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Der Beginn des Lebens  
  Die Theorie, wonach primitive Lebensformen von sich selbst-replizierenden Molekülen abstammten, erhält neuen Auftrieb. Amerikanische Wissenschaftler haben die ersten RNA-Enzyme hergestellt, die längere Kopien anderer RNA-Moleküle produzieren können.  
Die in der jüngsten Ausgabe von "Science" beschriebene Entdeckung liefert neue Hinweise auf eine ursprüngliche biologische Welt, die lange vor DNA und Proteinen existiert hat.
->   Original-Artikel "Making Copies in the RNA World" in Science
Vervielfältigung von Molekülen ist essenziell
Die Vervielfältigung von Molekülen ist essenziell zur Entwicklung und Entstehung von Leben, ihre Ursprünge sind bislang aber unbekannt. Heutige Zellen sind auf Proteine angewiesen, die biochemische Prozesse katalysieren, und auf DNA, die die Erbinformation trägt. Aber die Vervielfältigung von Proteinen scheint zu komplex zu sein, als dass sie bereits bei den ursprünglichen Zellen stattgefunden hätte.
Von der DNA- zur RNA-Welt
Früher hat man angenommen, dass RNA der Vermittler ist, der beim Transfer der Erbinformationen von der DNA zu den Ribosomen - den zellulären Protein-Fabrikanten - half. Seit einigen Jahren mehren sich die Beweise, wonach schon vor der Entstehung der DNA eine RNA-Welt existiert hat.

Im vergangenen Jahr entdeckten Protein-Struktur-Analytikern, dass die RNA allein die Eiweißfabriken von der Zellen kommandiert. Das geht aus 2000 erfolgten kompletten Strukturanalyse der Ribosomen hervor - ein weiterer Hinweis auf die frühere RNA-Welt.
->   Renée Schroeder: Die RNA-Welt
Wissenschaftler des Whitehead Institute for Biomedical Research in Cambridge haben nun ein weiteres Indiz gefunden: Sie entdeckten ein Ribozym (RNA-Enzyme), das bis zu 14 Basen an eine RNA-Vorlage anfügen konnte. Das ist mehr als eine gesamte Windung einer RNA-Helix.
Fast eine Kopie
Das ganze funktioniere mit jeder Sequenz von RNA-Basen mit einer Genauigkeit von 95 Prozent, meinte David Bartel, der Forschungsleiter des Whitehead-Teams. "Es ist das erste Mal, dass wir so weit, mit einer solchen Genauigkeit gekommen sind."

"Das ist ein enormer Fortschritt", pflichtete Gerald Joyce, vom Scripps Research Institute in La Jolla/Kalifornien bei. Damit würde sich die Idee einer ursprünglichen "RNA-Welt" erhärten. Noch lange vor dem Auftauchen von DNA und Proteinen hätten in dieser Welt die RNA-Moleküle sowohl die Vervielfältigung der Moleküle katalysiert als auch Erbinformationen getragen.
Experimente seit den 80er Jahren
Alles begann nach Experimenten in den 80er Jahren, die bewiesen, dass RNA als Enzym dienen kann. Spätere Forschungen zeigten, dass Ribozyme Ketten von RNA-Basenpaaren vervielfältigen können. Im Gegensatz zu Protein-Enzymen, fügen Ribozyme allerdings nur einige wenige Basenpaare hinzu. Außerdem tun sie dies nur bei gewissen Sequenzen und haben eine hohe Fehlerrate.

Das führte zu starken Zweifeln an der Theorie einer ursprünglichen RNA-Welt, da diese einer genaue Replikation langer RNA-Moleküle von stark variierenden Sequenzen bedurft hätte.
RNA - dennoch nicht der "Beginn des Lebens"?
Die neuen Forschungen der Whitehead-Gruppe unterstützen nun aber genau diese Theorie. Dennoch, so Bartel, zeigen sie nicht die Selbst-Replikation der RNA an sich. Der RNA Katalysator ist 189 Basen lang und er brauchte einen ganzen Tag, um eine 14-Basen-Kette zu produzieren - was bedeutet, dass er sich nicht selbst replizieren konnte.

Bartel glaubt, dass die RNA nicht "den Beginn des Lebens" darstellt. Sie könnte aber die Nachfolgerin gewesen sein von einem bislang unbekannten Typ von Molekül, das zugleich als Vorlage und als Katalysator gedient hat.

(red)
->   Whitehead Institute for Biomedical Research
Mehr über die ursprüngliche Welt der RNA
->   Am Anfang war die RNA
->   Origins of Life and the RNA World
 
 
 
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01.01.2010