News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
"Falsche" Brüste ohne Silikon?  
  Frauen sollen bald in der Lage sein, neues Brustgewebe im eigenen Körper "zu züchten". Das zumindest wollen Australische Wissenschaftler erreichen, die im Tierversuch eine entsprechende Methode entwickelt haben.  
Neu ist dabei nicht das Züchten von körpereigenem Gewebe, eine Methode, die bereits im Labor Anwendung findet. Dem Medizinerteam aus Melbourne ist es vielmehr laut eigenen Angaben gelungen, dieses Gewebe direkt im Körper zu züchten. Die Technik weist jedoch offenbar noch einige Schwachpunkte auf.
Schönheitschirurgie gegen "Brustprobleme"
Die Schönheitschirurgie ist seit einigen Jahren in der Lage, Frauen falsche Brüste zu implantieren. Eine Möglichkeit nicht nur für diejenigen, denen das von der Natur geschenkte Fettgewebe im Brustbereich zu wenig ist.

Vor allem auch Frauen, denen wegen einer Krebserkrankung eine oder beide Brüste entfernt werden mussten (eine so genannte Mastektomie), nehmen häufig die Dienste eines Schönheitschirurgen in Anspruch.
...
Mastektomie
Der Terminus "Mastektomie" bezeichnet das medizinische Entfernen der weiblichen Brust. Dabei wird das gesamte Brustdrüsengewebe einschließlich des Binde- und Fettgewebes sowie der Lymphknoten in den Achseln entfernt. Bis weit in die 80er Jahre wurde dabei auch gleich noch beide Brustmuskeln mit entfernt. Dies geschieht heute jedoch nur noch, wenn die Muskeln tatsächlich vom Tumor befallen sind. Bei Frauen, die gesundheitliche Probleme wegen zu großer Brüste haben, wird ein Teil des Gewebes für eine Brustverkleinerung entfernt.
...
Diskussion um gesundheitliche Folgen
Allerdings wurde und wird immer wieder heftig über die gesundheitlichen Folgen der bisher angewandten Implantatmethode diskutiert. Dies könnte in Zukunft überflüssig werden, denn die Australischen Forscher wollen "falsche" Brüste aus körpereigenem Gewebe züchten.
Erfolgreich im Tierversuch
Laut dem Leiter der Studie, Kevin Cronin vom Bernard O'Brien Institute of Microsurgery in Melbourne, wurde das neue Verfahren bereits erfolgreich angewendet ¿ im Tierversuch: Es sei gelungen, bei Ratten, Mäusen und Kaninchen Fettgewebe zu züchten, erklärte er kürzlich bei einem Treffen des Royal Australasian College of Surgeons.
Gezüchtet im eigenen Körper
Das besondere an der neuen Methode: Das Gewebe wird nicht im Labor gezüchtet und dann dem Patienten reimplantiert, wie schon mehrmals in Tierversuchen angewendet. Die Wissenschaftler haben vielmehr die neue Brust direkt im Körper zum wachsen gebracht, so Cronin.
"Baugerüst" für neue Brust
Der Erfolg der neuen Methode liegt laut Cronin in der Technik: Eine Art Kammer mit einer gerüstartigen Struktur wird an der Stelle des Körpers implantiert, wo das neue Gewebe wachsen soll.

Zellen des umliegenden Gewebes wandern in diese Kammer und wachsen zu einem dreidimensionalen Gewebekomplex. Cronin vergleicht diesen Prozess mit der Wundheilung. Das implantierte Gerüst löst sich schließlich nach und nach auf.
...
Blutversorgung des neuen Gewebes
Der Schlüssel zum Erfolg der neuen Methode liege in einer Gefäßschlinge, so Cronin, die sich in der implantierten Kammer befindet. Diese bilde neue Blutgefäße und versorge so das wachsende Gewebe mit den notwendigen Nährstoffen.
...
Details über das verwendete Material und die exakte Methode hält der Forscher allerdings noch zurück. Er will das Verfahren zunächst noch patentieren lassen.
Kritische Gegenstimmen
Doch stößt die neue Methode in der Medizin nicht nur auf Anklang. Dai Davies, plastischer Chirurg am Londoner Stanford Hospital, gibt sich skeptisch: Zum einen sei es sehr schwierig, neues Gewebe auch tatsächlich dauerhaft mit Blut zu versorgen.

Zum anderen weist er darauf hin, dass bei Frauen mit Brustkrebs durch die Verwendung von körpereigenen Zellen ein erneutes Krebsrisiko gegeben sei. Dies kritisiert auch Julia Polak, Gewebespezialistin an der 'Imperial College School of Medicine' in London.
Neues Verfahren "hat Potential"
Doch sie zeigt sich gleichwohl vom Potential des neuen Verfahrens überzeugt. "Das ist der Weg, den die Gewebeforschung nehmen sollte. Man bringt den Körper dazu, sich selbst zu regenerieren, anstatt komplexe Körperteile im Reagenzglas zu züchten."
Problem: Größe und Form
Cronin selbst gibt einen weiteren Schwachpunkt seiner Technik zu. Das Endresultat sei wohl schwer zu steuern, meint er. Bisher ist es nämlich offenbar noch nicht gelungen, die - nicht ganz unwichtigen - Aspekte wie Größe und Form des neuen Gewebes zu kontrollieren.

Außerdem haben die Labormäuse zwar keinerlei Immunreaktionen gezeigt, doch kam es offenbar gelegentlich zu Infektionen um die implantierte "Kammer".

(red)
Mehr zum Thema in science.orf.at:
->   Brustkrebs: Auch Mitochondrien genetisch verändert
->   Große Brust vs. Erstickungstod
->   Österreich führend bei Brustkrebsforschung
Weitere Links:
->   Bernard O'Brien Institute of Microsurgery
->   Royal Australasian College of Surgeons
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010