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Supercomputer simuliert die Geburt von Galaxien  
  Ein internationales Astrophysikerteam hat die bisher größte Computer-Simulation des Universums vorgestellt. Mit ihr kann ein genaues theoretisches Modell für das Wachstum von Galaxien unter dem Einfluss der mysteriösen Dunklen Materie gegeben werden - diese dürfte dem Weltraum jene Form geben, die wir heute beobachten.  
Super-PC ein Monat lang beschäftigt
Bild: Max-Planck-Institut für Astrophysik
Volker Springel, Leiter der "Millennium-Simulation" vom Max-Planck-Institut für Astrophysik, und sein Team benutzten zehn Milliarden fiktive Teilchen, die jeweils eine Masse von etwa einer Milliarde Sonnen repräsentierten, um die Entwicklung der Materieverteilung in einer Region des Universums zu verfolgen.

Der Rechenvorgang beschäftigte den leistungsfähigsten Supercomputer der Forschungsgesellschaft für mehr als einen Monat, die Ergebnisse wurden in "Nature" vorgestellt.

"Dadurch wurde die bisher genauesten Vorhersagen über die Eigenschaften von Galaxien und Quasaren vom Anbeginn der kosmischen Zeit bis heute geliefert", schreibt der Astrophysiker Nickolay Gnedin in einem Begleitartikel.
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Die Studie "Simulations of the formation, evolution and clustering of galaxies and quasars" ist in "Nature" (Bd. 435, S. 629, Ausgabe vom 2. Juni 2005) erschienen.
->   Abstract der Studie in "Nature"
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70 Prozent Dunkle Energie
Neueste Erkenntnisse zeigen, dass das Universum zu etwa 70 Prozent aus "Dunkler Energie" besteht, einem mysteriösen Kraftfeld, das eine immer schnellere Expansion des Raums antreibt. Etwa ein Viertel liegt offenbar als "Kalte Dunkle Materie" vor, in Form eines neuartigen Elementarteilchens, das man bisher auf der Erde noch nicht direkt nachweisen konnte.

Nur etwa fünf Prozent bestehen dagegen aus gewöhnlicher atomarer Materie - im Wesentlichen aus den Elementen Helium und Wasserstoff.
Universum nach 400.000 Jahren schwach gekräuselt
 
Bild: Max-Planck-Institut für Astrophysik

Die obere Reihe der Bilder zeigt die Galaxienverteilung in der Simulation, sowohl auf großen Skalen wie auch für einen schweren Galaxienhaufen, in welchem man sie individuell erkennen kann. Die oberen Abbildungen stellen daher die großräumige Verteilung des Lichts im Universum dar. Die Bilder der unteren Reihe zeigen die dazu passende Verteilung der dunklen Materie.

Mit Teleskopen, die Mikrowellenstrahlung messen können, ist es gelungen, das erst 400.000 Jahre alte Universum abzubilden. Die einzigen Strukturen zu dieser Zeit bestanden aus einer sehr schwachen Kräuselung eines ansonsten gleichförmigen Sees aus Materie und Strahlung.

Die spätere Entwicklung durch die Schwerkraft hat diese kleinen Schwankungen in die vielfältigen Strukturen, die wir heute beobachten, verwandelt. Für die Berechnung des Wachstums dieser Strukturen wurde die Millennium-Simulation entworfen.
Frühe Schwarze Löcher
Besonders spannend für die Astrophysiker war die Simulation des frühen Wachstums der Schwarzen Löcher. Dabei hat der Sloan Digital Sky Survey (SDSS) ein paar sehr weit entfernte und sehr helle Quasare entdeckt.

Sie beherbergen anscheinend Schwarze Löcher mit einer Masse von mindestens einer Milliarde Sonnenmassen - und das zu einer Zeit, als das Universum weniger als ein Zehntel seines heutigen Alters erreicht hatte.
->   Sloan Digital Sky Survey
Passt zum Standardmodell
"Viele Astronomen bezweifelten, ob es möglich sei, dies mit dem allmählichen Wachstum der kosmischen Strukturen im Standardmodell zu vereinbaren", so Volker Springel in einer Aussendung der Max-Planck-Gesellschaft.

"Als wir aber unser Modell für die Entstehung von Galaxien und Quasaren anwandten, fanden wir, dass sich einige wenige schwere Schwarze Löcher tatsächlich früh genug bildeten, um diese seltenen SDSS-Quasare erklären zu können. Ihre Wirtsgalaxien treten in der Millennium-Simulation bereits auf, als das Universum nur ein paar hundert Millionen Jahre alt war. Heute sind sie zu den massereichsten Galaxien im Zentrum von großen Galaxienhaufen geworden."
->   Kosmologisches Standardmodell
Auf der Suche nach dem Maßstab der Expansion
Laut Carlos Frenk von der Durham University zeigt die Millennium-Simulation zum ersten Mal, dass das Schwankungsmuster, das der Materieverteilung im frühen Universum aufgeprägt worden ist und man direkt in den Mikrowellen-Karten sehen kann, heute immer noch vorhanden ist.

"Falls wir die Schwankungen genau genug bestimmen können", sagt Frenk, "dann werden sie uns einen Längenmaßstab liefern, mit dem wir die Geometrie und die Expansion des Universums vermessen und damit etwas über die Natur der Dunklen Materie lernen können."

[science.ORF.at/MPG, 2.6.05]
->   Max-Planck-Institut für Astrophysik
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Erste Galaxie aus dunkler Materie entdeckt (24.2.05)
->   Woraus besteht Dunkle Materie? (26.11.04)
->   Licht ins Dunkel: Wie man Dunkle Materie nachweisen kann (25.3.04)
 
 
 
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01.01.2010