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Widerstandskämpfer aus Titan retten Batterien  
  Künftig sollen sich Besitzer wiederaufladbarer Batterien nicht mehr über deren Lebensdauer und über beschädigte Geräte ärgern: Ein Grazer Forschungsteam hat - gefördert vom Wissenschaftsfonds (FWF) - mit Titan einen Werkstoff gefunden, der eine batterieschädigende Überentladung verhindern kann.  
''Chemischer Umkehrschutz'': Titan statt Messing
Jeder kennt das Problem: Immer wieder geben wiederaufladbare Alkalimangan-Batterien nach wenigen Akku-Zyklen den Geist auf oder - im schlimmeren Fall - platzen einzelne Zellen der Batterie auf und beschädigen das Gerät.

Der Chemiker Leo Binder hat nun gemeinsam mit seinem Forschungsteam vom Institut für Chemische Technologie anorganischer Stoffe der TU Graz bei diesen Batterien einen so genannten "chemischen Umkehrschutz" durch den Austausch des konventionellen Werkstoffs Messing durch Titan ermöglicht.

Die Oxide des Metalls verhindern durch den Aufbau eines hohen Stromwiderstands die batterie- und geräteschädigende Überentladung - fachlich korrekt als Zellumkehr bezeichnet.
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Zellumkehr
In einer Serienschaltung - Batterie aus mehreren galvanischen Einzelzellen - hat jede Zelle die gleiche Strommenge aufzubieten. Prinzipiell sollte daher jede über die gleiche Menge an elektroaktiven Stoffen verfügen. Bei aller äußerlichen Gleichheit von Monozellen können dennoch aus verschiedensten Gründen wie Produktionsfehler, ungleiches Wiederaufladen oder Veränderungen nach oftmaligem Zyklisieren zwischen deren aktiven Innenteilen - den elektrochemisch aktiven Massen - Ungleichheiten der gespeicherten Ladungsmenge bestehen bwz. entstanden sein. Dann kommt es im Zuge einer seriellen Entladung bei der erschöpften Zelle zu einer sogenannten Zellumkehr oder Zellumpolung - also einer Überentladung dieser Zelle.
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Titan schaltet Strom ab
Wir haben den Werkstoff des anodenseitigen Stromableiters am Minuspol - das ist jene Seite mit der flachen Metallkuppe - von Messing auf Titan geändert", erläutert der Wissenschaftler. "Bei Titan bildet sich nämlich eine geeignete Passivschicht, die eine stromabschaltende Wirkung hat."

In der erschöpften Zelle wird dadurch einer Vollentladung der positiven Kathode (Pluspol) und in weiterer Folge einer Korrosion der Ableitung, Gasentwicklungen durch die chemischen Reaktionen und schließlich Batterieleckagen vorgebeugt.

In der galvanischen Zellenreihe, bei der chemische Energie in elektrische Energie umgewandelt wird, kommt es durch den beträchtlichen Widerstandsanstieg in der erschöpften Zelle zu einem Leistungszusammenbruch, noch bevor diese größeren Schaden anrichten kann.
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Titan
Titan - neben Niob, Tantal, Zirkon oder Hafnium ein bekanntes Ventilmetall - erwies sich bei den Untersuchungen der Grazer Forschungsgruppe als der bestgeeignete Werkstoff. Seine Passivschicht - das ist die Oxidationsschicht, die bei der chemischen Zersetzung der Elektrolyten nach der Entladung einer Zelle entsteht - gewährleistet, dass unter anodischer Polarisation die Auflösung des Anodenableiters und eine Gasentwicklung durch oxidative Elektrolytzersetzung - die üblichen Vorgänge beim herkömmlichen Werkstoff Messing - gebremst sind.
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Widerstand unterbricht Stromfluss
Das System mit dem Ventilmetall Titan beruht auf der Zusammensetzung und dem Aufbau der Passivschicht. Diese wurde mittels Transmissions-Elektronen-Mikroskopie (TEM) am Grazer Forschungsinstitut für Elektronenmikroskopie und Feinstrukturforschung untersucht und ausgewertet.

"Die bei den chemischen Reaktionen der Elektrolyten mit dem Titan entstehenden Mischoxide bauen einen derartigen Widerstand auf, dass der Stromfluss rasch unterbrochen wird", resümiert Binder. "Mit diesen materialverbesserten, wiederaufladbaren Batterien wird es wohl künftig keine schadhaften Zellen, geschweige denn geschädigte Geräte geben."

Eva-Maria Gruber, Universum Magazin
->   Institut für chemische Technologie anorganischer Stoffe, Universität Graz
->   Forschungsinstitut für Elektronenmikroskopie und Feinstrukturforschung, Universität Graz
->   Wissenschaftsfonds
 
 
 
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01.01.2010