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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Verwaschene Spuren  
  Kerne aus Eis werden gerne als Klimaarchive verwendet, denn in ihnen sind die Klima-Spuren hunderttausender Jahre 'eingefroren'. Doch das im Polareis vorhandene Wasser und die darin enthaltenen chemischen Hinweise aus der Erdvergangenheit können über große Entfernungen verteilt werden und dabei die wertvollen Spuren verwischen.  
Alan Rempel von der University of Washington und seine Kollegen haben diesen Effekt nun im Computer nachmodelliert. Der Umfang der Diffusion des Polarwassers ist dabei zum Großteil davon abhängig, wie viel flüssiges Wasser sich im Eis befindet, von der Temperatur und der Konzentration der gelösten Substanzen, wie die Forscher in der aktuelle Ausgabe von "Nature" berichten.
Abweichung in der Tiefe größer
Der im arktischen Eis tief verborgene Vostok-See ist bis zu 500.000 Jahre alt. Da der Anteil flüssigen Wassers aufgrund der Druck- und Temperaturverhältnisse in der Tiefe ansteigt, sind die durch Diffusionen des Wassers verursachten Abweichungen der chemischen Spuren von den erwarteten Werten hier besonders groß.
Korrektur der Klimaarchive
John Wettlaufer, ein Kollege von Rempel hegt daher die berechtigte Hoffnung, dass die Klimaforscher ihre umfangreichen Archive aufgrund jener Ergebnisse aufarbeiten und korrigieren. Obwohl die Auswirkungen jener Diffusion in den polaren Eisschichten, die jünger als 100.000 Jahre alt sind, geringer sein dürften, kommt damit auf die Klimaforscher eine umfangreiche Detailarbeit zu.
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Antarktischer Vostok-See
Der Vostok-See liegt etwa vier Kilometer unter dem Eis der Antarktis. Mittels Modellrechnungen haben Wissenschaftler die Wechselwirkungen zwischen dem Eispanzer und dem See analysiert und Licht in das Dunkel seiner Entstehung gebracht. Vermessungen der Topographie, der Oberflächengeschwindigkeiten und der Eisstruktur lieferten die nötigen Daten. Ein Modell simuliert die Eisdynamik über dem See sowie die Wechselwirkungen zwischen See und Eispanzer. Forscher entdeckten, dass sich das Wasser des Vostok-Sees durch Schmelzprozesse an der Basis des Eises ständig erneuert. Im Eis enthaltene Partikel werden auf diese Art langsam im See akkumuliert. Da das heute an der Basis abschmelzende Eis 500000 Jahre alt und ebenso lange von der Umwelt isoliert war, enthält der See einen einzigartigen Schatz an Informationen.
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Polare Eisprofile als Spiegel vergangenen Klimas
Entnommene Eisprofile aus Arktis und Antarktis sind neben Sedimentkernen aus den Tiefen der Meere besonders geeignet, Rückschlüsse auf längst vergangene Klimaereignisse und - trends zu ziehen.

Die in den Polarregionen gemessenen Niederschläge weisen eine bestimmte Verteilung von Sauerstoffisotopen auf. Aus diesen kann man die entsprechenden Temperaturen ableiten, während die Konzentrationen an Schwefelsäure Zeugen vergangener vulkanischer Aktivitäten darstellen. Ammoniumhydroxid-Gehalte sprechen dagegen von ehemaligen großflächigen Waldbränden.
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Isotope...
...sind die zu einem chemischen Element gehörenden Atome gleicher Kernladung, aber verschiedener Masse. Isotope unterscheiden sich dadurch, dass ihre Atomkerne die gleiche Zahl von Protonen, aber eine verschiedene Anzahl von Neutronen enthalten. Im allgemeinen gibt es zu jedem Element ein stabiles Isotop. In der Natur treten sie in nahezu konstanten Mischungsverhältnissen auf und verursachen so die nicht ganzzahligen Atommassen der chemischen Elemente.
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Signale bleiben Tausende Jahre erhalten
In Regionen, in denen Eismassen längere Zeit kaum Wanderungsbewegungen unterworfen sind, bleiben jene chemischen Spuren aus der Vergangenheit über Hunderttausende von Jahren erhalten. Außerdem spricht die enge Korrelation von grönländischen und arktischen Eiskernen für die globale Aussagekraft solcher Ergebnisse. Denn etliche jener bedeutenden Substanzen finden sich direkt im Wasser gelöst, das entlang der Eiskristalle entsteht.

Nach der Brownschen Molekularbewegung versuchen sich unterschiedliche Konzentrationen gelöster Stoffe gegenseitig aufzulösen. Deshalb diffundieren jene Substanzen von Bereichen höherer Konzentration in jene niederer. Wenn die Eiskerne also irgendwann in den Kühllabors untersucht werden, finden sich die Spuren womöglich in Abschnitten, in denen sie ursprünglich nicht abgelagert wurden. Ein hoher Salzgehalt würde in solch einem Fall nicht unbedingt mit einer hohen Lufttemperatur konvergieren.

(red)
->   Applied Physics Laboratory, University of Washington
->   Department of Earth and Space Sciences, University of Washington
->   Department of Physics, University of Washington
->   Institute of Theoretical Geophysics, Department of Applied Mathematics and Theoretical Physics, University of Cambridge
Der Originalartikel in 'Nature'(Nature 411, 568 - 571 ) erschien unter dem Titel " Possible displacement of the climate signal in ancient ice by premelting and anomalous diffusion "(kostenpflichtig).
->   Originalartikel in 'Nature'
 
 
 
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01.01.2010