überlagerten: zu Beginn hatte die Gemeinschaft ihren Sinn in der Vergangenheitsbewältigung. Später, ab 1980, in einer besseren Verwaltung der Gegenwart. Hier liegt auch der Beginn einer Zukunftsfähigkeit.

Die jetzige Phase hat laut Hager gerade begonnen. Ihr Ziel ist es, ein europäisches Gemeinwesen zu schaffen und die Zukunft zu gestalten - wobei einer der wesentlichen Aspekte die neu heraufdämmernde Sicherheitspolitik ist.
Verpflichtung zur Nachhaltigkeit Ausdruck europäischer Politik
Diese Zukunftsgestaltung habe vier Schauplätze. Erstens, die Wiedererfindung der Demokratie. Dabei geht es darum, kollektive Ziele zu formulieren und diese auf allen Ebenen zu verfolgen.

An zweiter Stelle steht die Wissensgesellschaft, die nur mit dem ersten Paradigma der "Demokratisierung" zu bewältigen sei.

Drittens Verpflichtung zur Nachhaltigkeit, die Teil der europäischen Verfassung ist. Diese ist ein echter Ausdruck der kontinentalen Politik. Unter dem Stichwort Nachhaltigkeit verbirgt sich u.a. ein ganz neues Verständnis des sozialen Problems. Denn es geht nicht mehr um soziale Gerechtigkeit, sondern darum, Reparaturkosten zu vermeiden.
Längerfristiges Handeln in der EU möglich
Die Europäische Union habe einen entscheidenden Vorteil gegenüber den einzelnen Nationalstaaten. Denn die nationalstaatlichen Regierungen werden für ein längerfristiges Handeln schnell durch die nächsten Wahlen bestraft. Die Union hingegen wird von einer relativ konstanten Koalition regiert. Somit zeigen politische Ziele eine größere Langlebigkeit.
Weitere Berichte über das Symposium "Zukunft Europas" auf science.orf.at:
->   Einwanderung: Für Europa lebensnotwendig
->   Vaclav Klaus: Tschechien zu schnellem EU-Beitritt gezwungen
->   Nachhaltige Visionen für Europa
 
 
 
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01.01.2010