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Die Vaterschaftstests boomen  
  Die Technik der DNA-Analyse wird einfacher. Damit steigt auch die Zahl der Labors, die diese anbieten - und die Zahl der Väter, die ihre Vaterschaft überprüfen lassen.  
Der private Vaterschaftstest ist im Kommen. Immer mehr Männer lassen per Abstammungsgutachten auf eigene Kosten prüfen, ob ihr Kind auch tatsächlich von ihnen gezeugt wurde, berichten Labors, die solche Untersuchungen durchführen.

Auf dem wachsenden Markt beginnen sich private Unternehmen zu etablieren, die solche Dienste zu einem Bruchteil der Kosten anbieten. Nicht alle sind seriös, warnen Sachverständige.
'Sprunghafter Anstieg'
"Nach dem Fall Boris Becker stieg die Nachfrage sprunghaft", berichtet Angelika Lösch, Geschäftsführerin des privaten Wiesbadener ID-Labors. Für 820 Mark (5.800 ATS) kann man dort einen DNA-Test in Auftrag geben.
->   ID-Labor
Speichel oder Haarprobe genügen
Zum Nachweis genügen ein wenig Speichel oder Haare. Schon im zweiten Jahr seines Bestehens suchten rund 3.000 Kunden das Labor auf - fast alles Privatleute. "Es spricht sich eben herum, dass ein solcher Test möglich und gar nicht teuer ist", begründet Lösch den Boom.

"Konservativ geschätzt kommen in Deutschland pro Jahr etwa 7.000 Kinder zur Welt, die einen anderen Vater haben als vermutet", berichtete die "Ärzte Zeitung" (Neu Isenburg) kürzlich. Das Fachblatt berief sich auf zwei britische Studien und rechnete die Zahlen auf Deutschland hoch.
->   Die Ärzte Zeitung
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Die zitierten britischen Studien sind in zwei wissenschaftlichen Fachjournalen erschienen: Im American Journal of Human Genetics (66, 2000) und im Magazin The Lancet (338, 1993).
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->   The American Journal of Human Genetics
->   The Lancet
Auch das Rote Kreuz testet
"Die meisten Kunden sind Männer", bilanziert Christine Ringholz, die beim Deutschen Roten Kreuz Abstammungsgutachten schreibt und verschickt. "Manchmal kommen Familienvätern eben Gerüchte zu Ohren, oder die Frau gesteht einen Seitensprung." Dann wollten die Männer Sicherheit.

Beim Deutschen Roten Kreuz kostet der Test mit rund 3.000 Mark (21.100 ATS) deutlich mehr, dafür beträgt die Sicherheit des Gutachtens "mindestens 99,9 Prozent", wie Ringholz erläutert. Neben der DNA-Analyse prüfen die Mitarbeiter die Vaterschaft auch mit Hilfe der Blutgruppe und der Blutkörperchen.
->   Deutsches Rotes Kreuz
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Das Österreichische Rote Kreuz bietet diesen Dienst übrigens nicht an, wie science.orf.at auf Anfrage erfuhr.
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Auch Frauen kommen zum Test
Manchmal kämen auch Frauen, die sich über den Erzeuger ihres Kindes im Unklaren sind, berichten Labors. Da war zum Beispiel die Frau, die nacheinander mit drei möglichen Kindsvätern ins Frankfurter Zentrum für Rechtsmedizin kam - "aber keiner war der Vater", wie Richard Zehner der Frau mitteilen musste.

Oder die Gymnasiastin, die drei Klassenkameraden zugleich testen ließ: "Da war der richtige dabei." Manchmal kämen auch Frauen mit dem Liebhaber: "Die wollen wissen, von wem das Kind ist, um dann zu entscheiden, ob sie dem Mann was beichten müssen, oder nicht."
->   Frankfurter Zentrum für Rechtsmedizin
Grund oft drohende Unterhaltszahlungen...
In den meisten Fällen treibt jedoch eine drohende Unterhaltszahlung mögliche Väter ins Labor. Bevor die Sache vor Gericht geht und richtig teuer wird, versuchen die Parteien sich privat zu einigen, berichtet Zehner.
...oder Neid und Missgunst
Beim ID-Labor in Wiesbaden tauchen auch schon mal die Schwiegereltern auf, die der ungeliebten Gattin des Sohns Untreue unterstellen. Oder Kinder aus zweiter Ehe gönnen der Stiefschwester aus erster Ehe nichts vom Erbe, so lange deren "Tochterschaft" nicht bewiesen ist.

Dass die Zahl der privaten Labors steigt, ist neuen, einfacheren Analyse-Techniken zu verdanken. "Da brauchen Sie eine Maschine, in die geben Sie oben was rein und unten spuckt es die Faktoren aus", erklärt der Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Sachverständigen für Abstammungsgutachten, Helmut Adamek.
'Goldgräberstimmung' bei den Privat-Labors
Bei den privaten Labors herrsche die reinste "Goldgräberstimmung". Seriös seien nicht alle: "Da können Sie Ihrem Kind ein paar Haare ausreißen und ein paar von sich selbst mit in den Briefumschlag legen, und die machen Ihnen ein Gutachten."

So einfach nebenbei lässt niemand einen Vaterschaftstest machen, berichten die Labors. "Meist steckt ein unheimlicher Leidensdruck dahinter", sagte Angelika Lösch. Daher seien die meisten Kandidaten auch sehr gesprächig - eine Erfahrung, die fast alle ihre Kollegen bestätigen.
Die wahren Dramen geschehen daheim
Den "Showdown" bekommen die Institute letztlich gar nicht mit: "Wir schicken das Gutachten mit der Post", sagt Zehner. "Die wahren Dramen spielen sich dann in den eigenen vier Wänden ab."

(Sandra Trauner, dpa)
 
 
 
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01.01.2010