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Fischdiät brachte modernen Menschen Erfolg  
  Eine fischreiche Ernährung könnte der Grund dafür sein, warum die Vorfahren des Menschen den Neandertaler verdrängt haben. Ein breiteres Nahrungsspektrum und eine höhere Anpassungsfähigkeit waren der Schlüssel zu ihrem Erfolg.  
Dies behaupten englische Archäologen von der Bradford und der Oxford University in der neuen Ausgabe des Journals der 'Proceedings of the National Academy of Sciences'. Sie stützen ihre Aussagen auf eine Studie, die die Knochen von Frühmenschen auf bestimmte chemische Spuren untersuchte.
Hoher Fisch-Proteinanteil
Die englischen Wissenschaftler gehen davon aus, dass in der Nahrung unserer Vorfahren vor 30.000 bis 20.000 Jahren ein hoher Anteil an Proteinen aus Fisch und anderen Meeresbewohnern vorhanden war. Ihr breites Nahrungsspektrum ließ sie anpassungsfähiger an wechselnde Umweltbedingungen werden.

Im Gegensatz dazu ernährten sich Neandertaler überwiegend vom Fleisch großer Säugetiere und ihr ganzes Nahrungsverhalten war auf das Vorhandensein und die Jagd von großem Wild abgestimmt.
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Neandertaler
Neandertaler wurden nach einem Fund von 1856 im deutschen Neandertal benannt: Eine frühe Form des Homo sapiens aus dem Jungpleistozän (Pleistozän vor etwa 2.000.000 bis 20.000 Jahren) Europas, Asiens und Afrikas. Höhlenfunde gibt es aus verschiedenen Regionen Europas, aus der Ukraine und Usbekistan, Israel, Marokko, Südafrika. Sie haben ursprüngliche, von der jetzigen Homo sapiens-Form abweichende Merkmale: niedrige Scheitelhöhe, fliehende Stirn, starke Augenwülste, stark entwickelter Gesichtsschädel, unentwickeltes Kinn, breite Nase, hohe und breite Augenhöhlen. Früher hielt man die Neandertaler für unmittelbare Vorfahren der heutigen Homo sapiens sapiens. Heute ordnet man sie eher einem blind endenden Seitenzweig der Menschentwicklung zu.
->   Mehr zum Neandertaler
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Chemischer Hinweis
Die Resultate der chemischen Knochenuntersuchung wurden mit Daten aus den Untersuchungen von Neandertaler-Funden verglichen. Jene Neandertaler waren ungefähr zur selben Zeit auf dem europäischen Festland beheimatet.

Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass die Hälfte des vom damaligen Menschen mit der Nahrung aufgenommenen Proteins aus Fischen und Wasservögeln stammt. Im Gegensatz dazu stammt das Protein in der Neandertaler-Nahrung ausschließlich aus der Jagd von Rotwild, wildem Vieh und Mammuts.

Die Untersuchung der so genannten Isotope - verschiedene Formen ein und des selben Atoms - lieferte den Hinweis für den Ursprung der Proteine.
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Was sind Isotope?
Isotope unterscheiden sich dadurch, dass ihre Atomkerne die gleiche Zahl von Protonen, aber eine verschiedene Anzahl von Neutronen enthalten, d. h., dass ihre Massenzahlen und Atomgewichte verschieden sind. Im allgemeinen gibt es zu jedem Element ein stabiles Isotop, wie z. B. vom Stickstoff N die Isotope 14 und 15. In der Natur treten sie in nahezu konstanten Mischungsverhältnissen auf und verursachen so die nicht ganz zahligen Atommassen der chemischen Elemente. Es gibt zahlreiche radioaktive Isotope, die in den natürlichen Elementen gefunden oder künstlich hergestellt werden.
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Anpassungsfähiger und flexibler
Doch der Proteinanteil alleine war nicht Ausschlag gebend. "Die modernen Menschen waren in der Lage, Fische und Vögel zu fangen. Sie bewiesen damit, dass sie wandlungsfähiger und anpassungsfähiger als die Neandertaler waren", erklärt der Leiter der Studie Michael Richards von der Bradford University.

Das Wissenschaftlerteam geht von der Möglichkeit aus, dass unsere Vorfahren bereits einfache Technologien zur Lagerung von Fisch, durch Trocknung oder mittels Salz, eingesetzt haben.

"Wenn man fähig ist, kleinere Tiere mittels einfacher Mittel erfolgreich in sein Nahrungsspektrum einzubinden, kann man auch eher in rauen Umweltbedingungen bestehen", meint der Studien-Koautor Paul Pettitt von der Oxford University.
Opfer des eigenen Erfolges
Laut Pettitt waren die Neandertaler die Opfer ihres eigenen Erfolges. "Sie waren hochspezialisierte Super-Jäger, die die meiste Zeit mit der Jagd und dem Aufspüren von mittelgroßen und großen Pflanzenfressern verbrachten."

Blieben einige der Tiere im Beuteschema des Neandertalers infolge geänderter Umweltbedingungen aus, waren ganze Neandertaler-Gruppen aufgrund ihrer mangelnden Flexibilität bedroht.
Zweifel bei Kollegen
Nicht alle Archäologen teilen die Thesen ihrer englischen Kollegen. Manche Forscher gehen davon aus, dass sich in gewissen Regionen der Erde der Neandertaler mit dem modernen Menschen gekreuzt hat und ihre Gene deshalb nach wie vor weiter bestehen.

(red)
->   Proceedings of the National Academy of Sciences
->   Department of Archaeological Sciences
der Bradford University
->   Research Laboratory for Archaeology and the History of Art
 
 
 
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01.01.2010