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Vermutlich ältester Stern im Universum entdeckt  
  Astronomen haben am Rand unserer Milchstraße eine Art kosmisches Fossil entdeckt. Die Sonne im Sternbild Wasserschlange (Hydra) besteht aus jener Urmaterie, die den Kosmos vor gut 13 Milliarden Jahren erfüllte. Dabei handelt es sich vermutlich um den bislang ältesten Stern, der je aufgespürt wurde.  
Wie ein Team um Anna Frebel von der Australian National University in Weston Creek und Norbert Christlieb von der Hamburger Sternwarte berichtet, weist der Stern mit dem Namen HE1327-2326 einen extrem geringen Eisenanteil auf.

Das wird als Zeichen seiner Urtümlichkeit interpretiert: Er ist offenbar ein seltener Zeuge aus den Frühzeiten des Universums.
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Die Studie "Nucleosynthetic signatures of the first stars" von Anna Frebel et al. erschien im Fachjournal "Nature" (Band 434, S.871-873, Ausgabe vom 14.4.05; doi:10.1038/nature03455).
->   Zum Original-Abstract
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Heiß und dicht: Frühe Bildung von Elementen
Vor rund 13,7 Milliarden Jahren, kurz nach dem Urknall, war das Universum viel einfacher als heute gebaut. Es bestand aus einem einförmigen, heißen Gas, das nur wenige Temperatur- und Dichtschwankungen aufwies - und daher weder Galaxien noch Sterne und Planeten beherbergte.

Astronomische Modelle legen nahe, dass die das Universum erfüllende Ursuppe zu dieser Zeit heiß und dicht genug war, um die Produktion der leichten chemischen Elemente mittels der so genannten primordialen Nukleosynthese voranzutreiben.
->   Primordiale Nukleosynthese (Wikipedia)
Expansion führt zu kosmischem Kühlschrank
Schwerere Elemente wurden in dieser Zeit jedoch noch nicht gebildet. Rund 15 Minuten nach dem "Big Bang" durchlief das Universum dann eine Phase rapider Ausdehnung, die die Nukleosynthese für 200 Millionen Jahre zum Erliegen brachte. Daraus resultierte so etwas wie eine gefrorene Ursuppe, bestehend aus Lithium, Helium und Deuterium.
Neue Backöfen der Elemente: Ursterne
Erst als das Universum durch Fluktuationen Halos aus Dunkler Materie gebildet hatte, ergab sich wieder die Möglichkeit, neue und schwerere Elemente - vom Kohlenstoff bis hin zu Uran - zu erzeugen. Dies geschah im Inneren der frühesten Sterne, die aus kollabierten Gasmassen entstanden waren.

Bis vor wenigen Jahren war man der Meinung, dass diese Ursterne ihr "Brennmaterial" längst verbraucht und somit das Zeitliche gesegnet haben sollten.
->   Dunkle Materie (Wikipedia)
Je weniger Eisen, desto älter
Dies wurde durch die Beobachtung gestützt, derzufolge der geringste bekannte Anteil an sterntypischer Materie in Ursternen etwa ein Zehntausendstel jenes Werts betrug, den die Sonne heute aufweist.

Das ist zwar wenig, aber nicht wenig genug: Denn alle jungen Sterne beinhalten nennenswerte Mengen schwerer Elemente - etwa Eisen -, die archaischen Ausgaben aus der Kinderstube des Universums sollten hingegen noch weitgehend aus der primitiven Materie bestehen, die vor mehr als 13 Milliarden Jahren vorherrschte. Die Regel lautet also: Je weniger Eisen, desto älter das Himmelsobjekt.
Kosmisches Fossil entdeckt
Groß war die Überraschung daher, als eine Forschergruppe um Norbert Christlieb von der Hamburger Sternwarte im Jahr 2002 einen Stern namens HE0107-5240 entdeckte, der ganz offenbar aus dieser Zeit stammt.

Dieser wies einen Eisen-Anteil auf, der jenen der Sonne um den Faktor 200.000 unterschreitet. Das war nicht nur Weltrekord, es warf auch die gängigen Modelle zur Lebensdauer von Sternen über den Haufen.
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Die Studie "A stellar relic from the early Milky Way" von Norbert Christlieb et al. erschien im Fachjournal "Nature" (Band 419, S.904 - 906; doi:10.1038/nature01142).
->   Zum Original-Abstract
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Rekord durch neuen Urstern
Nun hat die Gruppe um N. Christlieb erneut zugeschlagen: Sie entdeckte eine schwach leuchtende Sonne namens HE1327-2326 im Sternbild Wasserschlange (Hydra), die den Eisenanteil unserer Sonne um den Faktor 250.000 unterbietet. Sie ist also noch urtümlicher als der bisherige Rekordhalter.
->   Sternbild Wasserschlange (Wikipedia)
Fund hinterlässt offene Fragen
Allerdings passen die bei anderen Elementen gefundenen Werte nicht so recht ins Bild. Der Lithium-Anteil von HE1327-2326 ist viel geringer als in den bisher bekannten Ursternen, dafür ist der Stickstoff-Gehalt zu hoch: Er überschreitet jenen von HE0107-5240 um das Sechzigfache.

Letzteres könnte allerdings durch ein Rotationsmodell erklärt werden, wie Roger Caryel vom Observatoire de Paris-Meudon in einem Begleitkommentar ausführt (Nature 434, S. 838).

Eine starke Eigendrehung führt nämlich unter Umständen zu einer Durchmischung des Sterninhalts, die wiederum die Synthese von Stickstoff wie auch Kohlen- und Sauerstoff vorantreibt. Genau diese drei Elemente sind es, die in HE1327-2326 am häufigsten vorkommen.

Robert Czepel, science.ORF.at, 14.4.05
->   The Australian National University
->   Hamburger Sternwarte
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01.01.2010