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"Knochenfabrik" stellt Ersatzmaterial im Körper her  
  Wissenschaftler haben eine Art Knochenfabrik entwickelt, mit der sich direkt im eigenen Körper Ersatzgewebe züchten lässt. Dieses kann entnommen und an anderer Stelle des Körpers zur Behandlung schwerer Brüche oder bei Erkrankungen des Knochenapparats eingesetzt werden.  
Abstoßungsreaktionen nach der Transplantation würden auf diese Weise vermieden, schreiben Forscher von der Universität Basel in einer aktuellen Studie.
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Die Studie "In vivo engineering of organs: The bone bioreactor" von Prasad Shastri und Kollegen erscheint zwischen 25. und 29. Juli 2005 in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften (DOI: 10.1073/pnas.0504705102).
->   Der Artikel als .pdf-Download (erst nach Erscheinen online)
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Höhle zwischen Schienbein und Zellschicht
Prasad Shastri und seine Mitarbeiter führten ihre Versuche mit Kaninchen durch. Nahe des Schienbeins der Tiere schufen sie zunächst einen "Bioreaktor", also einen Raum, in dem der neue Knochen heranwachsen kann.

Dazu spritzten sie eine Flüssigkeit zwischen das Schienbein und die direkt darüber liegenden Zellschicht. Die entstehende Höhle füllten sie mit einem Gel.
Durch Wundheilung entstand neues Knochenmaterial
Anschließend mussten die Forscher nur noch abwarten: Im Zuge der Wundheilung bildete sich in dem Bioreaktor ohne weiteres Zutun neuer Knochen.

Nach sechs Wochen zeigte sich, dass das neu gebildete Gewebe die gleichen Eigenschaften besitzt wie normal gewachsener Knochen, also eine entsprechende Festigkeit und Mineralisierung zum Beispiel.
Gewebe durch "Sollbruchstelle" leicht zu entnehmen
Zwischen dem neuen Knochen und dem alten gibt es zudem eine Art "Sollbruchstelle", so dass das neue Gewebe leicht zu entnehmen ist. Die Wissenschaftler transplantierten dieses dann auf einen frischen Bruch am anderen Schienbein der Tiere.

Anschließende Untersuchungen zeigten, dass sich der Ersatzknochen mit dem beschädigten Knochen problemlos verbindet.
Für schwere Brüche oder bei Krebs nötig
Ersatzknochen wird nach schweren Brüchen benötigt oder wenn durch eine Erkrankung wie Krebs Knochen zerstört wurde.

Auch bei so genannten Wirbelversteifungen ist Knochenmaterial gefragt.
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Aktuelle Methode: Entnahme aus Beckenkamm
Heute wird dieses zumeist aus dem Beckenkamm gewonnen. Von dort ist es jedoch nicht nur schlecht zu entnehmen, auch die verfügbare Menge ist begrenzt, und die Patienten leiden oft noch Jahre nach dem Eingriff unter Schmerzen.
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Verfahren eventuell auf andere Gewebearten übertragbar
Mit dem neuen Verfahren könnten diese Probleme umgangen werden, meinen die Forscher. In ersten Versuchen sei es zudem gelungen, auch Knorpel in dem Bioreaktor zu züchten.

Prinzipiell sei darüber hinaus denkbar, auch anderes Gewebe - etwa solches der Leber - auf diese Weise nachzuzüchten.

[science.ORF.atAPA/dpa, 26.7.05]
->   Universität Basel
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01.01.2010