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Atherosklerose: Gefäßwände entzünden sich  
  Atherosklerose ist nach einer neuen Studie der Wiener Medizin-Uni nicht bloß eine "Verkalkung", sondern primär eine Gefäßwandentzündung. Die Verkalkung folgt der Entzündung sozusagen erst auf dem Fuß.  
Das ist das Ergebnis der von Martin Schillinger von der Klinischen Abteilung für Angiologie geleiteten Untersuchung. Diese Entdeckung ermögliche eine Verbesserung von Diagnostik und Risikoabschätzung von Patienten, hieß es am Freitag in einer Aussendung der Universität.
Weit verbreitete Krankheit der westlichen Welt
Atherosklerose bezeichnet ein Krankheitsbild der Schlagadern, welches durch Gefäßverengung oder -verschluss zu Herzinfarkt, Schlaganfall und Raucherbein bzw. zur "Schaufensterkrankheit" (Beinschmerzen durch Durchblutungsstörungen, Anm.) führen kann.

Atherosklerose ist somit die bei weitem am häufigsten zum Tode führende Erkrankung der westlichen Welt.
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Entzündung könnte Rolle spielen
Die genaue Ursache der Atherosklerose ist aber immer noch unklar, was eine gezielte Behandlung derzeit unmöglich macht.

Viele Erkenntnisse der vergangenen Jahre würden jedoch darauf hinweisen, dass Atherosklerose nicht nur eine "Gefäßverkalkung" sei, die durch Einlagerung von Cholesterin und anderen Fetten begünstigt wird, sondern dass ein Entzündungsprozess in der Gefäßwand eine entscheidende Rolle spielen könnte, hieß es.
Zellen wandern in Gefäßwand ein
In diesem Zusammenhang wurde vom Team um Schillinger entdeckt, dass es sich bei Atherosklerose um eine "Gefäßwandentzündung" handelt. Folge der Entzündungsreaktion ist die Einwanderung von verschiedenen Zelltypen in die Gefäßwand.

Diese werden durch Entzündungssignalstoffe "angelockt". Diese Zellen vermehren sich, verkalken, sterben ab und ziehen neuerlich Entzündungszellen an.
Entzündung für Fortschritt der Krankheit verantwortlich
Ziel der Studien Schillingers, die in Zusammenarbeit mit den Abteilungen Angiologie und Medizinische/Chemische Labordiagnostik der Med-Uni Wien durchgeführt werden, ist es nun nachzuweisen, dass hohe entzündliche Aktivität, gemessen an verschiedenen Laborwerten ("Entzündungsparametern"), tatsächlich direkt mit dem Fortschreiten von Atherosklerose verbunden ist.

Dies wurde zwar aus vielen früheren Studien indirekt geschlossen, doch der direkte Zusammenhang wurde bisher nicht an einer großen Patientengruppe nachgewiesen.
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Beweis durch Langzeitbeobachtung
Schillinger: "Wir haben über ein Jahr bei über 1.300 Patienten mit Ultraschall den Engstellengrad (Ausmaß der Atherosklerose, Anm.) an den Halsschlagadern gemessen und gleichzeitig das Ausmaß der vorliegenden Entzündungsreaktion bei diesen Patienten anhand von 'Entzündungsparametern' im Venenblut bestimmt.

Die Patienten wurden dann nach sechs bis neun Monaten nochmals untersucht. So konnten wir einen direkten Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Gefäßentzündung und dem Fortschreiten der Erkrankung bestimmen." Resultat: Patienten mit hoher entzündlicher Aktivität haben auch ein hohes Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung.
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Verbesserungen der Diagnostik
Die Bedeutung dieser Beobachtung liegt einerseits in einer möglichen Verbesserung der Diagnostik und Risikoeinschätzung für diese Patienten:

Es geht jetzt - so Schillinger - einerseits darum, den idealen Marker (Entzündungsparameter in der Laboruntersuchung, Anm.) zu identifizieren, mit dem man beim einzelnen Patienten das Risiko am verlässlichsten bestimmen kann.
Entzündung reduzieren, Ausbreitung verlangsamen
Bis dato konnten allerdings nur zehn solcher Parameter "entschlüsselt" werden, was zahlreiche Folgearbeiten notwendig macht, um den am besten geeigneten zu bestimmen.

Der Fachmann: "Dennoch lassen diese Ergebnisse vermuten, dass Medikamente, die gezielt die Gefäßwandentzündung günstig beeinflussen, möglicherweise auch die Ausbreitung der Atherosklerose verhindern oder zumindest reduzieren könnten."

[science.ORF.at/APA, 1.7.05]
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01.01.2010