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Iran-Atomstreit: Wie aus Uran Waffen werden  
  Trotz internationaler Proteste hat der Iran sein Atom-Programm wieder aufgenommen. Hoch angereichertes Uran und Plutonium können vielfältig gewonnen und für Waffen verwendet werden, erklären Experten.  
Wer Kernkraftwerke und Aufbereitungsanlagen betreibt, kann auch Atombomben herstellen. In beiden Fällen wird nämlich so genanntes angereichertes Material benötigt, wie es in der Natur nicht vorkommt.

Dennoch können Experten bei entsprechender Kontrolle sehr wohl feststellen, was ein Betreiber in einer bestimmten Anlage produzieren möchte, erklärte Helmuth Böck, Professor für Reaktorsicherheit an der Technischen Universität Wien gegenüber der APA. Böck ist Reaktorbetriebsleiter und arbeitet am Atominstitut der Österreichischen Universitäten in Wien.
Uran 235 für Kernbrennstäbe und Bomben
Ob friedliche oder militärische Nutzung, die Sache beginnt in jedem Fall im Uran-Bergwerk. Dort findet sich das begehrte Element als Uranoxid.

Allerdings besteht es aus verschiedenen so genannten Isotopen, die sich höchst unterschiedlich für die Spaltung eignen. Isotope sind Vertreter ein- und desselben chemischen Elements, die aber unterschiedlich viele Neutronen im Atomkern aufweisen, der Kern kann daher mehr oder weniger stabil sein. Das sowohl für Kernbrennstäbe als auch für Bomben begehrte Isotop ist Uran (U) 235.
Anreicherung von U235 mittels Zentrifugen-Verfahren
In der Natur macht dieses Isotop allerdings nur 0,7 Prozent des Urans aus, der überwiegende Teil ist U 238. Nach dem Abbau muss das Material daher angereichert, d. h. der Anteil von U 235 muss erhöht werden.

 

Das geschieht in aufwändigen Verfahren, wobei das Uranoxid in der Regel in einem chemischen Verfahren in einen gasförmigen Zustand gebracht wird.

In einer ganzen Kette von so genannten Ultra-Zentrifugen wird das Gas dann in Rotation versetzt, dadurch scheidet sich das geringfügig schwerere U 238 am Rand ab, U 235 kann in der Mitte abgesaugt werden. Neben der Zentrifugen-Methode gibt es auch noch andere Verfahren.
Hoch angereichertes Material für Uran-Bombe
Für den Betrieb von Kernkraftwerken, also die Herstellung von Brennstäben, ist ein Gehalt von etwa drei Prozent U 235 ausreichend.

Für eine Uran-Bombe braucht man dagegen hoch angereichertes Material (High Enriched Uranium - HEU) mit einem Gehalt an U 235 von 90 bis 93 Prozent.
HEU-Produktion nur von Industriestaaten
Obwohl die Anreicherung in beiden Fällen vom Prinzip her gleich ist, ist die Produktion von HEU wesentlich aufwändiger und wird nur von Industriestaaten unter den Atommächten eingesetzt.

Neben dem apparativen und energiemäßigen Aufwand ist die Erzeugung von HEU auch relativ leicht zu überwachen, so produziert das Verfahren eine Menge Abwärme, die beispielsweise über Infrarot-Satelliten detektiert werden kann.
Plutonium ebenfalls waffenfähiges Material
Dennoch gibt es - abgesehen vom illegalen Handel - auch für die Schwellenländer unter den Staaten mit Atomkraftwerken Möglichkeiten, an waffenfähiges Material zu kommen.

Während des Betriebes eines Kraftwerks wandelt sich nämlich ein Teil des Uran 238 in Plutonium um, und das eignet sich teilweise auch zur Herstellung von Bomben.

So war die am Ende des Zweiten Weltkriegs eingesetzte Bombe über Nagasaki eine Plutonium-Bombe. Über Hiroshima wurde dagegen eine Uran-Bombe gezündet.
Plutonium-Gewinnung in Wiederaufbereitungsanlagen
Der Betreiber eines Atomkraftwerkes kann es sogar darauf anlegen, dass möglichst viel des waffenfähigen Plutoniums entsteht.

Bleiben die Kernbrennstäbe nur kurz in Betrieb, so entsteht mehr von dem Plutonium Isotop 239, das sich für Bomben eignet. Die Gewinnung des Plutoniums erfolgt in Wiederaufbereitungsanlagen, wo es gemeinsam mit dem Rest an U 235 chemisch extrahiert wird.
Plutonium-Bombe: "Nur" vier bis zehn Kilo HEU
Für eine Plutonium-Bombe werden rund vier bis zehn Kilogramm benötigt, für eine Uran-Bombe zehn bis 15 Kilogramm HEU.

Gemischt mit Uran kann mit dem Plutonium auch wieder ein Reaktor betrieben werden. Der Rest des hochradioaktiven Materials der verbrauchten Brennstäbe wird in Glas eingeschmolzen und endgelagert.
Dirty Bombs nicht mit Atombomben zu verwechseln
Nicht zu verwechseln mit einer echten Atombombe sind so genannte Dirty Bombs, deren Einsatz durch Terroristen befürchtet wird.

Dabei bewirkt das radioaktive Material nicht die Explosion, es kommt zu keiner Kettenreaktion. Vielmehr wird herkömmlichen Sprengstoffen radioaktives Material in geringeren Mengen beigemischt, um die Schäden durch die Bombe zu vergrößern.

Wird Plutonium verwendet, kommt noch dazu, dass der Stoff neben seiner Radioaktivität auch ein extrem starkes Gift ist.

[science.ORF.at/APA, 12.1.06]
->   Technische Universität
->   Atominstitut der Österreichischen Universitäten
->   The Nagasaki Atomic Bomb Museum
->   Atombombenabwurf auf Hiroshima bei Wikipedia
 
 
 
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01.01.2010