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Sonnenschutzmittel von Mutter Natur  
  Effiziente Sonnencremen können auch natürlichen Ursprungs sein: Innsbrucker Limnologen haben - gefördert vom Wissenschaftsfonds (FWF) - Organismen in hochalpinen Seen entdeckt, die ein natürliches "Sonnenschutzmittel" produzieren.  
Hoch in den Bergen braucht es eine Sonnencreme mit hohem UV-Schutzfaktor - das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für andere Organismen.

Mutter Natur beweist dabei einmal mehr Einfallsreichtum: Gemeinsam mit seinem Forschungsteam vom Innsbrucker Institut für Zoologie und Limnologie konnte der Limnologe Ruben Sommaruga bei Ruderfußkrebsen (Cyclops abyssorum) in heimischen Alpinseen feststellen, dass die Tierchen je nach UV-Durchlässigkeit des Gewässers unterschiedliche Konzentrationen einer UV-absorbierenden Substanz namens MÄA - der Kurzname für "mycosporin-ähnliche Aminosäuren" - aufweisen.

Das natürliche Sonnenschutzmittel wird von den Ruderfußkrebsen über die Nahrung aufgenommen und als eine Art Sonnenschutzcreme akkumuliert - den passenden Lichtschutzfaktor bereits inbegriffen.
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Der natürliche Sonnenschutzfaktor
Mycosporin-ähnliche Aminosäuren (MÄA): Die Bezeichnung leitet sich von Pilzsporen ab, in denen diese UV-absorbierenden Substanzen erstmals entdeckt wurden. Die MÄA sind kompliziert gebaute Moleküle mit Namen wie "Asterina-330" und "Porphyra-334". Diese Zahlen bezeichnen jene Wellenlänge des Lichts, das diese Substanz am besten herausfiltert. Viele Organismen wie beispielsweise einzellige Algen und Cyanobakterien können diese UV-absorbierende Substanz je nach Bedarf der UV-Absorption selbst herstellen.
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Bestimmte Wellenlängen besser absorbiert
"In Meereslebewesen hat man diese UV-absorbierenden Substanzen bereits vor längerer Zeit gefunden", erläutert der Limnologe. "Bei UV-Messungen im Tiroler Gossenköllesee - einem Hochgebirgssee auf 2.400 Meter Seehöhe - im Jahr 1996 konnten wir diese Substanzen auch bei Süßwasserlebewesen nachweisen."

Die Untersuchungen zeigten, dass bestimmte Wellenlängen der UV-Strahlung im Wasser stärker absorbiert werden. Die Innsbrucker Wissenschaftler nahmen jeweils zur Mittagszeit Wasserproben in unterschiedlichen Tiefen, um in den Algen nach Spuren dieses natürlichen Schutzmittels zu suchen. "Mit einfache Extraktionsmethoden und mittels Hochdruckflüssigkeitschromatographie konnten wir tatsächlich fünf bekannte mycosporin-ähnliche Aminosäuren aufspüren", erklärt Sommaruga weiter.
Auch andere Organismen mit der Sonnenschutz-Substanz
"Außerdem fanden wir auch in anderen Organismen, die MÄA selbst nicht synthetisieren können, sehr hohe Konzentrationen dieser Substanzen - so zum Beispiel der Ruderfußkrebs, der die MÄA über seine Nahrung, nämlich die Algen, aufnimmt und als eine Art Sonnencreme
akkumuliert."
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Höhere UV-Strahlung in Gebirgsseen
Organismen in Hochgebirgsgewässern sind aus zwei Gründen besonders hoher UV-Strahlung ausgesetzt: Zum einen ist die kurzwellige Strahlung in höher gelegenen Gebieten prinzipiell stärker als in tieferen, weil hier weniger Luftschichten vorhanden sind, um die Strahlung zu filtern. Zum anderen wird in den nährstoffarmen Hochgebirgsseen weniger Strahlung absorbiert als in anderen Gewässern. Seen in der Tallage enthalten viel gelöstes organisches Material, das die UV-Strahlung aufnehmen kann. Dadurch dringt die UV-Strahlung kaum ins Wasser. In diesen Seen liegt die so genannte "Einprozenttiefe" - das heißt: 99 Prozent der Strahlung werden im diesem Tiefenbereich herausgefiltert - bei wenigen Dezimetern oder sogar Zentimetern. In Hochgebirgsseen erreichen aber noch zwischen zehn und 40 Prozent der Strahlung den Grund. Dementsprechend mussten die Organismen von Hochgebirgsseen Strategien entwickeln, um sich an die hohe UV-Strahlung während der eisfreien Zeit anzupassen.
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Einige Fragen noch offen
Einige Fragen rund um die Wundersubstanz MÄA sind für die Wissenschaftler allerdings noch offen: Die Untersuchungen des Limnologen Sommaruga ergaben nämlich, dass es im Gegensatz zum Ruderfußkrebs andere Arten von Zooplankton gibt - wie beispielsweise die Wasserflöhe (Daphnia sp.) -, die nicht die Fähigkeit besitzen, mycosporin-ähnliche Aminosäuren über ihre Nahrung aufzunehmen und als Schutzmittel zu verwenden. In weiteren Analysen soll nun erörtert werde, warum das so ist und inwieweit verschiedenste Umweltfaktoren die Effizienz der MÄA als Schutzfaktoren beeinflussen.

Aus den Erkenntnissen rund um das natürliche Sonnenschutzmittel MÄA erhoffen sich die Wissenschaftler neue Impulse bei der Herstellung von effizienten Sonnencremen, um auf die erhöhten UV-Strahlungen durch die immer dünner werdende Ozonschicht adäquat reagieren zu können. Erste Erfolge bei der Produktion von Sonnenschutzmitteln basierend auf den mycosporin-ähnlichen Aminosäuren hatte bereits eine australische Forschungsgruppe: Diese konnten MÄA vor kurzem synthetisch herstellen.

Eva-Maria Gruber, Universum Magazin
->   Ruben Sommaruga
->   Wissenschaftsfonds FWF
 
 
 
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01.01.2010