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Studie: Frauen auch in "Frauendomäne" benachteiligt  
  Ein aktueller Forschungsbericht kratzt am Image der Public Relations-Branche als Frauendomäne. Trotz steigender Frauenanteile zeigen sich dort nämlich gravierende Benachteiligungen von Frauen beim Gehalt, Aufgabenspektrum und bei den Karrierechancen.  
Paradoxerweise erscheint dabei gerade die landläufige Vorstellung von PR-Frauen als den "geborenen Kommunikatorinnen" als Karrierekiller Nummer eins. Frauen mit Managementambitionen droht hier eine tückische "Freundlichkeitsfalle".
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Ihre Ergebnisse präsentieren Romy Fröhlich, Sonja Peters und Eva-Maria Simmelbauer vom Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität München in ihrer im Oldenbourg-Verlag veröffentlichten Studie "Public Relations. Daten und Fakten der geschlechtsspezifischen Berufsfeldforschung".
->   Oldenbourg-Verlag
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"Gläserne Decke" auch in der Frauendomäne
Seit Jahren zählen Public Relations zu den überdurchschnittlich stark feminisierten Berufsfeldern. Trotz verstärkter Präsenz und der angeblich natürlichen Begabung für den Beruf sind Frauen auch in der Frauendomäne PR nicht gleichberechtigt.

Neueste Berufsstatistiken für Deutschland zeigen, dass der Frauenanteil in der PR-Ausbildung zwar schon seit langem bei bis zu 80 Prozent liegt. Beim Erklimmen der Karriereleiter gehen die PR-Frauen dann aber sukzessive "verloren". "In den Führungsetagen haben weiterhin die Männer das Sagen", führen die Kommunikationswissenschaftlerinnen aus. Die Situation in Österreich dürfte der deutschen sehr ähnlich sein.
Frauen arbeiten zu, Männer planen
Frauen haben außerdem eher als Männer unabhängig von ihrer tatsächlichen Ausbildung zuarbeitende und produzierende Funktionen in so genannten "Technikerrollen" inne, wohingegen Funktionen der systematischen Planung und Organisation (so genannte "Managerrollen") eher Männer besetzen.
Gehaltsdifferenz trotz gleicher Hierarchieebene
Am schwersten wiegen aber die signifikanten Gehaltsdifferenzen zwischen PR-Männern und -Frauen: Frauen verdienen in Deutschland im Schnitt 900 Euro im Monat weniger als ihre männlichen Kollegen.

"Selbst auf gleicher Hierarchiestufe und bei gleicher Aufgabenstruktur verdienen Frauen im Schnitt weniger als ihre männlichen PR-Kollegen", betont Romy Fröhlich.
Weibliches Kommunikationstalent ...
Die Forschungsergebnisse der Wissenschaftlerinnen lassen nun vermuten, dass es möglicherweise gerade das besondere weibliche Kommunikationstalent ist, das sich für Frauen in der PR-Branche als Karrierebarriere erweist:

Beim Berufseinstieg und auf unteren Hierarchiestufen funktionieren vermeintlich typisch weibliche Kommunikationsfähigkeiten wie Emotionalität, Konsensorientierung, natürliche Intuition, besonderes ethisches Verantwortungsgefühl, Kreativität und ausgeprägte Teamfähigkeit noch als Karrierevorteil.
... wird als schwache Führungskompetenz uminterpretiert
Bei den weiteren Karriereschritten bis hinauf ins Management erweisen sich solche Eigenschaften aber häufig als "Eigentor". Dann nämlich, wenn das viel gelobte weibliche Kommunikations- und Dienstleistungstalent plötzlich als mangelnde Durchsetzungsfähigkeit, schwach ausgebildete Führungskompetenz und konfliktscheues Teamverhalten im harten Wettbewerb mit Männern uminterpretiert wird.

Wer sich als "nettes PR-Mädel" zu lange auf dem stereotypen Frauenimage als "begnadete Kommunikatorin" ausruht, läuft Gefahr, so die Studie, in eine "Freundlichkeitsfalle" zu tappen.
Behinderungen durch soziale Kategorisierungen
"Insbesondere Frauen mit Managementambitionen in den PR müssen sich der enorm karrierehinderlichen Wirkung dieser spezifischen sozialen Kategorisierungen im Berufsfeld Public Relations bewusst sein", so die Forscherinnen abschließend.

[science.ORF.at/idw, 20.7.05]
->   Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, Uni München
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01.01.2010