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Neuer IMP-Chef: Barry Dickson  
  Ab 1. Jänner hat das Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien einen neuen Leiter. Dem bisherigen Institutschef Kim Nasmyth folgt nun der Genetiker und Neurobiologe Barry Dickson nach.  
Sein besonderes Interesse: Die Untersuchung der Funktionen der rund 15.000 Gene des "Haustiers der Genetiker", der Fruchtfliege (Drosophila melanogaster).
Institutsgeschichte
Die Vorgeschichte: Das IMP wurde 1985 als Joint Venture des US-Gentechnik-Unternehmens Genentech und des deutschen Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim gegründet.

Erster wissenschaftlicher Leiter war Max Birnstiel, der unter anderem an Methoden zur Entwicklung von (Tumor-)Vakzinen arbeitete.

1993 übernahm Boehringer Ingelheim das Institut voll und ganz. Es hat ein Jahresbudget von rund 25 Millionen Euro, von denen 70 Prozent der Konzern beisteuert. Der Rest kommt aus Forschungsförderungen etc.

1997 wurde Kim Nasmyth Nachfolger von Birnstiel. Der Brite konzentrierte sich in seinen Arbeiten auf die Zellzyklus-Kontrolle und arbeitete speziell an Hefezellen als Modell. Mit Beginn 2006 wird Nasmyth in Oxford in Großbritannien eines der größten biochemischen Institute Europas leiten.
Dickson: Von der Mathematik zur Biologie
Dickson wiederum stammt aus Australien. Er wurde 1962 in Melbourne geboren und wandte sich nach einem abgeschlossenen Studium der Mathematik der Biologie zu. Sein Weg nach Wien führte über Zürich, San Diego (Salk Institut) und Berkeley.

Bereits seit 1998 arbeitete Dickson am IMP, wechselte allerdings 2003 vom IMP ins nunmehr baulich benachbarte - aber damals noch "virtuelle" - Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) von Josef Penninger - um nunmehr als Leiter wieder zurück ans IMP zu kommen.
Jungforscher unterstützen
"Es ist wieder ein Wechsel. Ich mag neue Ideen. Mir geht es vor allem darum, jüngere Wissenschafter zu unterstützen. Wir werden drei solcher PhDs auf einer ad hoc-Basis Forschungsstellen bieten", sagte Dickson gegenüber der APA.

Der Australier ist seit 2003 Mitglied der European Molecular Biology Organization (EMBO) und erhielt 2005 gemeinsam mit dem Quantenphysiker Rudolf Grimm den österreichischen Wittgenstein-Preis.
Fliegen-Bibliothek
Das Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) unter Josef Penninger (etwa 100 Mitarbeiter) verliert mit Barry Dickson als neuer IMP-Leiter (210 Mitarbeiter) eine wichtige Stütze, doch die Netzwerke zwischen den benachbarten Instituten sind Teil des Konzepts am Campus in Wien-Landstraße.

Noch dazu, da Dickson ein internationales Herzeigeprojekt fast fertig gestellt hat: Das Anlegen einer "Bibliothek" an Drosophila-Fliegen, bei denen jeweils eines ihrer rund 15.000 Gene gezielt ausgeschaltet wird. Was diese Arbeiten so wichtig macht: Für 70 Prozent der Gene der Fliegen gibt es beim Menschen entsprechende Erbanlagen.
Räumliche Nähe fördert Kooperation
Der Wissenschaftler: "Wir sind zu 80 Prozent fertig. Rund 11.000 der transgenen Fliegen-Stämme haben wir bereits fertig. Bei den anderen sind wir in einem Zwischenstadium. Bis zum Frühling werden wir 95 Prozent geschafft haben. Diese 'Bibliothek' gehört dem IMBA, aber wir werden sie natürlich nutzen."

Die Verbindungen zwischen den Instituten sind ausgesprochen eng. Service-Einrichtungen bis hin zur gerade umgebauten Cafeteria werden gemeinsam genutzt. Dickson: "Man hat einmal ausgerechnet, wie weit die Entfernung zwischen Wissenschaftern sein darf, damit sie noch leicht zusammen arbeiten: Es sind nur 300 Meter."
Die Genetik des Verhaltens
Im Keller entsteht derzeit eine Anlage für das Halten von Mäusen mit 20.000 Käfigen. Das dient den Mausgenetikern bei ihren Untersuchungen und wird eine der größten derartigen Einrichtungen weltweit sein.

Dickson selbst wird seinen Fliegen treu bleiben. Im Jahr 2000 gelang es ihm, die Funktion von Robo-Rezeptoren aufzuklären, die eine wichtige Rolle in der Entstehung des Nervensystems der Insekten und seiner Verdrahtung spielen.

Der Wissenschaftler: "Über die Embryonalentwicklung von Drosophila und die Gene, die den Körperbau bestimmen, wissen wir schon recht viel, über die genetischen Grundlagen ihres Verhaltens aber kaum etwas.

Erst im Juni 2005 konnten Dickson und die aus der Türkei stammende Doktorandin Ebru Demir einen Aufsehen erregenden Erfolg feiern. Erstmals zeigten sie, dass ein einzelnes Gen (fru) die Veranlagung zu männlichem bzw. weiblichem Sexualverhalten bei den Fruchtfliegen bestimmt.

[science.ORF.at/APA, 29.12.05]
->   Institut für Molekulare Pathologie
->   Ein Gen kontrolliert Sex-Verhalten von Fliegen
 
 
 
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01.01.2010