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Affenmännchen mit Schwangerschafts-Symptomen  
  Mitgefühlte Schwangerschaft: Dass werdende Väter während der Gravidität ihrer Partnerin häufig auch ein paar Kilos zulegen, ist ein altbekanntes Phänomen - wenigstens beim Menschen. Doch auch Krallenaffen-Männchen kennen Schwangerschaftssymptome: Die künftigen Väter bringen einige Gramm mehr auf die Waage.  
Diese Gewichtszunahme entdeckten Toni E. Ziegler vom Wisconsin National Primate Centre und seinen Kollegen zumindest bei Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus) und bei
Lisztaffen (Saguinus oedipus).

Bei diesen Arten investieren die Männchen genauso viel, wenn nicht sogar mehr Zeit als die Mutter für die Fürsorge des Nachwuchses. Damit legten sie quasi ein Energiepolster für die anstrengende Zeit nach der Geburt an, vermuten die Forscher.
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Der Artikel "Pregnancy weight gain: mormoset and tamarin dads show it too" erschien im Fachjournal "Biology Letters" der Royal Society (DOI: 10.1098/rsbl.2005.0426).
->   Artikel (sobald online veröffentlicht)
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Mitgefühlte Schwangerschaft
Das männliche Schwangerschaftssyndrom, auch Couvade-Syndrom genannt, wurde innerhalb der Primaten bisher nur beim Menschen beobachtet. Die körperlichen Reaktionen künftiger Väter auf die Schwangerschaft ihrer Partnerin reichen dabei von Gewichtszunahme, Übelkeit, Kopfschmerzen und Ruhelosigkeit bis hin zu depressiven Verstimmungen.

Schon lange beschäftigt die männliche Gewichtszunahme und weitere Schwangerschaftssymptome die Fachwelt: Beispielsweise ermittelte der US-Forscher F.J. Clinton (1986) bei knapp der Hälfte von 81 Vätern in spe eine Zunahme des Körpergewichts. Zwischen 11 und 65 Prozent der Männer zeigen generell Schwangerschaftssymptome, besagen andere Untersuchungen.

Dabei gingen die Forscher davon aus, dass die Schwangerschaftssymptome psychosomatischer Natur sind.
Veränderter Hormon-Haushalt
Konnten keine äußerlichen Veränderungen bei anderen Primaten festgestellt werden, so doch hormonelle: Werdende Väter einiger Arten der Neuweltaffen (Platyrrhini) zeigten beispielsweise veränderte Prolaktin- oder Testosteron-Werte.

Körperliche Symptome könnten laut Ziegler und seinem Team auch an hormonelle Veränderungen geknüpft sein, die Väter auf ihre Rolle bei der Kinderbetreuung vorbereiten. Damit seien sie Teil eines evolutionären Prozesses, der bei Arten stattfindet, bei denen Vater und Mutter die Kinder großziehen.
Monatlich auf die Waage
Der Gewichts-Check: Die US-Forscher führten monatliche Gewichtsmessungen bei Weißbüschelaffen und Lisztaffen durch. Sie untersuchten zum einen künftige Affenväter und schwangere Partnerinnen sowie eine Kontrollgruppe von männlichen Affen - insgesamt 29 bei jeder Art.

Die Schwangerschaftsdauer bei Weißbüschelaffen beträgt fünf Monate, bei Lisztaffen sechs. In den Monaten der Schwangerschaft wurde den Affen täglich die gleiche Nahrung sowie die gleiche Menge vorgesetzt - allerdings mehr, als sie normalerweise aufnehmen. Fütterungen erfolgten immer um die gleiche Uhrzeit.

Ausgangslage für alle männlichen Affen - egal ob Vater in spe oder nicht - war ein ähnliches Gewicht im ersten Monat.
Kräftig zugelegt
Das durchschnittliche Gewicht der werdenden Weißbüschelaffen-Väter im ersten Monat war 410 Gramm, im fünften und letzten Monat der Schwangerschaft 424 Gramm.

Bei den Lisztaffen: Werdende Väter hatten im ersten Monat ein durchschnittliches Gewicht von 556 Gramm, im sechsten und letzten Monat der Schwangerschaft brachten sie 568 Gramm auf die Waage. Die Kontrollgruppen bei beiden Arten zeigten dagegen keine Veränderungen des Gewichts.

Auch bei den schwangeren Partnerinnen stieg das Gewicht - wenig verwunderlich - kräftig an, allerdings vor allem innerhalb des letzten Monats, wenn der Fötus am stärksten wächst. Bei den Männchen gab es bereits eine recht deutliche Gramm-Zunahme in den ersten Monaten.
Weitere Studien über Fressverhalten notwendig
Für die US-Forscher ist damit zum ersten Mal gezeigt worden, dass es eine Gewichtszunahme bei männlichen Primaten (mit Ausnahme des Menschen) gibt, die an der Seite ihrer Partnerin eine Schwangerschaft miterleben.

Allerdings seien weitere Untersuchungen zum Fressverhalten der Affeneltern notwendig, um zu klären, ob die Gewichtszunahme mit einer gesteigerten Nahrungsmittelaufnahme oder einem veränderten Stoffwechsel zusammen hängt.

Der Vorteil der zusätzlichen Gramm scheint dagegen klar: Immerhin würden die Männchen so gestärkt sein, um gleich nach der Geburt den Nachwuchs zu versorgen und etwa mehrere Kinder mit einem Gewicht von bis zu 20 Prozent ihres eigenen herumzutragen.

[science.ORF.at, 31.1.06]
->   Wisconsin National Primate Centre
->   Clinton 1986 - Abstract
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Studie: Werdende Väter leiden an Depressionen (17.12.2001)
 
 
 
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01.01.2010