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Hellster kosmischer Blitz aller Zeiten registriert  
  Ende letzten Jahres wurde auf der Erde der hellste Gammastrahlen-Blitz registriert, den man jemals von einer astronomischen Quelle empfangen hat. Dabei handelt es sich um ein extrem seltenes Ereignis: Ein 50.000 Lichtjahre entfernter Neutronenstern brachte sein gigantisches Magnetfeld in eine neue Form. Dieser Prozess setzte so viel Energie frei, wie etwa unsere Sonne in 250.000 Jahren abgibt.  
In der Geschichte der modernen Astronomie hat man bisher nur zwei kosmische Schauspiele dieser Art registriert: Die neuen Daten legen aber nahe, dass man einige davon übersehen hat. Sie könnten in der Datensammlung eines Experiments verborgen liegen, das Astronomen in den 90er Jahren durchgeführt haben.
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Zu diesem Thema erschien im Fachjournal "Nature" die Studie "An exceptionally bright flare from SGR 1806-20 and the origins of short-duration g-ray bursts" K. Hurley (Band 434, S.1098-1103; Ausgabe vom 28.4.05) sowie vier weitere Arbeiten, die sich mit dem selben kosmischen Ereignis auseinandersetzen.
->   Nature
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Erleuchtung kurz nach Weihnachten
 
Bild: EPA

Der 27. Dezember 2004 war ein besonderer Tag. Zumindest für Astronomen. So gut wie alle Gammastrahlen-Detektoren der Erde registrierten einen Blitz, der alle bisherigen an Helligkeit übertraf.

Die Quelle dieses Ausbruchs war ein stark magnetisierter Neutronenstern, auch Magnetar genannt, der sich in rund 50.000 Lichtjahren (15 Kiloparsec) Entfernung in unserer Galaxie befindet.

Dabei handelt es sich um einen so genannten "soft gamma-ray repeater" (SGR), der relativ energiearme Strahlung aussendet. Diese besteht im Wesentlichen aus Photonen.
->   Soft gamma-ray repeaters (University of Texas)
Neutronenstern setzte Energie frei
Seit man das Himmelsgewölbe mit Detektoren nach Leuchtsignalen absucht, entdeckte man erst zwei Ausbrüche dieser Art: Am 5. März 1979 sowie am 27. August 1998.

Der Ende 2004 registrierte Blitz muss aber als einzigartig bezeichnet werden, wie Davide Lazzati von der University of Colorado in einem Begleitartikel betont.

Der Ausbruch von "SGR 1806-20", so der wissenschaftliche Name des Magnetars, übertraf seine beiden Vorgänger um das rund Hundertfache. Dabei wurde so viel Energie freigesetzt, wie unsere Sonne in einer Viertel Million Jahren abgibt. Also eine ganze Menge.
->   Magnetare bei Wikipedia
Neuordnung des Magnetfelds
Dies passierte, weil es bei SGR 1806-20 offenbar zu einer plötzlichen Umkonfiguration seines magnetischen Feldes kam. Bei diesem Vorgang wurden vermutlich nicht nur die Magnetlinien des Feldes neu ausgerichtet, sondern auch die Kruste des Neutronensterns massiv verändert.

Zum Vergleich: Das Magnetfeld des Magnetars ist billiardenfach stärker als jenes der Erde, der Faktor entspricht also einer Zahl mit sechzehn Stellen.
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Signalspitze und Nachleuchten
Weitere physikalische Eckdaten des seltenen kosmischen Ereignissen: Insgesamt wurden 1046 erg freigesetzt, was 1039 Joule entspricht. Die erste (und energiereichste) Signalspitze dauerte 0,2 Sekunden, die von einem rund 380 Sekunden dauernden "Nachleuchten" gefolgt war.
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"Schwergewichte" der Strahlenquellen: Gamma-ray bursts
 
Bild: EPA

Nicht zu verwechseln ist dieses Ereignis allerdings mit anderen berühmten Strahlenquellen, den so genannten "gamma-ray bursts" (GRBs). Bei letzteren handelt es sich nämlich um Supernovae, kosmische Explosionen massereicher Sterne, aus denen rotierende Schwarze Löcher hervorgehen.

Hier können zwar bis zu einer Million Mal höhere Energiemengen freigesetzt werden, erklärt Ernst Dorfi vom Institut für Astronomie der Uni Wien gegenüber science.ORF.at.

Allerdings finden diese für gewöhnlich in viel größerer Entfernung statt, weswegen diese Ausbrüche auf der Erde auch nicht heller wahrgenommen werden als das Ereignis vom 27. Dezember 2004.
->   Mehr zu GRBs bei der NASA
Mysteriöse Signale
Mehrere Forscherguppen bringen den Blitz "weicher" Strahlung vom Ende letzten Jahres aber doch mit ihren großen Brüdern, den "gamma-ray bursts" in Verbindung.

Und zwar deswegen, weil in den 90er Jahren im Rahmen des so genannten BATSE-Experiments am Compton Gamma Ray Observatory eine Reihe mysteriöser Signale empfangen wurden.

Bisher meinte man, dass es sich um äußerst kurze GRBs gehandelt habe, denen jedoch ein wichtiges Charakteristikum fehlte: Ein der Explosion folgendes "Nachleuchten", das Wochen, manchmal sogar Monate andauern kann.
->   BATSE-Website
Juwelen im Datenwust?
Wie etwa Ein Team um K. Hurley vom UC Berkeley Space Sciences Laboratory hervorhebt, könnten es sich dabei auch um "soft gamma-ray repeaters" gehandelt haben. Strahlung von SRGs, die viel weiter entfernt sind, sollten nämlich auf ihrer langen Reise zur Erde ihren Strahlenschweif, also das "Nachleuchten" verlieren.

Wie Davide Lazzati betont, könnten somit bis zu 20 Prozent der mysteriösen BATSE-Signale von Magnetaren - und daher nicht von Supernovae - stammen.

Der BATSE-Katalog wird wohl in den nächsten Monaten unter Astronomen äußerst begehrt sein. Vielleicht finden sich darin die Spuren von weiteren Neutronensternen, die ihr magnetisches Kleid unter gigantischem Blitzlichtgewitter neu formiert haben.

[science.ORF.at, 28.4.05]
->   University of Colorado
->   Berkeley Space Sciences Laboratory
->   Website von Ernst Dorfi (Uni Wien)
->   Das Stichwort Supernova im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010