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Auch Wale verwenden regionale Dialekte  
  Auch Wale sprechen Dialekt: US-Forscher nahmen die charakteristischen Gesänge der geselligen Säugetiere in den Gewässern um Alaska mit Hilfe einer Art Unterwasser-Mikrophon auf. Dabei stießen sie auch auf sprachliche Unterschiede je nach Herkunftsgewässer.  
Bei der Aufnahme kam eine ehemalige Kriegstechnologie der US-Navy zum Einsatz. Die so genannten Hydrophone, Aufzeichnungsgeräte von Schallwellen unter Wasser, ermöglichten dem Team um Sue E. Moore des NOAA Alaska Fisheries Science Center, Spuren der Wale in den Gewässern rund um Alaska nachzugehen.
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Der Artikel "Listening for Large Whales in the Offshore Waters of Alaska" erschien in der Fachzeitschrift "BioScience" (January 2006, Vol. 56 No. 1).
->   BioScience Magazine
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Spurensuche nach gefährdeten Arten
Die so genannten Hydrophone wurden im Golf von Alaska, in der südöstlichen Behringsee sowie in der westlichen Beaufortsee, einem Teil des Nordpolarmeeres, versenkt und sammelten fünf Jahre lang akustisches Datenmaterial.


So konnten die Forscher sechs Walarten (Blau-, Finn-, Buckel-, Grönland-, Pottwale sowie Pazifischer Nordkaper) "abhören", die allesamt in den Meeren um die USA als gefährdet gelten.

Genaue Populationszahlen gibt es laut Moore und ihren Kollegen zwar nicht, doch ein Verlust von wenigstens zwei Millionen Walen über ungefähr 200 Jahre sei gut dokumentiert.
Studium des Walverhaltens
Überraschende Ergebnisse des "Lauschangriffs" sind u.a. das Vernehmen von Geräuschen von Nordkapern im Golf von Alaska. Laut David K. Mellinger des Oregon State University's Hatfield Marine Science Center ist das ein bedeutender Fund, wurde doch diese Walart in diesem Gewässer nur ein Mal seit 1980 gesehen.

Ein weiteres Ergebnis ist die Erfassung einer weitaus größeren Anzahl von Pottwalen im winterlichen Golf von Alaska als bislang vermutet, nämlich fast halb so viel wie im Sommer. Die Forscher gehen nun von einer überraschend robusten "Off-Season"-Population aus.
->   Systematik der Wale (Cetacea)
Dialektvielfalt unter Walen
Mittels der Hydrophone analysierten die Forscher auch die unterschiedlichen Dialekte einiger Walarten.

Blauwale aus dem pazifischen Nordwesten klängen anders als Populationen, die im westlichen Pazifischen Ozean lebten, so Mellinger. Die Blauwale würden auch anders klingen als ihre Artgenossen aus der Antarktis oder Gewässern bei Chile.

Die Wale nutzen dabei unterschiedliche Kombinationen von Pulsen, Tönen und Tonhöhen.
Noch einige Rätsel zu lösen
Die "Sprachunterschiede" seien bedeutend, doch die Wissenschaftler stehen laut Mellinger noch vor dem Rätsel, ob diese Differenzen genetisch bedingt sind oder einen anderen Grund haben.

Auch über gewisse hybride Töne gibt es noch Unklarheit: Vielleicht sind sie Teil einer gemeinsamen Sprache, die unterschiedliche Populationen von Walen zur Kommunikation miteinander verwenden, oder nur die Töne eines verwirrten Jungtieres, das die Komplexität der Kommunikation noch nicht ganz beherrscht. Beides ist nach Mellinger möglich.
Nutzen ursprünglicher Navy-Technologie
Das Hydrophon-System - auch Sound Surveillance System (SOSUS) genannt - wurde ursprünglich von der Navy im Kalten Krieg eingesetzt.

Mit Hilfe der Rekorder sollten Unterwasser-Aktivitäten der Marine im nördlichen Pazifischen Ozean aufgezeichnet werden.

Nach dem Ende des Kalten Krieges stellte die Navy das "SOSUS underwater hydrophone network" der Forschung zur Verfügung, sei es zur Aufzeichnung von Seebeben oder von Wal-Signalen.
Entwicklung autonomer Hydrophone
Daraufhin entwickelte das OSU Hatfield Marine Science Center das autonome Hydrophon, das praktisch überall in den Weltmeeren genutzt werden könnte.

Diese können Geräusche von Walen aufzeichnen, die bis zu 40 Kilometer entfernt sind - sogar weiter, wenn das Wasser flach und das Terrain gerade ist. Die von Moore und ihrem Team verwendeten Hydrophone haben eine Aufnahmezeit von 200 bis 400 Tagen. Dann müssen sie geborgen werden, um die Daten abzurufen.

So steht den Forschern nun ein gutes Instrument zur Verfügung, dass ein Aufspüren und Verfolgen von Walen ermöglicht. Jedoch sei noch wenig darüber bekannt, wann und warum die großen Wale rufen.

[science.ORF.at, 3.1.06]
->   NOAA's Alaska Fisheries Science Center
->   Oregon State University's Hatfield Marine Science Center
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01.01.2010