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Europas Unis fehlt es an Breite, Spitze und Profil  
  Den europäischen Universitäten fehlt es an Breite, an Spitze und an Profil. Um das zu verbessern, sollen die Mobilität, die Finanzierungen und die Autonomie der Universitäten erhöht werden, meinen EU-Experten.  
Mit der Einrichtung eines EU-Forschungsrates und des geplanten Europäischen Instituts für Technologie (EIT) solle der Wettbewerb zwischen den europäischen Hochschulen verstärkt werden, so die Expertengruppe weiter, die nach dem Gipfel der EU-Regierungschefs in Hampton Court im November eingesetzt wurde.

Der Gruppe gehört auch der Rektor der Universität Wien und Präsident der European University Association (EUA), Georg Winckler, an. Die EU-Kommission wird die Empfehlungen der Expertengruppe bis Mitte Februar in einen Vorschlag für weitere Maßnahmen einarbeiten.
Europäische Institut für Technologie nicht vor 2009
Das neue EIT, zu dem es voraussichtlich Ende März Details von der Brüsseler Behörde geben soll, wird laut Winckler eine zweistufige Organisation.

Eine zentrale Einrichtung soll über die Karrieremodelle, die Abschlüsse und die Bezahlung, aber auch die Auswahl der "Wissens-Center", die das EIT bilden sollen, entscheiden. Noch sei unklar, wie viele solcher Zentren es geben soll, so der Uni-Wien-Rektor.

Österreichische Universitäten werde es "bei der derzeitigen Finanzierung" schwer fallen, ins Rennen um die Qualifikation als "Wissens-Center" zu gehen.

Operativ werde das EIT voraussichtlich nicht vor 2009 werden, weil erst bei der Revision des EU-Finanzrahmens 2008 die Finanzierung geklärt werden soll, so Winckler.
"Mehr Wissen, weniger Weizen"
Druck machen will die Expertengruppe auch beim geplanten Europäischen Forschungsrat, der bereits Anfang 2007 stehen soll.

Man werde hier mit dem Parlament gemeinsam versuchen, die geplante Summe von 1,5 Mrd. Euro im Jahr aus dem 7. Forschungsrahmenprogramm zu bekommen. Das Motto in Europa müsse lauten "Mehr Wissen, weniger Weizen", unterstrich der Rektor.
Weniger Studierende in der EU als in den USA
"Die in der EU angestrebte Wissensgesellschaft braucht starke Universitäten", sagte Winckler am Donnerstag vor Journalisten in Brüssel. Europa brauche mehr Absolventen und mehr Spitzenuniversitäten und mehr Diversifizierung zwischen den Hochschulen.

Den elf bis zwölf Millionen Studierenden in der EU stehen derzeit rund 14 Millionen Studierende in den USA - bei geringerer Einwohnerzahl - gegenüber. Auch gehen die Nobelpreise häufiger an US-Forscher und kommen die wirklich innovativen Leistungen generell eher aus den USA.

Von den 20 besten Universitäten der Welt befinden sich nur drei in Europa, obwohl Europa insgesamt mehr Universitäten hat.
"Finanzierungslücke"
Winckler ortet auch eine "Finanzierungslücke" zwischen den US- und den EU-Universitäten. Während die USA etwa 2,6 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes in die Hochschulen stecken, sind es derzeit in Europa nur 1,2 Prozent.

Österreich liegt mit etwa 2 Mrd. Euro öffentlicher Gelder genau im EU-Schnitt, höhere Werte gibt es vor allem in den skandinavischen Ländern. Die EU-Kommission will nun - wie bereits gestern in ihrem Fortschrittsbericht zur neuen Lissabon-Strategie festgeschrieben - die Mitgliedstaaten verpflichten, bis 2010 auf zwei Prozent zu kommen.
Uni-Zugang: Winckler für EU-konforme Lösung
Bei der geplanten Neuregelung des Hochschulzuganges in Österreich plädiert für eine EU-rechtskonforme Regelung, die "langfristig hält": "Es hat wenig Zweck, wieder eine Lösung zu wählen, die dann neuerlich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angefochten wird".

Das Bildungsministerium versuche bei der neuen Regelung "die Quadratur des Kreises", so der Uni-Wien-Rektor. Im Parlament liegt bereits eine Mini-Novelle des Universitätsgesetzes (UG), die am 14. Februar im Wissenschaftsausschuss beschlossen werden soll. "An diese Trägerrakete soll angedockt werden", so Winckler.

Offenbar werde versucht, die Lösung so zu gestalten, dass die Österreicher-Quoten im Medizinstudium sehr hoch sind.
Grundsätzliche Lösung anstreben
Winckler würde die Frage des Uni-Zugangs lieber grundsätzlicher lösen - nicht ohne auch das "goldene Kalb" des freien Universitäts-Zugangs in Zweifel zu ziehen.

In der österreichischen Tradition definiere die Zugangsberechtigung zur Universität die "abschließende Organisation" (also die Schule, Anm.), während in den meisten anderen Ländern die "aufnehmende Organisation" entscheide, wer studieren darf und wer nicht.

In diesem Modell seien gleichzeitig die Drop-out-Raten sehr viel niedriger als beim freien Zugang wie in Österreich.

Winckler sieht bei einer Einschränkung des Uni-Zuganges auch kein Problem für die Suche nach einem Studienplatz. "Wenn es genug Geld gibt, finde ich eine Universität, an der ich studieren kann, nur eben nicht an jeder".

[science.ORF.at/APA, 26.1.06]
->   Europäisches Institut für Technologie
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01.01.2010