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Erste Nationalratswahl vor genau 60 Jahren  
  Heute vor 60 Jahren, am 25. November 1945, fanden in Österreich die erste Nationalratswahl der Zweiten Republik statt - nur ein halbes Jahr nach Kriegsende und der Befreiung vom Nationalsozialismus.  
Es war in mehrfacher Hinsicht eine Schicksalswahl, die da unter den wachsamen Augen der vier alliierten Besatzungsmächte ablief: Vor allem zeigten sowohl ihre reibungslose Durchführung, als auch das Ergebnis, dass Österreich wieder in den Kreis der westlichen Staatengengemeinschaft zurückkehren wollte.
Plakatwahlkampf 1945
Seit April 1945 waren in der ersten Nachkriegsregierung unter Staatskanzler Karl Renner alle Ministerien dreifach bestezt : ÖVP, SPÖ und KPÖ überwachten einander paritätisch und gleichberechtigt auf Schritt und Tritt.

Doch die vier Besatzungsmächte drängten: Sie wollten stabile Verhältnisse haben, und die konnte es nur nach bundesweiten Wahlen geben. So begann im November ein Nationalratswahlkampf, der sich im trümmerreichen Österreich des Jahres 45 in erster Linie über Wahlplakate abspielte. Massenkundgebungen gab es so gut wie nicht.
Wahlbeteiligung 94 Prozent
Dennoch war die Wahlbeteiligung enorm hoch: sie lag über 94 Prozent, sagt der Wiener Zeithistoriker Gerhard Jagschitz :

"Damals galt es als Sünde, wenn man nicht wählen ging. Die letzten Nationalratswahlen waren 1930 gewesen, und man empfand es als Rückkehr zur Normalität, nun wieder demokratisch zu wählen."
ÖVP Sieger, Platz zwei für SPÖ
Und obwohl die sowjetische Besatzungsmacht den Kommunisten mehr Papier und Druckerschwärze für den Wahlkampf zur Verfügung gestellt hatte als die anderen Parteien bekamen, sprach das Wahlergebnis eine deutliche Sprache.

Mit nur vier von 165 Mandaten erlitt die KPÖ eine vernichtende Niederlage, die ÖVP wurde mit 85 Mandaten stärkste, die SPÖ mit 76 Mandaten zweitstärkste Partei. Freilich: Wählen durften oder konnten damals nicht alle Österreicher, erinnert Gerhard Jagschitz:

"Die ehemaligen Nationalsozialisten waren von der Wahl ausgeschlossen , und viele Männer waren in Kriegsgefangenschaft . So waren es vor allem Frauen, die den konservativen Wahlsieg herbeiführten. Die KPÖ identifizierte sich mit der sowjetischen Besatzungsmacht, und wurde daher auch umgekehrt mit deren Taten identifiziert."

Jedenfalls hatten die Österreicher klar gemacht, dass ihr Land nicht totalitär-kommunistisch, sondern westlich-demokratisch werden sollte - im eben erst ausgebrochenen Kalten Krieg eine wichtige Weichenstellung Richtung Freiheit und Staatsvertrag.

Martin Haidinger, Ö1-Wissenschaft, 25.11.05
->   Karl Renner (aeiou.at)
->   Leopold Figl (aeiou.at)
 
 
 
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01.01.2010