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Nagel und Ohr: Neue Wege für die Personenerkennung  
  Biometrische Methoden, die dazu dienen, Personen eindeutig zu identifizieren, gewinnen im Zeitalter der Überwachungskameras immer mehr an Bedeutung. Neben Gesichtserkennung sowie Fingerabdruck- und Stimmanalysen könnte man zukünftig auch am Ohr oder durch im Fingernagel abgespeicherte Daten erkannt werden, wie zwei neue Studien ergaben.  
Britische Forscher konnten zeigen, dass es aussagekräftiger ist, Ohren zur Personenidentifizierung heranzuziehen als mit Gesichtserkennung zu arbeiten.

Einem japanischen Team ist es gelungen, Daten mittels eines Lasersystems in menschliche Fingernägel einzubrennen und ebenso erfolgreich wieder auszulesen.
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Die Studie "Three-dimensional optical memory using a human fingernail" erschien am 13.06.2005 im Journal "Optics Express" (Bd.13, Seite 4560).
->   Zur Studie in "Optics Express":
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Datenspeicherung in Fingernägeln
Weltweit wird daran gearbeitet, persönliche Daten diebstahl- und fälschungssicher abzuspeichern. Ein Team um Yoshio Hayasaki von der Tokushima Universität in Japan hat eine Technik entwickelt, die zukünftig eine Datenspeicherung in Fingernägeln ermöglichen könnte.

Die Forscher führten ihre Experimente mit abgebrochenen Stücken menschlicher Fingernägel durch, die sie mit Laserstrahlen beschossen.
Laser erzeugt 3D-Strukturen
Dafür verwendeten sie ein "Femtosekunden-Laser-System", das die Erzeugung von dreidimensionalen Strukturen in transparenten Materialien ermöglicht.

Der Laser arbeitet mit Impulsen von weniger als hundert Femtosekunden und einer Wellenlänge von 800 Nanometer.

Mithilfe eines Mikroskops wurden die Laserstrahlen entlang der optischen Achse in drei verschiedenen Tiefenebenen des Nagels fokussiert, bei 40, 60 und 80 Mikrometer.
Beschossene Bereiche fluoreszieren stärker
Die Oberfläche der 2 x 2 x 0,4 Kubikmillimeter großen Nagelstücke wurde zuvor geglättet, um die Zerstreuung der Laserstrahlen zu minimieren.

Da die beschossenen Bereiche stärker fluoreszieren als die unbehandelten Nagelstrukturen der Umgebung, lassen sich die eingebrannten Daten mit einem Fluoreszenzmikroskop einfach wieder auslesen.

Die Wissenschaftler glauben, dass die Fluoreszenzerhöhung mit der aus der Hitze des Laserstrahls resultierenden strukturellen Veränderung des Proteins Keratin zusammenhängt.
Fünf Mega-Bits Speicherkapazität
Die neue Methode ermöglicht nach Angaben der Wissenschaftler eine Daten-Speicherkapazität von fünf Mega-Bits pro Nagelvolumen (5 x 5 x 0,1 Kubikmillimeter).

Jetzt arbeiten sie an einem System, das Daten in noch am Finger befindliche Nägel einschreibt.
Natürliches Speicher-Limit: Sechs Monate
Die japanischen Forscher glauben, dass die neue Technik im Bereich der Personenerkennung Anwendung finden kann: Datenspeicherung via Fingernagel könnte mit biometrischen Methoden wie Fingerabdruck-Authentifizierung und Venenerkunnung kombiniert werden, so der Studienleiter Yoshio Hayasaki in einer Aussendung.

Limitiert wird das neue System der Datenspeicherung allerdings durch das natürliche Auswachsen der Nägel. Die gespeicherten Informationen bleiben nur sechs Monate lang ablesbar.
Weitere Methode: Von Ohren auf Personen schließen
Doch nicht nur japanische Forscher zeigten sich zuletzt in Sachen Biometrie kreativ. Wie der "New Scientist" vor kurzem berichtete, wollen Forscher der Universität von Southampton in Großbritannien Personen aufgrund ihrer Ohr-Merkmale identifizieren - dies sei aussagekräftiger als die Gesichtserkennung.

Ihre Technik erlaube es, die Form des Ohrs als Ganzes zu erfassen und in einen Code überzuführen, der anschließend mit gespeicherten Daten verglichen werden kann.
Bleiben bis ins hohe Alter gleich
Der große Vorteil gegenüber der Gesichtserkennung liege daran, dass sich das Aussehen der Ohren durch Mimik oder mit zunehmendem Alter kaum verändert.

Außerdem sind Ohren an der Kopfseite fixiert und von ihrer Umgebung leicht abgrenzbar. Allein die Kopfbehaarung könnte die Datenauswertung erschweren. "Dieses Problem wäre durch die Verwendung von Infrarot-Aufnahmen zu beheben", erklärte der Studienleiter Mark Nixon im "New Scientist".
Trefferquote von 99 Prozent
Mit der Ohr-Analyse führten die Forscher Tests an 63 Versuchspersonen durch. Dabei lag die Trefferquote bei 99,2 Prozent.

Dies sei eine gute Ausgangslage für weitere Untersuchungen mit einer höheren Anzahl von Testpersonen, um die Aussagekraft der Methode zu bestätigen, frohlocken die Forscher.
Aussagekräftiger als Gesichtserkennung
Bisherigen Messergebnissen zufolge besitzt das Ohr mehr Unterscheidungsmerkmale als individuelle Gesichtsstrukturen. Die Genauigkeit einer Irisanalyse konnte mit der Ohr-Biometrie allerdings nicht erzielt werden.

Ein mögliches Einsatzgebiet der Ohranalyse wäre die Identifikation von Personen, die von einer Überwachungskamera aufgenommen wurden. Weiters könnte die Technik in Mobiltelefone integriert werden, die ihre Besitzer fortan am Ohr erkennen könnten.

Alexandra Egger, science.ORF.at, 22.07.2005
->   New Scientist
->   Biometrie bei Wikipedia
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01.01.2010