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'Hit-Listen' der einflussreichsten Forscher  
  Wer sind die einflussreichsten Wissenschaftler der Welt? Ein amerikanisches Institut versucht Antwort darauf zu geben, indem es die Häufigkeit ihrer Zitate in der Fachliteratur misst: eine Methode, die nicht ganz unumstritten ist.  
Wie oft ein Forscher von seinen Berufskollegen in aller Welt in Veröffentlichungen zitiert wird, gilt unter Wissenschaftlern als Qualitätsmerkmal. Und entscheidet nicht selten über die Berufslaufbahn und wissenschaftliche Karriere.

Nun gibt es ein scheinbar unerschütterliches Instrument für diese wichtige "Zitier-Rate" (Citation Impact): Sie wird mittels einer Datenbank des in Philadelphia (USA) beheimateten Institute for Scientific Information (ISI) ermittelt.
->   Institute for Scientific Information (ISI)
Seit kurzem veröffentlicht das ISI unter dem Titel "Highly Cited" Listen der "100 einflussreichsten Forscher" in den verschiedenen wissenschaftlichen Fachgebieten. Einfluss wird also hier bemessen nach der Häufigkeit der Zitate, die einem Wissenschaftler zu Teil werden.
Erste Listen aus vier Bereichen
Den Anfang machte ISI mit den Verzeichnissen der überragenden Forscher in den Bereichen Neurowissenschaften, Chemie, Ingenieurwissenschaften und Physik.

Für jedes dieser Fachgebiete wurden die rund 100 am häufigsten zitierten Forscher zusammengefasst, allerdings innerhalb der Liste nicht gereiht.
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Zitate von 1981-1999
Ausgewertet wurden Zitate von der Publikationsliste der einzelnen Forscher im Zeitraum zwischen 1981 und 1999. Laut ISI wurde diese Zeitspanne gewählt - obwohl die Datenbank tatsächlich über mehr als 50 Jahre zurück reicht -, um aktuelle Forschung in den Mittelpunkt zu stellen. Die Grundlage bilden wissenschaftliche Fachjournale der einzelnen Gebiete.
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Kritische Stimmen
Im Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) beurteilt man die ISI-Listen zurückhaltend. Es seien darauf durchaus großteils sehr prominente Forscher zu finden, Laurenz Niel vom FWF würde sie aber dennoch nicht gleich als "die Bedeutendsten" bezeichnen.
Kritikpunkte an der Methode
Das Aufscheinen auf der Liste bedeute nicht automatisch wissenschaftliche Exzellenz, da beispielsweise Übersichtsartikel mehr zitiert würden als Artikel über neue Resultate.

Auch das Fehlen sei nicht automatisch ein Makel. So gebe es in der Physik zu Themen aus der Festkörperphysik wie Fullerene oder Hochtemperatursupraleiter weltweit mehr Forscher und daher auch mehr Zitate als z.B. zu Themen im Bereich der Quantenoptik.
->   FWF
Identifikation von Schlüssel-Forschern?
Laut ISI bietet "Highly Cited" die Möglichkeit, in den einzelnen Wissenschaftsgebieten "Schlüssel-Forscher und -Institute zu identifizieren, die einen fundamentalen Beitrag zur Entwicklung der Wissenschaft in der jüngsten Vergangenheit geleistet haben".
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Von den in die Liste aufgenommenen Namen - gerade ein halbes Prozent der fast fünf Millionen Forscher, die in der ISI-Zitierungs-Datenbank erfasst sind - werden übrigens auch biografische und Publikations-Informationen geboten.
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Klare Dominanz der US-Forscher
Nicht wirklich überraschend zeigt die Listen vor allem eines: die klare Dominanz der US-Forschung. So stammen von den 101 in das Verzeichnis aufgenommenen Physikern 73 aus den USA.

Das zieht sich durch alle vier gelisteten Kategorien, auch die genannten Forschungsstätten der Wissenschaftler liegen überwiegend in den Vereinigten Staaten.
Wenige heimische Namen
Österreicher gibt es nur vereinzelt in den Listen und die Wenigen sind Beispiele für Vertriebene Intelligenz oder eine große Karriere im Ausland. So findet sich in der Kategorie "Neurowissenschaften" nur der gebürtige Österreicher Eric Kandel vom Zentrum für Neurobiologie und Verhaltensforschung an der Columbia Universität, New York.
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Medizin-Nobelpreis für Eric Kandel
Kandel, der 1939 aus Wien fliehen musste, wurde im Vorjahr für seine Arbeiten über die Mechanismen der Gedächtnisbildung mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet .
->   Eric Kandel - Neurobiologe und Kunstsammler (spiegel online)
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'Exil-Österreicher' gelistet
Im Bereich "Physik" wurde der aus Vorarlberg stammende Festkörperphysiker Bertram Batlogg aufgenommen, der seit kurzem an der ETH Zürich arbeitet und u.a. erstmals supraleitenden Kunststoff entwickelt hat. In der Liste wird er übrigens noch unter seiner früheren Arbeitsstätte, den Bell Labs in den USA, geführt.

Weiters genannt wird der gebürtige Niederösterreicher Kurt Binder, der als Festkörperphysiker über zahlreiche internationale Stationen an die Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz kam, wo er seit 1983 als Professor arbeitet.

Ebenfalls unter den Top-100-Physikern ist der Nachrichtentechniker österreichischer Abstammung, Hermann Haus, der seit 1954 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in seinem Spezialgebiet arbeitet, der Übertragung von Signalen mit optischen Mitteln.
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Hermann Haus zwei mal gelistet
Haus ist gleich ein zweites Mal in einer Highly-Cited-Liste zu finden, nämlich auch in jener für den Bereich Ingenieurwissenschaften (Engineering).
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Einzige Österreichische Forschungsstätte: TU Wien
Einer der Top-Forscher in diesem Gebiet ist der ISI-Liste zufolge auch Kurt Hornik vom Institut für Statistik und Wahrscheinlichkeitstheorie der Technischen Universität Wien.
Listen sollen weiter ausgebaut werden
Nach Angaben des ISI sind die Listen noch nicht vollständig und sollen im Endausbau rund doppelt so viele Forscher umfassen. Insgesamt ist geplant, bis Dezember dieses Jahres die Top-Forscher-Verzeichnisse für 21 wissenschaftliche Fachgebiete zu erstellen.

Eine Übersicht über die Fachgebiete sowie die ersten vier Listen finden sich auf ISIHighlyCited.com. Die ISI-Homepage bietet auch eine Liste der für die Datenbank verwendeten 8.669 Fachjournale, die ISI Master Journal List.

(APA/red)
->   ISIHighlyCited.com
->   ISI Master Journal List
 
 
 
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01.01.2010