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Neuer Rekord in der Quantenkommunikation  
  2003 war es eine Weltpremiere "Made in Austria": Erstmals gelang Quantenkommunikation - die Übertragung verschränkter Teilchen - über eine längere Distanz im freien Raum. Die Physiker um Anton Zeilinger und Harald Weinfurter haben die Distanz nun vergrößert: die knapp acht erfolgreich überwundenen Kilometer reichen aus, um in Zukunft Quantenkommunikation auch via Satelliten zu ermöglichen.  
7,8 Kilometer: Von Sternwarte zu Hochhaus
Waren vor knapp zwei Jahren noch die beiden Ufer der Donauinsel in Wien die Orte des Experiments, so wählten die Forscher diesmal weiter auseinander liegende Stätten: Zwischen der Kuffner-Sternwarte und dem Milleniums-Tower der Bundeshauptstadt liegt eine Luftlinie von 7,8 Kilometer.

Die Studie des internationalen Teams - darunter Anton Zeilinger vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Harald Weinfurter von der Universität München - wurde im Fachjournal "Optics Express" veröffentlicht.
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Die Studie "Distributing entanglement and single photons through an intra-city, free-space quantum channel " ist in "Optics Express" (Bd. 13., Ausgabe 1, 10. Jänner 2005) erschienen.
->   Abstract in "Optics Express"
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Übertragung von Quantenzuständen
Die Verschränkung von Teilchen ("Entanglement") ist eine grundlegende Eigenschaft der Quantenphysik und Baustein für die meisten Anwendungen der Quantenkommunikation, etwa Quantenkryptographie.

Physiker setzten die verschränkten Lichtteilchen in der Vergangenheit immer wieder ein, um etwa Teleportationsversuche anzustellen ("Beamen").

Dabei werden Quantenzustände - etwa eine bestimmte Schwingung - über ein Hilfsphoton exakt auf ein drittes Lichtteilchen zu übertragen.
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Rekord bei der Teleportation
Im August 2004 berichteten Physiker um Anton Zeilinger von einem neuen Rekord in Sachen Teleportation. In einem Experiment übertrugen sie Quanteninformation mittels verschränkter Lichtteilchen über einen Abwasserkanal vom Wiener Prater bis zur Donauinsel - insgesamt 600 Meter Luftlinie.
->   Mehr dazu (18.8.04)
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Statt Glasfasern Übertragung via Teleskopen
Die nun durchgeführte Quantenkommunikation spielt sich eine Stufe "tiefer" ab. Hier geht es nicht wie bei der Teleportation um die Übertragung kompletter Eigenschaften von Teilchen, sondern ausschließlich um ihre Polarisation.

Bis 2003 wurden verschränkte Photonen in Glasfasern übertragen - was die Datenübertragung auf den verkabelten Raum limitierte. Bei dem Experiment auf der Donauinsel erzeugten die Forscher daher die verschränkte Photonenpaare mittels einer Laserdiode und übertrugen sie mit Hilfe von Teleskopen.
->   Mehr dazu: Quantenkommunikation erstmals im freien Raum (19. 6. 2003)
Knapp acht Kilometer Distanz überwunden
 
Bild: Optics Express

Genau die gleiche Versuchsanordnung wurde auch bei der nun vorgestellten Studie ausgewählt. Die zwei Unterschiede: Die Photonenquelle befand sich diesmal neben der Empfängerstation "Alice" - und zwischen den beiden Stationen "Alice" und "Bob" lag eine Distanz von knapp acht Kilometern (siehe Abbildung).
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Chinesische Forscher: 13-Kilometer-Übertragung
Auch eine chinesische Forschergruppe um Jian-Wei Pan hat sich diesen Experimenten gewidmet. Ihre Studie "Experimental Free-Space Distribution of Entangled Photon Pairs over a Noisy Ground Atmosphere of 13 km" ist bisher am Preprint-Server "arXiv.org" erschienen - und berichtet von einer noch weiteren Reichweite der Quantenkommunikation als die österreichischen Forscher.
->   Die Studie auf arXiv.org
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Beweis: Verletzung der Bellschen Ungleichung
Um zu überprüfen, ob die Verschränkung der Photonen nach der Übertragung erhalten blieb, setzten die Forscher wie dabei üblich gemessene Werte in die so genannte "Bellsche Ungleichung" ein - eine Art mathematische Bedingung für die Verschränkung von Lichtteilchen.

Durch die Verletzung dieser Ungleichung wurde bewiesen, dass das Experiment wie gewünscht funktioniert hat.
->   Mehr zur Bellschen Ungleichung (Franz Embacher, Uni Wien)
Ausblick auf konkrete Anwendungen
Bild: Gruppe Zeilinger
Blick von "Alice" Richtung "Bob":
Im Vordergrund das Senderteleskop.
Im Gegensatz zur Donauinsel-Studie gelang die Übertragung der Photonen-Verschränkung nun über eine wesentlich größere Distanz, quer durch die Abgasglocke der Stadt.

Und das hat nicht mit Rekordstreben zu tun, sondern mit sehr konkreten Aussichten: Zum einen sind Großstädte mit verschmutzter Luft in Zukunft die wahrscheinlichsten Orte von Anwendungen der Quantenkommunikation.

Und zum anderen wurden damit die Grundlagen geschaffen, um diesen Weg der Informationsübertragung auch via Satelliten zu ermöglichen.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 12.1.05
->   Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (ÖAW)
->   Gruppe Zeilinger, Uni Wien
->   Gruppe Quantenphysik, Uni München
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Neuer Rekord: Forscher verschränken fünf Photonen (1.7.04)
->   Innsbrucker Physiker "beamen" erstmals Atome (16.6.04)
->   Quanten können auch ohne Beobachtung verschränkt sein (10.5.04)
->   Verschränkung liegt in der Luft (20.6.03)
 
 
 
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01.01.2010