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Indien: Zehn Millionen weibliche Föten abgetrieben  
  In Indien sind nach Schätzungen von Wissenschaftlern in den vergangenen zwei Jahrzehnten bis zu zehn Millionen weibliche Föten abgetrieben worden, weil Söhne prestigeträchtiger sind als Töchter.  
Das Verhältnis von Buben zu Mädchen per 1.000 Geburten hat sich deutlich zu Ungunsten der Mädchen verschoben, heißt es in der britischen Medizinzeitschrift "The Lancet".
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Die Studie "Low male-to-female sex ratio of children born in India: national survey of 1¿1 million households" ist online in "The Lancet" (DOI:10.1016/S0140-6736(06)67930-0; 9. Jänner 2006) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Gebildete Mütter treiben Töchter eher ab
Die Wissenschaftler analysierten die statistischen Daten von fast 134.000 Geburten. Dabei fanden sie heraus, dass Ehepaare auffällig selten eine Tochter als zweites Kind bekamen, wenn das erste Kind bereits ein Mädchen war.

Dieser generelle Trend war bei Müttern mit guter Schulbildung mehr als doppelt so deutlich vorhanden wie bei ungebildeten Müttern. Für die Forscher lag der Schluss nahe, dass viele weibliche Föten bewusst abgetrieben werden.
Geschlechtsbestimmung per Ultraschall seit 20 Jahren
Beim Vergleich mit den geschlechtsspezifischen Geburtenraten anderer Länder ergab sich dem Artikel zufolge, dass zum Beispiel im Jahr 1997 zwischen 13,6 und 13,8 Millionen Mädchen hätten auf die Welt kommen sollen. Es waren aber nur 13,1 Millionen.

Dieses Defizit rechneten die Forscher dann auf die letzten zwei Jahrzehnte hoch, in denen die Geschlechtsbestimmung eines Embryonen per Ultraschall zur Routine wurde.

Auf dieser Basis "erscheint eine Schätzung von zehn Millionen abgetriebenen weiblichen Föten nicht unvernünftig", heißt es in der Zeitschrift.
Söhne kommen billiger
Abtreibungen nach rein geschlechtsspezifischen Erwägungen sind in Indien seit 1994 verboten. Es ist jedoch allgemein bekannt, dass viele Ärzte sich nicht daran halten.

Nach einem Zensus der Regierung kamen auf 1.000 Buben schon im Jahr 1991 lediglich 945 Mädchen. Zehn Jahre später waren es nur noch 927.

Söhne werden in traditionellen indischen Familien nach wie vor bevorzugt, weil sie das Prestige der Eltern heben und außerdem keine teure Aussteuer benötigen.

[science.ORF.at/APA/AP, 9.1.06]
 
 
 
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01.01.2010