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Ameisen als Gärtner und Pilzzüchter  
  Blattschneiderameisen sind ausgezeichnete Gärtner und Pilzzüchter. Amerikanische Wissenschaftler haben beobachtet, dass die Insekten intensiv "Unkraut jäten", um ihre Ernte vor schädlichem Pilzbefall zu schützen.  
Studien von Cameron Currie von der Universität von Texas und Alison Stuart von der Universität von Toronto haben bewiesen, dass die Arbeiter-Ameisen die Pilzgärten der Kolonie ständig mit ihren Antennen überprüfen.

Als Experiment besprühten sie diese Nahrungsquelle mit zwei schädlichen Pilzsorten: Trichoderma viride und Escovopsis. Die Ameisen reagierten prompt und entsorgten die Schädlinge in Gemeinschaftsarbeit.
Aufräumarbeiten
Sobald die Ameisen-Patrouille den "Feind" aufgespürt hatte, rief sie Verstärkung. Gemeinsam hat man den Schädling mit den Mundwerkzeugen aufgesammelt und auf eine Müllhalde gebracht. In nur wenigen Stunden war so ein Großteil der schädlichen Sporen beseitigt und die infizierte Stelle gereinigt.
->   Die Ergebnisse der Studien in den "Proceedings of the Royal Society"
Ameisen unterscheiden Prioritäten

Darüber hinaus haben die Forscher festgestellt, dass die Ameisen die beiden schädlichen Pilzarten unterscheiden können. Das Vorhandensein von Escovopsis-Sporen mobilisiert besonders viele Arbeiter und auch das "Unkraut jäten" dauert wesentlich länger.

Während Trichoderma rasch beseitigt werden kann, bleibt immer etwas vom Escovopsis zurück. "Seine Sporen sind extrem klebrig und machen es den Arbeitern schwer, sie aus dem Nest zu entfernen", erklärt Currie.

Außerdem scheint der Pilz eine noch nicht bekannte Gegenstrategie gegen die Säuberungsaktionen der Ameisen entwickelt zu haben.
Lange Entwicklungsgeschichte
Vor etwa 50 Millionen Jahren haben in Südamerika einige staatenbildende Ameisen eine ähnliche Entwicklung durchgemacht, wie später der Mensch: Aus Jägern und Sammlern wurden Bauern und Gärtner. Auch ihre modernen Nachfahren, die Blattschneiderameisen, pflegen diese Tradition.

Sie bringen dazu Blätter in ihre Nester, wo sie in den ausgedehnten Kammersystemen einen schirmlingsartigen Pilz kultivieren, der zu den Verwandten des Champignons zählt. Die Pflanzenstücke werden von den Ameisen zu einer breiigen Masse zerkaut, die dem Pilz als Nahrung dient.
Kohlrabi als Dankeschön
Der Pilz "revanchiert" sich für diese Pflege, indem er an Ende seiner Fäden Verdickungen bildet, die als Gongylidien, Bromalien oder Kohlrabi bezeichnet werden. Die Ameisen pflücken diese eiweißreichen Knöllchen und ernähren damit nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Brut.
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Der Dritte im Bunde
1999 haben Currie und seine Kollegen überraschend einen dritten Partner entdeckt: Es handelt sich dabei um ein Bakterium, das auf dem Körper der Ameisen lebt. Es produziert verschiedene antimykotische Substanzen, die eine Infektion der Pilzkulturen durch einen Schmarotzerpilz verhindern.
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Der ewige Kampf
Etwa zwei Drittel aller Nester sind chronisch von Escovopsis befallen. Die meiste Zeit tritt dieser Pilz allerdings kaum in Erscheinung. Wenn die Pilzgärten jedoch aus noch nicht genau geklärten Ursachen schlechter gedeihen, werden diese Parasiten aktiv.

Sie überwachsen die Pilzkultur, saugen sie aus und zerstören so in kurzer Zeit die Ernte der Ameisen. Escovopsis kann das Wachstum einer Kolonie derart schädigen, dass die Ameisen den Pilzgarten aufgeben müssen.
Einwohnerzahl wie Österreich
Kolonien mancher Blattschneiderameisen können bis zu acht Millionen Tiere umfassen und bringen dann das selbe Gewicht auf die Waage, wie eine ausgewachsene Kuh. Auch der Tagesbedarf an "Grünfutter" ist in etwa gleich. Deshalb können die Tiere in Pflanzungen beträchtlichen Schaden anrichten.

Wer Blattschneiderameisen bei ihrer Arbeit beobachten will, kann dies auch in Österreich tun: Im seinem Aquarien- und Terrarienhaus hat der Tiergarten Schönbrunn eine Kolonie dieser fleißigen Insekten angesiedelt.

Johannes Stuhlpfarrer
->   Tiergarten Schönbrunn
->   University of Texas
->   University of Toronto
 
 
 
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01.01.2010