News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Frühe Hurrikans bringen Bushs Klimapolitik ins Wanken  
  Der frühe Start der Hurrikan-Saison provoziert unangenehme Fragen an US-Präsident George W. Bush und seine umstrittene Umweltpolitik. Vor zwei Wochen hatte sein Bruder, Floridas Gouverneur Jeb Bush, kurz vor der Ankunft des Hurrikans Dennis geseufzt: "Nun können wir nicht viel mehr als beten".  
Vielen Amerikaner und manche Wissenschaftler stellen einen Zusammenhang her zwischen dem größten Umweltverschmutzer der Welt, den USA mit dem Rekordausstoß an Kohlendioxid, und der Zunahme verheerender Tropen-Stürme.
Hurrikans 2004 zerstörten 27.000 Wohnsitze
"Charley", "Frances", "Ivan" und "Jeanne" hatten 2004 in der Karibik und in den USA nach Angaben der "Baltimore Sun" 152 Menschenleben gekostet. 27.000 Häuser und Wohnungen wurden demnach zerstört, die Schäden auf 45 Milliarden Dollar (38 Milliarden Euro) geschätzt.

"Vielleicht kann die Wirtschaftslobby mal mit dem Präsidenten über Klimaerwärmung sprechen" schlug die "Sun-Sentinel" mit Blick auf den ökonomischen Schaden vor.

Allerdings könnte eben die These, nach der Hurrikans Resultat der von Menschen verursachten Klimaerwärmung sind, zu einem Eigentor der Umweltschützer werden.
Aufgeheizter Atlantiks als Ursache?
Hurrikanforscher Kevin Trenberth vom UN-Klimabeirat IPCC und Chef der Klimaforschung am US-Zentrum für Atmosphärenforschung (NCAR) in Boulder (Colorado) brachte es auf den Punkt:

Das Wüten der Hurrikans 2004 sei eine direkte Auswirkung des durch die globale Erwärmung aufgeheizten Atlantiks gewesen - wo sich tropische Wirbelstürme bilden, die dann nach Nordwesten driften. Es folgte ein Aufschrei der Empörung bei vielen Wissenschaftlern.
Streit unter den Experten
Trenberths Kollege Christopher Landsea vom Atlantischen Ozeanographischen und Meteorologischen Labor in Miami verließ aufgebracht den UN-Beirat und protestierte in einem offenen Brief gegen diese "Politisierung" des Gremiums, das "seine Neutralität verloren hat".

Ein Zusammenhang zwischen der sehr geringen Erwärmung des Atlantiks und Treibhausgasen sei nicht nachweisbar. Trenberth musste zurückstecken - und entschuldigte sich.
Genaue Ergebnisse stehen noch aus
Der gängigen Wissenschaftsmeinung zufolge ist es heute nicht möglich, verlässlich Auskunft über Zusammenhänge zwischen Klimaerwärmung und Sturmaktivitäten zu geben.

"Es mag sicher eine Beziehung geben, aber wir haben einfach noch keine Ergebnisse, keine gültigen Antworten", so Meteorologe Colin McAdie vom Nationalen Hurrikan-Zentrum im Fachmedium "Life-Science".
Über dem Atlantik vermehrt Wirbelstürme
Zwar ist unbestritten, dass es über dem Atlantik vermehrt Wirbelstürme gibt. "Seit 1995 gibt es mehr und stärkere Hurrikans", heißt es in einer im Juni veröffentlichten Studie der Amerikanischen Meteorologen Gesellschaft (AMS) zum Thema "Hurrikans und globale Erwärmung".

Statistisch hat es in den vergangenen zehn Jahren über dem Atlantik etwa doppelt so viele Hurrikans wie im Jahrzehnt zuvor gegeben. Dies sei aber den üblichen, 25- bis 40-jährigen natürlichen Zyklen von ruhigen und intensiven Phasen zuzuschreiben.
Weltweit keine Zunahme tropischer Stürme
Weltweit dagegen sei in den vergangenen Jahrzehnten keine Zunahme tropischer Stürme feststellbar. Für einen Zusammenhang zwischen Erderwärmung und Hurrikans gebe es keine wissenschaftliche Basis.

Hochrechnungen für die kommenden Jahrzehnte signalisierten selbst in negativen Szenarien nur eine relativ geringe Zunahme der Zahl und Intensität der Stürme.
Druck auf Klimatologen wächst
Viele US-Wissenschaftler beklagen die öffentlichen Erwartungen nach spektakulären Ergebnissen, die ins jeweilige politische Weltbild passen.

"Es gibt einen Druck auf Klimatologen, etwas über extreme Phänomene zu sagen, weil sie so wichtig sind. Aber das ist sehr gefährlich, wenn wir noch keine Antworten haben", betonte Linda Mearns vom NCAR.
Ist Treibhauseffekt-Bekämpfung nutzlos?
Es sei eine "große Ironie", dass die kaum haltbare These vom gefährlichen Einfluss der Klimaerwärmung auf Hurrikans "genau das Gegenteil bewirken kann", heißt es in der AMS-Studie.

So gebe es der Kritik an wissenschaftlichen Begründungen für Klimaschutz-Maßnahmen neue Nahrung. Zudem stelle es die Effizienz von Aktivitäten gegen den Treibhauseffekt grundsätzlich in Frage.

Die Bush-Regierung wird das freuen. Ohnehin gratulierte die konservative "Washington Times" dem Präsidenten, dass er beim G8-Gipfel in Gleneagles in der Umweltpolitik alle konkreten Schritte habe verhindern können.

Laszlo Trankovits/dpa, 21.07.2005
science.ORF.at
->   US-Zentrum für Atmosphärenforschung (NCAR)
->   UN-Klimabeirat IPCC
->   US-Hurrikan-Zentrum
->   Amerikanische Meteorologische Gesellschaft
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Klimawandel
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010