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Wiener Donaukanal: Überraschende Fisch-Vielfalt  
  Eine überraschend vielfältige Fischfauna haben Forscher im Wiener Donaukanal festgestellt. Neue Messmethoden zeigten zudem, wie die Fische wandern - am liebsten im Dunkeln und nicht geradlinig.  
"Unter Wasser schaut's besser aus als über Wasser", erklärten Hubert Keckeis und Georg Rakowitz am Montag.

Die beiden Wissenschaftler haben im Rahmen des Forschungsprojekts FIDON untersucht, wie und wohin Donaufische im Großraum Wien wandern und wie sich künstliche Hindernisse wie Kraftwerke, Schleusen oder Regulierungen auf die Wanderbewegungen auswirken.
Donaukanal als Rückzuggebiet
Bei ihren Studien haben die Forscher vom Department für Limnologie und Hydrobotanik der Universität Wien mehr als 30 Fischarten im Donaukanal registriert - darunter viele, die in der Donau selbst als gefährdet gelten. Der Donaukanal dient dabei offensichtlich als Rückzugsgebiet für viele Fische.

Deutlich zeige sich dadurch, dass biologisch scheinbar unbedeutende Wasserläufe wie der Donaukanal oder der Wienfluss eine wichtige Rolle im Donau-Gewässersystem spielen und nicht zu vernachlässigbare Bereiche seien. Es gebe zwar gewisse Defizite, aber auch ein enormes Potenzial, betonen die Forscher.
Arten-Stau an der Mündung von Kanal und Wien
Deshalb appellieren sie, den Wienfluss so umzugestalten, dass wieder Laichgebiete geschaffen werden.

Denn dort, wo die Wien in den Donaukanal mündet, komme es regelrecht zu einem Stau mit sehr hoher Arten- und Individuendichte, weil die Einwanderung in den Wienfluss auf Grund der Betonverbauung praktisch nicht möglich sei und die Fische dort auch keine artgerechten Laichgebiete (etwa Kies) fänden.
Auch Nasen schwimmen zum Laichen nach Hause
Bild: Universität Wien/Keckeis und Rakowitz
Untersuchte Nasen
Dass Fische wie Lachse oder Aale Tausende Kilometer zurücklegen, um in jenen Flüssen abzulaichen, in denen sie selbst auf die Welt kamen, ist hinlänglich bekannt.

Keckeis und Rakowitz haben dieses "Homing" genannte Verhalten erstmals nun auch bei Nasen festgestellt, einen der häufigsten Fische frei fließender Gewässer in Österreich.

Sie suchen jedes Jahr wieder genau die Stellen zum Ablaichen auf, an denen sie selbst das Licht der Welt erblickten.
->   Mehr über Nasen (Wikipedia)
Negative Umwelteinflüsse
Dieses Verhalten könnte auch ein Grund für den in den vergangenen Jahrzehnten festgestellten Rückgang der Nasen sein, die eigentlich als sehr tolerant gegenüber schwankenden Umweltbedingungen gelten.

Eingriffe in das Flusssystem wie Kraftwerke dürften hier negative Auswirkungen haben, "es ist offensichtlich nicht egal, wo ich die Wanderungen der Fische unterbreche", so Keckeis.
Echolot liefert Einblicke in Fischwelt
Mit einer neuen Methode haben die Wissenschaftler weitere tiefe Einblicke in die Welt der Donaufische erhalten. Mit einem speziellen Echolot, das üblicherweise in der Hochseefischerei Verwendung findet, haben sie eine Art akustische Lichtschranke errichtet.

Diese ermöglicht es, Wanderungsbewegungen 24 Stunden über Wochen online zu registrieren und dabei Geschwindigkeit, Größe, Gewicht, Schwimmrichtungen, Position über Grund, etc. festzustellen.
Sie wandern am liebsten im Dunklen
So haben die Forscher herausgefunden, dass die Fische nicht geradlinig unterwegs sind, sondern in seitlich pendelnden Schwimmbewegungen sehr knapp über den Boden wandern.

Außerdem stellte sich heraus, dass die Wanderaktivität der Fische mit Einsetzen der Dämmerung sprunghaft ansteigt. "Vor allem in der Hauptlaichzeit der 'Nasen' ist ein signifikanter Unterschied zwischen Tag und Nacht vorhanden", so die Ökologen.

[science.ORF.at/APA, 23.1.06]
->   FIDON
->   Hubert Keckeis, Uni Wien
 
 
 
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01.01.2010