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Studie warnt vor Überschätzung von Tamiflu  
  Eine aktuelle Medizin-Studie warnt die Gesundheitsbehörden vor einer Überschätzung antiviraler Grippemittel wie Tamiflu oder Relenza beim Ausbruch einer weltweiten Vogelgrippen-Epidemie.  
Zwar könnten diese Medikamente beim Kampf gegen Symptome und Komplikationen helfen, sie hätten aber nur eine niedrige Wirksamkeit, wenn es darum gehe, einen Grippe-Ausbruch unter Kontrolle zu bringen, heißt es in der Studie.

Sie sollten deshalb "nur bei einer ernsten Epidemie oder Pandemie zusammen mit anderen Maßnahmen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge eingesetzt werden, wie Masken, Schutzkleidung, Handschuhen, Quarantäne und Händewaschen."
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Die Studie "Antivirals for influenza in healthy adults: systematic review" ist online in "The Lancet" erschienen (19. Jänner 2006; DOI: 10.1016/S0140-6736(06)67970-1)
->   Zur Studie (sobald online)
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Linderung der Symptome, weniger Zusatzerkrankungn
Für die Studie wertete ein Team unter Leitung von Tom Jefferson vom Mediziner-Netzwerk Cochrane Vaccines Field Untersuchungen über die Wirksamkeit von Tamiflu und Relenza bei herkömmlichen Grippe-Formen beim Menschen und - soweit vorhanden - auch bei der Vogelgrippe aus.

Demnach lindern beide Mittel Symptome, wenn sie bis 48 Stunden nach den ersten Anzeichen eingenommen wurden. Sie halfen auch, Zusatzerkrankungen wie Lungenentzündung und Bronchitis zu verhindern, die häufig bei Grippe auftreten.
Verringerung der Flüssigkeitsabsonderung
Wichtig sei auch eine Verringerung der Flüssigkeitsabsonderung in der Nase, wodurch bei Niesen und Husten weit weniger Viren in die Umwelt entweichen und andere Menschen anstecken könnten, hieß es in dem Bericht weiter.

Dies hat für die Vogelgrippe besondere Bedeutung: Nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gelangen in Fällen des H5N1-Virus bis zu zehn Mal mehr Viren durch Niesen in die Umwelt.
Wirkt nicht bei Infizierten ohne Symptomen
Einen weitgehenden Stopp der Virus-Verbreitung könnten beide Mittel nicht gewährleisten, erklärte Jefferson und seine Kollegen.

Zudem wirke keines der Medikamente bei Infizierten ohne klar erkennbare Symptome, die damit die Krankheit unbewusst weiter verbreiten und Eindämmungsversuche der Behörden unterlaufen könnten.
Keine Senkung der Todesrate?
Bei den Studien zur Vogelgrippe fanden die Mediziner nach eigenem Bekunden keinen Beweis, dass Tamiflu bei H5N1-Infizierten in Asien die Todesrate senkte.

Sie räumen allerdings ein, dass dies auch Folge einer zu späten Diagnose der Krankheit sein kann. Daneben gab es bei Fällen in Japan und Vietnam eine relativ hohe Zahl von Resistenzen gegen Tamiflu (16 Prozent)
Nicht auf Tamiflu verlassen
"Wir konnten keinen glaubwürdigen Beweis für die Wirksamkeit von Neuraminidase-Hemmern bei Vogelgrippe finden", heißt es als Schlussfolgerung in dem Papier.

Es sei deshalb bedenklich, wenn eine Abwehrstrategie zur Eindämmung der Krankheit weitgehend darauf setze. Andere Maßnahmen seien mindestens ebenso wichtig.

[science.ORF.at/ AFP, 19.1.06]
->   Cochrane Vaccines Field
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01.01.2010