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Lehrer und Schüler gibt es auch bei Ameisen  
  Britische Biologen haben den ersten Fall einer Lehrer-Schüler-Beziehung bei einer nicht-menschlichen Tierart entdeckt. Und zwar im Reich der Ameisen: Im so genannten Tandemlauf leitet die Ameisenlehrerin die Schülerin zum Futterplatz.  
Dabei passen die beiden einander mit ihrem Tempo an, berichten Nigel Franks und Tom Richardson von der University of Bristol.
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Der Artikel "Teaching in tandem-running ants" erschien in der Fachzeitschrift "Nature" (Bd. 439, 12. Jänner 2006, DOI: 10.1038/439153a).
->   Artikel (sobald online veröffentlicht)
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Lehrerin und Schülerin im Dialog
Auf dem Weg vom Nest zum Futterplatz bestimmen die Ameisen mittels regelmäßiger Berührung die Geschwindigkeit sowie den Kurs. Die Lehrerin gibt dabei nicht nur die Geschwindigkeit vor, sondern beachtet auch die Rückmeldung ihrer Schülerin.

Laut der beiden Forscher sind die sozialen Insekten vermutlich die erste nicht-menschliche Tierart, bei der ein solches bidirektionales Lehrer-Schüler-Verhältnis nachgewiesen wird.
Tandemlauf auf "Fühlerkontakt"
 
Bild: N. Franks, T. Richardson / Nature

Ameisen im Tandemlauf: Wird die Lücke zwischen beiden zu groß, passen beide ihr Tempo an - die Lehrerin reduziert, die Schülerin erhöht ihre Geschwindigkeit.

Franks und Richardson untersuchten die Ameisenart Temnothorax albipennis. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass das Leittier, die Lehrerin, den Tandemlauf nur solange fortsetzt, so lange die Schülerin sie regelmäßig mit ihren Fühlern berührt.

Der Tandemlauf sei insgesamt recht langsam, da die nachfolgende Ameisen immer wieder stoppen würden, um sich Orientierungsmarken zu suchen - mit dem Ziel, die Route zu erlernen.
Schulunterricht bei Tieren
Im Reich der Tiere ist laut der Wissenschaftler ein Individuum ein Lehrer, wenn es sein Verhalten - auf eigene Kosten - in Anwesenheit auf einen "naiven Beobachter" anpasst und beispielhaft agiert, so dass der Beobachter schneller lernen kann.

"Wir glauben zudem, dass wahre Lehrtätigkeit auch immer ein Feedback von beiden Seiten umfasst - also sowohl vom Lehrer als auch vom Schüler", sagt Franks. In anderen Worten: Der Lehrer stellt Informationen bereit und leitet den Schüler an - angepasst auf die Fähigkeiten des Schülers. Der Schüler signalisiert im Gegenzug, wann er die Aufgabe gelernt hat, um mit dem Lernstoff weiter fortzufahren.

Der Tandemlauf der Ameisen würde eben diesen Kriterien entsprechen, wäre somit eine Lehrmethode.
Wertvolle Information
Bemerkenswert fanden die Forscher, dass Ameisen diese Fähigkeiten entwickelten, obwohl sie kein großes Gehirn haben. Dieses Verhalten könnte darauf hindeuten, so Franks und Richardson, dass der Wert der Information - eher als die Gehirngröße - die Evolution der Lehrtätigkeit beeinflusst hat.

Die nachfolgende Ameise findet das Fressen schneller im Tandemlauf als alleine, lernt also wahrscheinlich auch schneller mit Lehrerhilfe. Allerdings gibt es dabei auch Nachteile: Allein käme die Ameisen-Lehrerin vier Mal schneller zum Futter.

[science.ORF.at/APA/dpa, 11.1.06]
->   Biological Sciences, University of Bristol
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01.01.2010