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Stoffwechsel von Pflanzen folgt eigenem Gesetz  
  Beim Stoffwechsel tanzen Pflanzen aus der Reihe: Ihr Energieumsatz - bezogen auf die Größe bzw. Masse - folgt nicht der gleichen Regel, die etwa im Reich der Tiere gilt. Sie haben ihr eigenes "universelles Gesetz", das den Metabolismus steuert, berichten US-Wissenschaftler.  
Wie ein Team um Peter Reich von der University of Minnesota entdeckte, ist der pflanzliche Stoffwechsel vor allem vom Stickstoffgehalt abhängig.

Dieses Gesetz könnte einen Schlüssel zur Berechnung von Kohlenstoffdioxid-Emissionen durch Pflanzen liefern und zu genaueren Modellen des globalen Kohlenstoffkreislaufs führen.
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Der Artikel "Universal scaling of respiratory metabolism, size and nitrogen in plants" in der Fachzeitschrift "Nature" (Bd. 439, S. 457, 26. Jänner 2006).
->   Abstract
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Kleibers Gesetz
Je größer das Tier, desto gemächlicher sein Stoffwechsel: Zwar setzt eine Maus in absoluten Zahlen weniger Kalorien pro Tag um, als es etwa ein Elefant tut. Aber relativ zu ihrer Körpermasse hat die Maus den intensiveren Stoffwechsel.

Das wusste schon der schweizerische Zoologe Max Kleiber (1934), der für diese Beziehung einen mathematischen Zusammenhang fand: Der Energieumsatz verhält sich proportional zur ¾-Potenz der Körpermasse, schreibt das heute nach Kleiber benannte "Naturgesetz" vor.

Warum sollte das nicht auch für Pflanzen gelten? Dass nicht alle lebenden Organismen diesem Gesetz unterliegen, bewiesen nun Reich und seine Kollegen.

Reichs umfangreiche Analyse des Stoffwechsels bei 43 verschiedenen Gefäßpflanzenarten (500 Individuen) brachte andere Ergebnisse.
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Potenzgesetze in der Natur
Viele Beziehungen zwischen Größen der Natur lassen sich durch so genannte Potenzgesetze beschreiben. In der Biologie ist etwa das Verhältnis von Körpergröße und Metabolismus ein besonders prominentes Beispiel dafür: Große Tiere haben - relativ gesehen - eine niedrigere Stoffwechselrate als kleine Tiere. Um wie viel weniger, ist allerdings nicht so einfach zu beantworten.
->   Mehr dazu in science.ORF.at
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Stickstoff ist wichtigste Variabel
Grafik: Lars O. Hedin / Nature
Stoffwechselraten bei Pflanzen folgen offenbar nicht dem ¾-Exponenten, sondern weisen eine lineare Beziehung auf: Die Rate steigt mit Pflanzenmasse oder - genauer gesagt - mit dem Gehalt von Stickstoff, der in der Pflanze gespeichert ist.

Das Vierfache vom Gewicht führt zur vierfachen Respirationsrate bei Pflanzen. Wichtigste Variable sei dabei aber der Stickstoffanteil. Je mehr Stickstoff in einer Pflanze, desto mehr atmete die Pflanze und desto mehr Kohlenstoffdioxid gibt die Pflanze ab, schreiben Reich und seine Kollegen.

Waren zwei Pflanzen gleicher Größe, aber mit unterschiedlich viel Stickstoff im Pflanzengewebe ausgestattet, hatte die Pflanze mit der höheren Stickstoff-Konzentration höhere Respirationsraten, so Reich.

Eine große und eine kleine Pflanze mit gleich viel Stickstoffgehalt würden demnach die gleiche Summe von Kohlendioxid über den gleichen Zeitraum abgeben.
Respiration bei Pflanzen
Pflanzen nehmen durch die Photosynthese Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf, sie geben durch Atmung und Verrottung aber auch wieder das gespeicherte CO2 an die Atmosphäre ab - allerdings weniger als sie aufnehmen.

Die globale Pflanzenrespiration sei dabei ein wichtiger Wert, der in Modellen des Kohlenstoffkreislaufs berücksichtigt werden müsste, merkt Reich an. Forscher würden davon ausgehen, dass bei der Pflanzenatmung fünf bis zehn Mal mehr Kohlenstoffdioxid freigesetzt wird als bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen.
Wichtige Rolle für Vorhersagen
Für Vorhersagen, wie sich der Anteil von Kohlenstoffdioxid in Zukunft entwickeln wird, braucht es Angaben über alle Quellen, die Gase aufnehmen bzw. abgeben.

Laut Reich sind der Anteil von Kohlendioxid in der Atmosphäre sowie die Emissionsrate bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe recht gut bekannt. Die Photosynthese-Rate und eine entsprechende CO2-Bindung seien schon schwieriger zu messen, Hilfe böten Satellitenaufnahmen von der Flächenbedeckung mit Pflanzen.

Noch schwieriger sei es allerdings zu ermitteln, wie viel Koheldioxid durch Pflanzen-Respiration sowie bei der Zersetzung von Pflanzen durch Mikroben abgegeben würde sowie der CO2-Gehalt, der von den Meeren absorbiert und emittiert würde.

"Wenn wir die Stickstoffwerte in Pflanzen erheben, können wir die Stoffwechselraten von Pflanzen berechnen und damit auch die globale Stoffwechselrate", so Reich. "Die Berechnung von Kohlendioxid, das von Pflanzen abgegeben wird, ist ein Schwachpunkt in Modellen des globalen Kohlenstoffkreislaufs."

[science.ORF.at, 26.1.06]
->   Department of Forest Resources, University of Minnesota
 
 
 
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01.01.2010